Die Grünen im Landtag haben Heiner Geißler für Gespräche über das Milliardenprojekt ins Spiel gebracht. Foto: dpa

Grüne im Landtag bringen den ehemaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ins Spiel.

Stuttgart - Wirtschaftlich starke Stadt im Südwesten sucht angesehenen, erfahrenen und unabhängigen Vermittler: Wer kann den Dauerstreit um Stuttgart 21 schlichten? Die Proteste gehen weiter.

Nach der Eskalation der Gewalt suchen Befürworter und Gegner von Stuttgart 21 einen Schlichter. Die Grünen im Landtag brachten Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler (80) ins Gespräch. FDP-Chef Guido Westerwelle schlug den Bürgerrechtler Joachim Gauck vor; dieser hat nach Angaben seines Vereins "Gegen Vergessen - Für Demokratie" aber keine Zeit dafür.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich dafür aus, einen Vermittler einzusetzen. Birgit Homburger, Chefin der FDP-Bundestagsfraktion, plädierte für einen "moderierten Diskussionsprozess". Auch Grünen-Chef Cem Özdemir kann sich einen neutralen Vermittler vorstellen. Zunächst müsse es bei dem Milliardenbahnprojekt aber einen Baustopp geben. Sollte die Bahn die Bagger ruhen lassen, sei im Gegenzug eine Demonstrationspause denkbar, so der Stuttgarter Grünen-Verkehrsexperte Werner Wölfle.

Naturschutzrechtliche Zweifel an Baumfällungen

Die neuen Sprecher des Bahnprojekts, Udo Andriof und Wolfgang Dietrich, schränkten die Vorstöße jedoch postwendend ein: Ein Politiker oder Ex-Politiker komme für sie als Mediator nicht infrage, sagte das Sprecher-Duo unserer Zeitung.

Zugleich bekräftigten die Projektträger ihre Kritik an den Gegnern des Bahnhofumbaus: Landes-Justizminister Ulrich Goll (FDP) bezeichnete die Demonstranten als "unduldsam und wohlstandsverwöhnt". Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) monierte, dass das Aktionsbündnis "jeden Tag neue Gerüchte" streue, Ängste schüre und die Befürworter des Projekts systematisch diffamiere.

Nach der anhaltenden Kritik am massiven Polizeieinsatz gegen S-21-Gegner wird Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) seine Regierungserklärung schon am Mittwoch und nicht wie geplant am Donnerstag vor dem Landtag abgeben. Aufgrund des Einsatzes ist Strafanzeige gegen den Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf erstattet worden wegen Körperverletzung im Amt.

Am Montagabend erwarteten die Veranstalter rund 20.000 Menschen zu einer erneuten Demonstration. Die "Parkschützer" kündigten an, Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln, um eine vorzeitige Auflösung des Landtags zu erzwingen.

Die Baumfällarbeiten für S 21 könnten sich als rechtswidrig herausstellen: Nach Informationen unserer Zeitung wurde das Verwaltungsgericht Stuttgart von der Deutschen Bahn nicht über ein Schreiben des Eisenbahnbundesamtes informiert. Dieses hatte letzte Woche naturschutzrechtliche Zweifel wegen der Baumfällungen angemeldet. Anlass ist der vom Aussterben bedrohte Juchtenkäfer: Sie leben auf dem S-21-Gelände.