Sorgenvoller Blick: Hertha-Geschäftsführer Michael Preetz Foto: dpa

Interimstrainer Pal Dardai setzt auf eine Mischung aus Lockerheit und Disziplin. Michael Preetz hingegen ist angezählt. Denn: Steigt Hertha BSC aus der Fußball-Bundesliga ab, muss der Manager gehen.

Berlin - Pal Dardai (38) versprüht in diesen Tagen genau das, was im Kampf gegen den Abstieg oft fehlt: gute Laune. Der Interimstrainer von Hertha BSC wirkt ziemlich locker, immer wieder lacht und flachst er. Im Gegensatz zu Michael Preetz. Der Manager steht gewaltig unter Druck.

In den nächsten Wochen geht es nicht nur um die Zukunft von Hertha BSC in der Fußball-Bundesliga, es geht auch um seine eigene. Und diese Sorgen merkt man ihm auch an: Der Mann mit dem Händedruck der Marke Schraubstock blickt bei öffentlichen Auftritten oft mit ernster, sorgenvoller Miene drein, auf Fragen von Medienvertretern antwortet er bisweilen mürrisch.

Aktionismus statt Vertrauen und Weitsicht

Preetz hat es seit seinem Amtsantritt im Juni 2009 nie geschafft, Kontinuität in den Verein und die Mannschaft zu bringen. Wann immer die Ergebnisse ausblieben und es im Tableau etwas enger zuging, reagierte er mit Aktionismus statt Vertrauen und Weitsicht. So hat der Manager sieben Trainer in fünfeinhalb Jahren verschlissen. Das Problem: Die Wechselspielchen brachten nur selten Erfolg. Zweimal stieg die Hertha bereits ab, seit Preetz im Amt ist. Und offenbar lernt der Rekordtorschütze des Clubs nicht aus seinen Fehlern.

Erst vor wenigen Wochen musste Jos Luhukay gehen. Dabei hatte Preetz noch Anfang November den Vertrag mit dem Niederländer, der ohnehin bis Juni 2016 gelaufen wäre, langfristig verlängern wollen. „Wir haben eine Grundüberzeugung: Wir sind froh, dass Jos seit zwei Jahren die Geschicke leitet“, sagte Preetz damals, „das vergessen wir auch in schwierigen Phasen nicht.“

Als die Hertha nach zwei Niederlagen zum Rückrundenstart in Bremen (0:2) und gegen Leverkusen (0:1) auf den vorletzten Tabellenplatz abrutschte, waren die Worte jedoch vergessen, das Vertrauen war dahin. Zu groß war die Angst, Hertha BSC würde vollends zur Fahrstuhl-Mannschaft verkommen.

Spieler dürfen sich Torte und Zigaretten genehmigen

Jetzt sollen Hertha-Urgestein Pal Dardai und Fußball-Lehrer Rainer Widmayer das Schlimmste verhindern: den dritten Abstieg seit 2010, der sehr wahrscheinlich mit dem Rauswurf von Preetz einhergehen würde. Der ungarische Coach setzt dabei auf eher ungewöhnliche Methoden: Er erlaubt den Spielern Torte und Zigaretten, lässt aber keine Gelegenheit aus, um zu betonen, dass seine Mannschaft hart arbeiten müsse. Im Training bekommt sie das auch zu spüren.

Bisher scheint die Mischung aus Lockerheit und Disziplin aufzugehen. Aus vier Partien seit dem Trainerwechsel holte die Hertha sechs Punkte, zuletzt einen 1:0-Heimsieg gegen den FC Augsburg. Es waren die ersten Punkte in diesem Jahr im Olympiastadion. „Für uns ist das ein kleiner Befreiungsschlag“, sagte Dardai, „dieser Sieg muss uns Kraft geben.“

Eines haben die bisherigen Auftritte unter Dardai und Widmayer aber auch gezeigt: Eine spielerische Revolution haben sie nicht eingeleitet. Die Mannschaft präsentierte sich läuferisch verbessert und kompakter als am Ende unter Luhukay, im Spiel nach vorne fehlte ihr jedoch ein Plan. Die Chancen basierten auf Kontern oder Zufall. Der Brasilianer Ronny, einer für kreative Momente, fehlte zuletzt mit Grippe. Ein Einsatz an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky) im Kellerduell beim VfB Stuttgart ist eher unwahrscheinlich. Dafür steht Valentin Stocker nach seiner Sperre wieder zur Verfügung, auch Peter Pekarik (Nasenbeinbruch) spielt wohl – mit Maske.

Die Mittelfeldstrategen Per Skjelbred und Peter Niemeyer (beide Gelbsperre) fehlen hingegen definitiv, für Stürmer Julian Schieber (sieben Saisontore) ist die Saison nach seiner Knie-OP beendet. „Das ist ein großer Verlust, Julian ist ein schneller, sehr torgefährlicher Spieler“, sagte Dardai, „aber ich habe noch andere Jungs, die aggressiv und bereit sind.“ Bereit für den VfB. Bereit für einen Sieg. Sollte der gelingen, könnte vielleicht sogar Michael Preetz mal wieder lächeln.