Die Ex-Frau von Achim S. hat vor dem NSU-Ausschuss aus dem Innenleben einer Ku-Klux-Klan-Familie berichtet. Foto: dpa

"Nennt mich Gott", habe ihr Ex-Mann verlangt. Mit Details aus dem Leben einer Ku-Klux-Klan-Familie hat die ehemalige Frau des KKK-Gründers Achim S. vor dem Stuttgarter NSU-Ausschuss ausgesagt.

Stuttgart - Er war NPD-Mitglied, V-Mann des Verfassungsschutzes, Gründer eines Ku-Klux-Klan-Ablegers und nach Auskunft seiner Ex-Frau ein verrückter Schläger. Zurzeit hält sich Achim S. in den USA auf, im September will er vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Stuttgarter Landtags aussagen. Eine zunächst per Videoschalte geplante Befragung lehne S. ab, sagte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) am Montag. Er könne nicht zur Rückkehr nach Deutschland gezwungen werden, sondern komme aus freien Stücken.

Die Ex-Frau von S., Yvonne F., selbst ehemals Mitglied in dem rassistischen Geheimbund, berichtete vor dem Gremium aufgewühlt vom Martyrium in ihrer Ehe. Ihr Mann habe sie so geschlagen, dass sie 2002 ins Frauenhaus ging. Sie stellte ihren Partner, von dem sie sich 2004 endgültig getrennt hat, als „total durchgeknallten“ und brutalen Menschen dar. Er habe gesagt: „Nennt mich Gott.“

Rituale mit Kutten, Fackeln und Kreuzverbrennungen

Sie erzählte von Ritualen mit Kutten, Fackeln und Kreuzverbrennungen. „Es war der Horror, mit dem Mann zusammen zu sein“, sagte die arbeitslose Pflegeassistentin. Die Kinder hätten unter der Situation sehr gelitten, ein Sohn sei wegen Angst vor Geistern psychologisch behandelt worden, sagte die dreifache Mutter. Sie selbst habe 2009 mit der rechten Szene gebrochen.

Der Ausschuss des Stuttgarter Landtags untersucht die Bezüge der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU nach Baden-Württemberg und mögliches Behördenversagen. Den Rechtsterroristen werden zehn Morde zugerechnet - an neun Migranten und an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn. Deren Gruppenführer von der Bereitschaftspolizei Böblingen am Tag ihres Todes war Mitglied in der rassistischen Gruppierung von Achim S. Als mutmaßliche Mittäterin der Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) muss sich derzeit Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München verantworten.

Zwei Polizisten im Geheimbund

Yvonne F. berichtete von wöchentlichen Treffen ihres Mannes mit einem angeblichen „Onkel“, dabei habe es sich aber um einen Verfassungsschutzbeamten gehandelt. Nach ihren Angaben hatte der von ihrem Ex-Mann gegründete Geheimbund acht Mitglieder. Neben zwei Polizisten - dem Gruppenführer Kiesewetters und einem weiteren Mitglied der Böblinger Bereitschaftspolizei - war der Bruder eines Polizisten, Steffen B., mit von der Partie. Letzterer fungierte laut F. als „Sicherheitsoffizier“. Zudem habe ein Polizistenpaar Interesse an einer Mitgliedschaft in dem rassistischen Geheimbund gezeigt, den S. laut seiner Ex-Frau der „Erhaltung der weißen Rasse“ gewidmet hatte. Als operativen Plan habe der Bund Kinderschänder und Drogendealer ausspähen und der Polizei melden wollen. Yvonne F. ist nach eigenen Worten bei einer Blut-Zeremonie mit Mitgliedern in von der Ex-Schwiegermutter genähten Kutten der obskuren Gruppe beigetreten.

Zeuge zu Tod von Florian H. sagt ab

Der Bruder von Steffen B., der Polizist Jörg B., hatte der Familie eines Aussteigers aus der Neonazi-Szene im September 2013 die Todesnachricht ihres Sohnes überbracht. Der junge Mann, Florian H., war in seinem Auto in Stuttgart verbrannt. Er hatte zuvor erklärt, die Mörder Kiesewetters zu kennen und sollte am Tag seines Todes dazu von der Polizi vernommen werden. Ein vom Ausschuss geladener Zeuge aus diesem Komplex hatte kurzfristig wegen Krankheit abgesagt.

Ein ehemaliger Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, eben jener von F. genannte „Onkel“, bestritt zunächst, V-Mann-Führer von einer Quelle im KKK gewesen zu sein. Nähere Ausführungen machte er unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Möglicherweise war er V-Mann-Führer von Achim S. in dessen Zeit als NPD-Mitglied.