So stellt sich Mia-Christin Bross aus Böblingen einen möglichen Nationalpark im Nordschwarzwald vor. Die Achtjährige ist dieser Tage im Rahmen eines Malwettbewerbs der Naturschutzjugend Baden-Württemberg (Naju) ausgezeichnet worden. Mehr als 200 Hobbykünstler aus dem ganzen Südwesten hatten an dem Malwettbewerb teilgenommen. Foto: Naju

Wer zum Nationalpark Nordschwarzwald noch keine Meinung hat, dem schwirrt der Kopf: Befürworter und Gegner bombardieren die Bevölkerung mit immer neuen Expertisen. Und dann folgt ja noch das Regierungsgutachten.

Baiersbronn - Wenige Wochen vor Veröffentlichung des großen Gutachtens zum Nationalpark Nordschwarzwald am 8. April spannen Befürworter und Gegner noch einmal ihrerseits namhafte Experten für einen argumentativen Schlagabtausch ein.

So legt jetzt der Nabu Baden-Württemberg sechs Beiträge vor, die eine positive Auswirkung des Projekts auf die Artenvielfalt belegen sollen. „Da von verschiedenen Seiten immer wieder Studien und Gutachten ins Feld geführt werden, die vom wissenschaftlichen Standpunkt aus äußerst fragwürdig sind, haben wir führende Wissenschaftler um ihre Expertise gebeten“, sagt Nabu-Landeschef André Baumann.

Die Forscher, darunter der Träger des Alternativen Nobelpreises, Michael Succow, werben vehement für die Einrichtung weiterer Nationalparks in Deutschland. Sie führen vor allem biologische Argumente ins Feld: Unbewirtschaftete Waldflächen seien nachweislich artenreicher als Wirtschaftswälder. Die Gefahren durch den Borkenkäfer hingegen werden relativiert.

Park nicht gegen Willen der örtlichen Bevölkerung

Zu einem ganz anderen Schluss kommt der Freudenstädter Forstwissenschaftler Wolfgang Tzschupke, der seine frühere, mehr als 40-seitige Expertise kürzlich aktualisiert hat. Sein Fazit: Ein Nationalpark im Nordschwarzwald lasse keinen Mehrwert erkennen, der die damit verbundenen Nachteile aufwiegen würde. Tzschupke: „Im Vergleich mit strukturreichen, mit Totholz angereicherten, naturgemäß bewirtschafteten Dauerwaldbeständen gilt diese Feststellung auch im Hinblick auf den Artenschutz und die Biodiversität.“ Der Nationalpark dürfe also keineswegs gegen den Willen der örtlichen Bevölkerung entstehen.

Die Schlacht der Experten tobt derzeit aber auch um die wirtschaftlichen Folgen des Parks. So hat die Säge- und Holzindustrie vor einigen Tagen „erste Ergebnisse“ eines Gutachtens vorgelegt, das derzeit die Universität Hamburg in ihrem Auftrag erstellt.

Tenor: Der Nationalpark kostet in der Region 670 Jobs und verursacht Einnahmeausfälle von 46 Millionen Euro. Die vollständige Version der Expertise ist allerdings noch nicht auf dem Markt. Sie wurde für das Frühjahr angekündigt – als Beitrag zu dem von Grün-Rot angekündigten Gesamtgutachten bei Pricewaterhouse Coopers.

Weit entfernt von solchen Horrorzahlen sind hingegen die Fachleute des Stuttgarter Forstministeriums. Die konkrete Auswirkung auf die Sägeindustrie lasse sich ohnehin erst dann abschätzen, wenn die Landesregierung über die genaue Gebietsabgrenzung entschieden habe, teilen sie jetzt dem CDU-Abgeordneten Patrick Rapp auf dessen Anfrage mit.

Anhaltender Strukturwandel als Bedrohung vieler Sägewerke

Nabu-Chef Baumann entnimmt der Antwort, dass die Sägewerke der Nationalparkregion über 1,5 Millionen Festmeter im Jahr verarbeiten können. Durch den Park würden aber in 30 Jahren nur 40.000 Festmeter pro Jahr weniger geerntet, also weniger als drei Prozent der Sägewerkskapazität. Sein Fazit: „Nicht der Nationalpark, sondern der anhaltende Strukturwandel bedroht viele Sägewerke des Nordschwarzwalds.“

Als gäbe es nicht schon genügend Argumente, lässt sich am kommenden Mittwoch in Berlin auch noch ein unabhängiges Expertenkomitee über die Stärken und Schwächen der 14 deutschen Nationalparks aus. Der mehrjährige Qualitätscheck, zu dem die letzten Details im Februar geliefert wurden, hat zwar mit der Diskussion um den Nordschwarzwald nichts zu tun. Die Ergebnisse werden die Entscheidung in Baden-Württemberg aber sicher beeinflussen, denn sie sind ausgesprochen positiv.

„Alle Nationalparks tragen durch – unterschiedlich intensive und geartete – Aktivitäten ihrer Verwaltungen sowie als wichtige Attraktion der Region, insbesondere für Touristen, zur Regionalentwicklung bei“, heißt es beispielsweise in dem 90-seitigen Bericht, der im Internet abrufbar ist.

40 bis 90 Mitarbeiter in Parks

Die Akzeptanz der Anwohner habe sich gegenüber dem Zeitpunkt ihrer Errichtung „deutlich erhöht“. Das gelte auch für die Nutzerverbände und Entscheidungsträger. Massive Auseinandersetzungen wie in der Gründungsphase gehörten heute weitgehend der Vergangenheit an. Konflikte würden ausgetragen, ohne die Existenz des Nationalparks generell infrage zu stellen, heißt es in der Studie, die am Mittwoch von Europarc vorgestellt wird – dem Dachverband aller National- und Naturparks.

Aber auch Schwächen haben die Gutachter ausgemacht. So nimmt offenbar überall der Individualverkehr zu, während der öffentliche Personennahverkehr als mangelhaft eingestuft wird.

Die positiven Effekte, daran lassen die Fachleute keinen Zweifel, sind nicht zum Nulltarif zu haben. Die Mehrzahl der Parks verfügt über 40 bis 90 Mitarbeiter, einzelne sogar bis zu 200. Eine der Empfehlungen lautet also: Nationalparks bedürfen einer ausreichenden finanziellen, personellen und organisatorischen Ausstattung.