Spitzenkandidat Wolfgang Schäuble und sein Schwiegersohn, Landeschef Thomas Strobl Foto: dpa

Die Südwest-CDU stimmt sich auf die Bundestagswahl ein. Da kämpft sie gleich an zwei Fronten. Gegen die aufstrebende SPD und gegen Kritiker in den eigenen Reihen.

Sindelfingen - Für Wolfgang Schäuble ist es Routine: Zum achten Mal bewirbt sich der Bundesfinanzminister für den Bundestag. Eigentlich erübrigt sich da, dass er sich bei der Aufstellung der Landesliste für die Wahl im September den rund 270 Delegierten beim CDU-Parteitag in Sindelfingen vorstellt. Er macht es kurz und sorgt für Heiterkeit: Er sei 74 Jahre alt und habe vier erwachsene Kinder und einen „auch schon erwachsenen Schwiegersohn“. Der sitzt neben ihm: Thomas Strobl, Landeschef der Südwest-CDU. Dieser hat nach der Landtagswahl im vergangenen Jahr sein Bundestagsmandat aufgegeben hat, um in Baden-Württemberg Innenminister zu werden – und nun die große Aufgabe, am 24. September wieder ein gutes CDU-Wahlergebnis abzuliefern. Das dürfte in diesem Jahr deutlich schwieriger werden, denn die SPD holt auf.

Mit 95,8 Prozent Zustimmung wird Schäuble noch einmal zum Spitzenkandidaten der Südwest-CDU gewählt. Auf Platz zwei folgt Annette Widmann-Mauz, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (81,3 Prozent), auf Platz drei Unions-Fraktionschef Volker Kauder (89,6 Prozent). In seiner Rede macht Schäuble klar, dass es große Anstrengungen braucht, um die Wahl im September zu gewinnen. Der Auftrieb, den die SPD erfährt, seitdem sie Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten gekürt hat, macht die Christdemokraten sichtlich nervös.

Kein Platz für Abtrünnige

Eigentlich sei doch schon zu sehen, dass der Noch-Koalitionspartner gar keine Lust aufs Regieren habe, erklärt Schäuble. Was die SPD bis vor kurzem noch mitgetragen habe, werde jetzt schlechtgeredet. Dabei gehe es Deutschland so gut wie selten: So viele wie nie hätten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote sei so niedrig wie nicht seit der Wiedervereinigung, Deutschland ein Stabilitätsfaktor in einer Welt mit vielen Krisenherden und politisch unzuverlässigen Führern wie Trump, Putin und Erdogan. „Unser Land ist in guter Verfassung – die meisten in Europa und in der Welt beneiden uns darum“, bilanziert er. Damit das auch so bleibe, müsse die SPD in die Opposition geschickt werden, „weil sie nicht konkret werden will, sondern schwärmen“. Erfolgreich werde die Union aber nur sein, wenn sie sich geschlossen hinter Kanzlerin Angela Merkel stelle. Kleine Zirkel seien da eher hinderlich. „Eine große Volkspartei muss alle Strömungen aushalten.“

Damit zielt Schäuble auf ein Treffen von abtrünnigen Christdemokraten aus ganz Deutschland, die sich zur selben Zeit in Schwetzingen zu einer Arbeitsgemeinschaft „Freiheitlich-konservativer Aufbruch“ zusammenschließen wollen. Sie fordern einen Kurswechsel. Merkel habe den konservativen Flügel lange vernachlässigt, kritisiert der Vorsitzende, Alexander Mitsch. Sie habe in der Flüchtlingspolitik große Fehler gemacht, das müsse geändert werden. Thomas Bareiß, CDU-Bezirksvorsitzender von Württemberg-Hohenzollern, und selbst erklärter Konservativer, hält von der neuen Initiative nichts. Dass sie sich ausgerechnet während des Landesparteitags träfen, zeige, dass sie kein echtes Interesse an der Partei hätten, meint er. Jetzt müsse es vor allem darum gehen, Rot-Rot-Grün zu verhindern.

Senioren-Union rügt Kritik an Koalition mit den Grünen

Landeschef Thomas Strobl erwähnt die Gruppe nur indirekt. „Das Gemeinsame steht über dem Trennenden“, erklärt er. Er wittert schon Morgenluft für die CDU im Südwesten. Bei der Landtagswahl vor einem Jahr hatte die Partei mit 27 Prozent so schlecht abgeschlossen wie nie zuvor. Bei einer Umfrage von Stuttgarter Zeitung und SWR vor zwei Wochen lag die CDU mit 28 Prozent erstmals wieder vor den Grünen, die bei der Sonntagsfrage von 30 auf 27 Prozent abgerutscht sind. Bei der Bundestagswahl wolle die Südwest-CDU 40 plus x holen, sagt Strobl. 2013 bekam sie 45,7 Prozent der Zweitstimmen. Für Baden-Württemberg sei es gut, dass die CDU wieder mitregiere, sagt Strobl. Sie sei in vielen Bereichen „Schrittmacher und Taktgeber“, ihre Minister und die CDU-Abgeordneten knieten sich tief in ihre Arbeit.

Das sieht Wolfgang von Stetten anders. Die CDU hätte sich nie mit den Grünen zusammentun dürfen, sagt der ehemalige Bundestagsabgeordnete und jetzige Vorsitzende der Senioren-Union. Jetzt gebe es vieles, was die CDU im Wahlkampf zu verhindern versprochen habe: weitere Gemeinschaftsschulen, viel zu viele Windräder und eine schlechte Verkehrspolitik. Hätte seine Partei vor einem Jahr auf Neuwahlen gedrängt, wäre es um sie und um das Land besser bestellt, ist er überzeugt.

Solche Kritik gefällt dem jungen Landtagsabgeordneten Manuel Hagel überhaupt nicht, dem als neu gewähltem Generalsekretär (81,3 Prozent) in den nächsten Monaten eine zentrale Rolle zukommt. Die CDU bringe das Land in vielen Bereichen voran, sagt er. Sie werde die Bildungspolitik, die unter der SPD gelitten habe, wieder aufwerten und sich für die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft stark machen und Traditionen pflegen – und erntet dafür viel Beifall. „Die ewigen Meckerer und Besserwisser müssen sich fragen lassen, warum sie sich nicht selbst engagieren.“