Hyun-Sook Zimmermann kam Anfang der 70er Jahre als Krankenschwester aus Südkorea nach Stuttgart: „Ich bin sehr froh, dass die Gefahr eines Atomkrieges erst einmal weg ist.“ Foto: Weißenborn

Für viele Koreaner in Baden-Württemberg ist das Treffen des US-Präsidenten mit dem Diktator Nordkoreas eine persönliche Sache. Sie sind zumindest erleichtert, dass die Kriegsgefahr erst einmal gebannt ist.

Stuttgart - Eigentlich kann Hyun-Sook Zimmermann US-Präsident Donald Trump nicht ausstehen. Seine unberechenbare Weltpolitik, sein chaotisches Auftreten machen ihr Sorgen. „Ich mag ihn nicht“, sagt die Deutsch-Koreanerin aus Remshalden ohne Umschweife. Doch die Aussicht auf Entspannung und Frieden auf der seit Jahrzehnten geteilten koreanischen Halbinsel, die er durch das geplante Treffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un möglich macht, erfüllen sie wie viele andere Mitglieder der koreanischen Gemeinde in Baden-Württemberg mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Hoffnung.

„Ich bin sehr froh, dass die Gefahr eines Atomkriegs erst einmal weg ist“, meint die 65-jährige Ex-Krankenschwester. Vor einem Jahr noch während des eskalierenden Krieges der Worte, bei dem sich Trump und Kim die gegenseitige atomare Vernichtung androhten, hatte Zimmermann die schlimmsten Befürchtungen. „Da habe ich mich schon gefragt, ob ich meine Verwandten hierher holen muss.“ Die zierliche Frau kam 1974 im Rahmen eines heute vergessenen Anwerbeprogramms mit 10 000 anderen Krankenschwestern aus Südkorea nach Deutschland. Anfang der 80er Jahre heiratete sie einen Deutschen, brachte zwei Töchter zur Welt, wurde Mitgründerin des Verbands der Koreaner in Stuttgart – einer von zwei koreanischen Kulturvereinen in der Landeshauptstadt.

Kleine, aber lebendige koreanische Gemeinde

Die koreanische Gemeinde im Südwesten ist nur klein: Weniger als 4000 Südkoreaner leben in Baden-Württemberg, 1400 oder 40 Prozent davon in der Region Stuttgart. Zum Vergleich: Im Rhein-Main-Gebiet leben und arbeiten rund 10 000 Koreaner im Umfeld der großen koreanischen Automobil- und Elektronikkonzerne. „Die hiesige Gemeinde ist aber sehr lebendig und hat gerade in den letzten Jahren viele junge Fachkräfte angezogen“, sagt der Koreanistik-Professor You Jae Lee von der Universität Tübingen. Der 46-jährige Historiker ist selbst Kind eines in den 70er Jahren angeworbenen Bergarbeiters. Einer von rund 8000, die in den 60er und 70er Jahren in die Bundesrepublik kamen. Südkorea betrachtete die Krankenschwestern und Bergarbeiter als Botschafter ihres Landes. Deshalb durften nur Bewerber mit guter Allgemeinbildung und nach bestandener Prüfung ausreisen. Eigentlich sollten sie als Gastarbeiter nur befristet bleiben. Viele aber sind geblieben und erstritten sich ihr Aufenthaltsrecht.

Auch Lee verfolgt die Entwicklung in Korea sehr genau. Zwar teilt er nicht die Euphorie vieler Südkoreaner seit den beiden Treffen zwischen Südkoreas Staatschef Moon Jae-in und Nordkoreas Diktator Kim. Nach mehr als 70 Jahren der Feindseligkeiten Frieden oder gar nukleare Abrüstung zu erreichen, werde nicht leicht fallen, meint er. Aber: „Ich halte es für realistisch, dass Kim seine Atomwaffen am Ende ganz aufgibt, wenn er im Gegenzug Garantien für die Sicherheit seines Landes bekommt.“ Aber kann man Nordkoreas brutalem Machthaber überhaupt trauen? „Bisher hat er wenig von dem gebrochen, was er angekündigt hat“. meint Lee. Zuallererst aber müsse, wie Trump es bereits angedeutet habe, der Kriegszustand zwischen den USA und Nordkorea beendet werden.

Linker Südkoreaner: Trump wittert Erfolgschance

Lukas Park, linksliberaler Anhänger von Südkoreas Staatschef Moon Jae-in, einer Friedenstaube, traut dem populistischen „Amerika-zuerst“-Politiker Trump einiges zu: „Er ist ein Geschäftsmann, der eine Erfolgschance wittert“, meint der 52-jährige Ingenieur aus Ludwigsburg. In seinen Augen könnte der Gipfel in Singapur von Erfolg gekrönt sein. „Denn am Tisch sitzen nur mögliche Gewinner.“ Für ihn geht es bei Gipfel auch nicht nur abstrakt um den Weltfrieden. Seine Frau hat Verwandte in Nordkorea. Park betont vor allem die positive Rolle von Südkoreas Staatschef Moon als Vermittler zwischen Trump und Kim.

Beim Ziel der Wiedervereinigung Koreas überwiegt bei vielen der hiesigen Koreaner die Skepsis. Unter den Älteren herrscht zwar noch ein Gefühl von gemeinsamer nationaler Identität. „Ich sehne mich nach der Wiedervereinigung“, sagt Hyun-Sook Zimmermann. Wegen des großen Wohlstandsgefälles zwischen dem armen Norden und dem wohlhabenden Süden dürfe dies aber nicht überstürzt geschehen, meint sie. Für Jüngere bleibt das allenfalls Fernziel. „Das ist weit weg“, meint Koreanist Lee. Zunächst sollte es zu Verwandtenbesuchen und einer wachsenden Kooperation kommen.