Robert Hollmann ist gelernter Zuckerbäcker, Koch und Schauspieler - und Gastgeber in Wien und auf Sri Lanka. Foto: Hamann

Robert Hollmann war einst am Burgtheater engagiert, heute führt er in seinen Hotels Regie. Sein jüngstes Projekt: Ein Resort in Sri Lanka.

Wien - Die Inszenierung ist perfekt. Links die Schaufenster eines schicken Schuhgeschäft, rechts ein altertümlicher Reparaturservice. Dazwischen eine dicke Holztür, die zum Treppenhaus führt. Ein ganz normales GründerzeitWohnhaus im 1. Bezirk von Wien - scheint es. Doch dahinter verbirgt sich ein touristisches Experiment. Wer im zweiten Stock aus dem Lift steigt, steht mitten in einem gemütlichen Wohnzimmer. Rote Teppiche, Kamin, Klavier, Bücherregale, drei Sorten Whiskey in schweren Glaskaraffen auf dem Tisch. Wäre da nicht der Empfangstresen der Rezeption, man würde sich in der Wohnung kultivierter Einheimischer wähnen. Hollmann Beletage ist kein Hotel wie jedes andere.

Die Unterkunft passt in keine Schublade. Ein bisschen Wohngemeinschaft für Bohemiens, Luxus-Bed and Breakfast, Boutique-Hotel. Hier führt jemand Regie, der auch lieber ungewöhnlich lebt. Robert Hollmann, Jahrgang 1966, ist ein Mensch mit vielen Talenten. Ein Tausendsassa und Künstler. Als Spross einer Wiener Arztfamilie hatte er nach der Schule auf alles Lust, nur nicht auf das von den Eltern vorgesehene Studium der Medizin. „Ich bin Legastheniker. Studieren geht da gar nicht. Am liebsten wollte ich Schauspieler werden“, erzählt der bärtige Endvierziger. Doch das wollte der Herr Papa, ein bekannter Professor für Kieferchirurgie, nicht. Ein anständiger Ausbildungsberuf musste es schon sein, Bitt’ schön.

Also lernte der Filius beim Hofzuckerbäcker Heiner in der Wollzeile, einen Steinwurf vom Stephansdom und von der Beletage entfernt. Nach der Lehre zog es ihn in die weite Welt. Er kochte in Los Angeles, buk Pizza in Honolulu auf Hawaii, kehrte schließlich für eine Kochlehre in seine Heimatstadt zurück. Sein Mentor im Restaurant Freihaus ermutigte ihn, doch seinen Traum zu leben. Die Bühne! Nach Abschluss der zweiten Lehre bewarb sich Robert Hollmann an einer privaten Schauspielschule in Wien. „Ich wusste eigentlich gar nicht, wie ich das finanzieren sollte“, erzählt er heute. Doch dann hatte er Glück und bekam parallel zur Schule ein Engagement am Wiener Burgtheater. Versonnen lächelt er, als er vom Vorsprechen beim berühmten Intendanten Claus Peymann erzählt.

Zuletzt spielte er am Berliner Schlossparktheater

Robert Hollmann spielte eine Szene aus Wolfgang Borcherts Drama „Draußen vor der Tür“ und wurde vom Fleck weg engagiert. Fortan spielte er 17 Jahre lang auf vielerlei deutschsprachigen Bühnen, in Regensburg, am Volkstheater Wien und am Theater in der Josefstadt. Mit der Staatsoper Hamburg ging es als Frosch in Johann Strauss’ Operette „Die Fledermaus“ auf Japan-Tournee. Zuletzt spielte er unter Heribert Sasse am Berliner Schlossparktheater. Als dieses Haus 2002 schließen musste, kehrte Hollmann nach Wien zurück. Dort erfuhr er von seiner Schwester, dass die Wohnung über ihrer Zahnarztpraxis leer stand. Robert Hollmann griff zu und erfüllte sich einen Traum. Ein eigenes kleines Hotel. Nein, eine Heimstatt. Ein Zuhause. Hollmann Beletage (www.hollmann-beletage.at). „Wir führen den Begriff Hotel extra nicht im Namen“, sagt Robert Hollmann.

In dem kleinen, aber feinen Haus steigen Individualisten ab. Menschen, die statt Standardzimmern eine persönliche Atmosphäre suchen. „Es kommt darauf an, wie man Luxus definiert. Für mich zum Beispiel ist wichtig, dass ich amüsiert werde“, sagt der gebürtige Wiener. Der Schalk - wienerisch Schmäh genannt - saß ihm bei der Planung seines Übernachtungsbetriebes wahrlich im Nacken. Die 25 Zimmer sind riesig und voller versteckter Späße. Bad und Fernseher etwa finden sich in einem raumhohen, grifflosen Einbauschrank versteckt. Im Zahnputzbecher steckt eine Packung Pez, viereckige Kinder-Bonbons. An der Wand neben dem Bett hängt ein Design-CD-Spieler, den man wie Omas Nachttischlampe mittels Ziehen an einer Schnur bedient. Das erste Lied erklingt, ein Werk von Georg Kreisler: „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“. Was für eine Selbstironie.

Das Passwort für das Gäste-WLAN lautet "feelathome"

Wer Durst hat, ruft nicht etwa den Zimmerservice, sondern nimmt sich eine Flasche Wasser oder Ottakringer Bier aus dem Gemeinschaftskühlschrank. Als wohnte man bei Freunden - oder Freunden von Freunden. Bei allem privaten Ambiente muss auch etwas Touri-Programm sein: Im hauseigenen Minikino mit Popcornmaschine läuft täglich „Der dritte Mann“, ein 1949 in Schwarz-Weiß gedrehter Thriller, in dem sich ein paar Gangster durchs Nachkriegs-Wien jagen. „Immer mal wieder erscheinen Gäste im Pyjama zum Frühstück“, erzählt Robert Hollmann. Er nimmt es als Kompliment, wenn sich die Leute wie zu Hause fühlen. „So soll es auch sein.“ Nicht ohne Grund lautet das Passwort für das Gäste-WLAN „feelathome“ (engl. für „zu Hause fühlen“). Vor elf Jahren entwickelte Hollmann dieses Wohlfühlkonzept. Drei Jahre später folgte ein Restaurant namens Hollmann Salon, gleich um die Ecke der Beletage, in dem sich der Chef als gelernter Koch auch gerne an den Herd stellte.

Dann lernte er seine Frau Petra, eine Gynäkologin aus Klagenfurt, kennen und pendelte seither zwischen Kärnten und Wien. Weil Robert Hollmanns Talent als Gastgeber zwar groß, das Talent zum Entwickeln aber größer ist, nahm sich der rastlose Kreative den nächsten Traum vor: ein Hotel am Meer. Ein Ort, wo es warm ist und alle gemeinsam schön leben können. der Schauspieler, seine Frau und die beiden Töchter Antonia und Franziska, sechs und vier Jahre alt. „Natürlich gibt es auch in Europa schöne Strände“, sagt Robert Hollmann. Doch er wollte mehr. Etwas Besonderes, ein Ganzjahresziel.

In Sri Lanka wurde er fündig. 7504 Kilometer östlich von der Wiener Innenstadt und zwei Autostunden von Sri Lankas Hauptstadt Colombo entfernt hat er in Dikwella am südlichsten Zipfel der Insel ein „Ladegerät für die Seele“ geschaffen. „Underneath the Mango Tree“ (www.utmthotel.com) heißt das Hotel, wie Harry Belafontes berühmter Song. „James Bond“-Fans kennen das Lied aus „Dr. No“. In einer Szene entsteigt Ursula Andress wie die schaumgeborene Venus dem Meer und trällert den Ohrwurm. Auf einer Anhöhe über dem Strand entstand inmitten von Kokospalmen und Mangobäumen ein Ensemble von neun Gebäuden, fast alle mit Blick auf den Indischen Ozean. „Es ist das schönste Hotel der Welt“, behauptet Robert Hollmann. Im Dezember 2013 hat er eröffnet.

Und jetzt? Wieder zurück auf die Bühne? „Eher nicht“, sagt der Wiener und lächelt verschmitzt. Aber Pläne hat er noch jede Menge. Man darf gespannt sein.

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