Immer voll drauf: Volleyballer Felix Isaak vom Bundesligisten TV Rottenburg Foto: Baumann

Neue Mannschaft, neuer Manager, neues Umfeld: Volleyball-Bundesligist TV Rottenburg will angreifen. Die Saison beginnt an diesem Samstag mit einem Heimspiel – doch noch weiß keiner genau, wo die Mannschaft steht.

Rottenburg - Auf den ersten Blick hat die Arbeit des Spitzenkochs Simon Tress nicht unbedingt viele Berührungspunkte mit den Aufgaben eines Volleyballspielers. Dennoch hat Hans Peter Müller-Angstenberger, Trainer beim Bundesligisten TV Rottenburg, in der Saisonvorbereitung ganz bewusst auch das Biorestaurant von Simon Tress in Hayingen ausgewählt, um sein Team zu einer Einheit zu formen. „Auch ein Koch steht bei seiner Arbeit unter Druck und muss gewisse Showakzente setzen“, sagt Müller-Angstenberger. Seine Spieler haben aber nicht nur gemeinsam mit dem Chef des Hauses gekocht und gegessen, sondern auch die Kühe gemolken und das Gemüse für die Speisen im Garten geerntet. „Das war für alle Spieler ein sehr bereicherndes Erlebnis“, sagt Müller-Angstenberger. Kochen ist kommunikativ – und schweißt zusammen.

Die Kommunikation ist ein ganz wichtiges Element im Volleyball-Kosmos von Hans Peter Müller-Angstenberger, dem emotionalen Visionär, der auch gerne mal den Philosophen gibt. „Ich fühle mich immer noch im Lernmodus und spüre, dass bei uns eine neue Dynamik entsteht“, sagt der Gymnasiallehrer für Deutsch und Religion vor dem Saisonauftakt gegen Neuling TSV Herrsching an diesem Samstag (19.30 Uhr) in der Tübinger Paul-Horn-Arena. Während die Gäste, die sich selbst den Titel „Geilster Club der Welt“ verpasst haben, nach vier Meisterschaften in Serie erstmals in der Bundesliga spielen, geht Hans Peter Müller-Angstenberger in seine 13. Saison in Rottenburg – acht davon in der ersten Bundesliga. Keine Frage: Der Trainer steht für Konstanz. Ansonsten aber ist vieles im Fluss.

So gab es zum Beispiel einen Wechsel auf dem Managerposten – Daniel Mey (39) ersetzt dem zum VCO Berlin abgewanderten Jörg Papenheim (40). „Ich pflege einen engen Austausch mit dem Cheftrainer und freue mich darauf, eine etablierte Mannschaft weiterzuentwickeln“, sagt Daniel Mey. Als Spieler schaffte er es bis in die Regionalliga, seit fünf Jahren hat er den A-Trainerschein.

Erstmals gibt es in Rottenburg einen hauptamtlichen Jugendtrainer, dazu ein neues Physio-Team. Zudem können die TVR-Volleyballer ihre Trainingseinheiten jetzt in der kürzlich eingeweihten Arena in Rottenburg abhalten, die mit neun Meter Höhe die Anforderungen erfüllt. All diese neuen Konstellationen begreift Müller-Angstenberger als große Chance. Der 42-jährige Coach hat einen Drei-Jahres-Plan entwickelt: Er will dem Verein ein neues Gesicht geben, fordert aber Zeit und Geduld für dieses Vorhaben ein. „Wir wollen an einer neuen Generation basteln“, sagt Müller-Angstenberger.

Auch der Trainer ist gespannt, welche Rolle seine Mannschaft nach dem Ausstieg von Generali Haching in der neuen Bundesliga-Saison spielen kann. Der viermalige Pokalsieger konnte nach dem Verlust des Hauptsponsors die erforderlichen Mittel nicht mehr aufbringen. Hans Peter Müller-Angstenberger kennt dieses Gefühl, schließlich rang auch der TV Rottenburg vor eineinhalb Jahren um einen erstligatauglichen Etat und erhielt von Gönnern in einer einmaligen Rettungsaktion 210 000 Euro. „Ich gehe davon aus, dass in der kommenden Runde von Platz drei bis zwölf jeder jeden schlagen kann“, sagt der TVR-Coach.

Die Rottenburger haben sich gezielt verstärkt: Neu sind Kapitän Philipp Jankowski, der deutsche Nationalspieler Tom Strohbach (beide Generali Haching), Lars Wilmsen (TV Bühl), Johannes Elsäßer (Volley YoungStars Friedrichshafen), Diego Ferreira Guardiano (Katar) und Oliver Staab (TSG Solingen). Der Kader ist nun so stark besetzte, dass es kein Leistungsgefälle wie in der Vergangenheit mehr geben dürfte. In der langen und harten Vorbereitung wurde viel an der Abstimmung zwischen den alten und neuen Spielern gearbeitet, das Team harmoniert schon erstaunlich gut – nicht nur wegen der gemeinsamen Einheit am Herd von Spitzenkoch Simon Tress. „Wir müssen sehen, ob es nun auch in Stress-Situationen klappt“, sagt Trainer Hans Peter Müller-Angstenberger, „strategisch haben wir sicher noch viel zu arbeiten.“