Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer und der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele bei der Pressekonferenz am Montag in Schorndorf. Foto: dpa

Der Aalener Polizeipräsident hat bei einer Pressekonferenz am Montag eingestanden, dass die Polizei die Lage bei der Schorndorfer Woche teilweise nicht im Griff gehabt habe. Für die weiteren Festtage wurde das Polizeiaufgebot massiv verstärkt.

Schorndorf - Die Stadt Schorndorf will nach Krawallen und sexuellen Übergriffen auf junge Frauen ihr Stadtfest mit mehr Polizei sichern. Auch werde die Polizei an den beiden letzten Tagen der „Schorndorfer Woche“ dunkle Ecken auf dem Festgelände stärker ausleuchten, kündigte der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele am Montag an. Bei dem Stadtfest östlich von Stuttgart wurden in der Nacht zum Sonntag Festgäste und Polizisten aus einer Ansammlung von rund 1000 jungen Menschen im Schlosspark heraus angegriffen. Außerdem wurden nach Angaben der Polizei zwei Frauen von Flüchtlingen begrapscht. „Die Polizei hatte die Situation nicht immer im Griff“, räumte Eisele ein. Aber: „Ein Ausnahmezustand ist für mich etwas anderes.“

Hier sind die Aussagen der Polizei zum Nachlesen

Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) sprach den Opfern der sexuellen Übergriffe, einer 17-Jährigen aus Remshalden und einer 25-Jährigen aus Ingolstadt, sein Mitgefühl aus. „Das ist kein Kavaliersdelikt.“ Die beiden Frauen hatten sich gleich nach den Belästigungen bei der Polizei gemeldet und damit alles richtig gemacht. Er und der Oberbürgermeister betonten, es dürfe keine Scheu geben, solche Straftaten anzuzeigen.

Vor den Krawallen haben nach seinen Angaben vor allem Abiturienten und Realschüler auf dem Volksfest gefeiert. Das sei der Großteil der Menschen gewesen, sagte er am Montag dem SWR. „Es war wie immer: Viele, viele Abiturienten und Realschüler haben bei uns im Schlosspark gefeiert. Und dann kam es nach Mitternacht zur Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen.“ Erst später seien auch mehrere Menschen mit Migrationshintergrund oder Asylbewerber hinzugekommen - das sei aber nicht der Großteil gewesen.

Auch bei einem Fest in Böblingen wurden sexuelle Übergriffe bekannt. Wie die Polizei mitteilte, wurde eine Gruppe betrunkener afghanischer Asylbewerber am Samstagabend am Rande eines Holi-Festivals aggressiv. Während die Polizei den Sachverhalt aufnahm, meldeten sich mehrere junge Frauen, die demnach aus der Gruppe unsittlich berührt und sexuell beleidigt worden waren.

Präsident gesteht ein, dass Polizei die Lage nicht mehr im Griff hatte

Der Polizeipräsident berichtete, angesichts der Gewalt in dem Park hätten die Beamten sich zeitweise zurückgezogen und dann die Lage mit aus anderen Orten zur Hilfe gerufenen, verdoppelten Kräften wieder unter Kontrolle gebracht. Man habe die Personalien von drei jungen Afghanen aufgenommen, die die jüngere Frau belästigt haben sollen. Als tatverdächtig im Fall der Frau aus Bayern gilt ein junger Iraker. Alle Männer seien auf freiem Fuß, es sei kein Haftbefehl erlassen worden.

In beiden Fällen sei Alkohol im Spiel gewesen ebenso wie bei den Angriffen im Schlosspark, berichtete Eisele. „Alkohol ist ein Gewalttransmitter. Die Leute haben sich nicht mehr im Griff.“ In der Stadt im Rems-Murr-Kreis leben rund 40 000 Menschen. Die Gemeinde hat etwa 700 Flüchtlinge aufgenommen.

Bei den Ausschreitungen im Park hätten sich zum Teil zuvor im Clinch liegende Gruppen gegen die Polizei solidarisiert, sagte Eisele. Es habe keinen überdurchschnittlichen Anteil von Migranten in der Menschenmenge gegeben. Zeugenaussagen, wonach kleine Gruppen mit Messern und Schreckschusspistolen in der Nacht zum Sonntag durch die Stadt gezogen seien, gehe die Polizei noch nach.

Es habe zuvor auch keine Anhaltspunkte gegeben, dass das Fest entgegen frühere Erfahrungen dieses Mal nicht friedlich verlaufen werde, betonte der Polizeipräsident: „Diese Eskalation der Gewalt war ohne Weiteres nicht vorhersehbar.“ Die zunehmenden Aggressionen gegen Beamte seien ein gesamtgesellschaftliches Problem, dem man nur im Schulterschluss von Gesetzgeber, Polizei und Bevölkerung beikommen könne.

Oberbürgermeister Klopfer kritisierte eine Vereinbarung zwischen Polizei und Stadt, von der langjährigen Praxis abzuweichen, dem Treiben im Schlosspark spätestens um 24.00 Uhr ein Ende zu setzen. Dieser Schlusspunkt sei ohne sein Wissen um eine Stunde nach hinten verschoben worden. Dies sei mit der „Arbeitsebene“ im Rathaus abgesprochen worden - das bedauere er.