Ludwig Haggenmiller mit Allgäuwild im Fürstenberg-Zelt Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Ludwig Haggenmiller hat Musik studiert, arbeitet als Lehrer – und tritt mit der Band Allgäuwild im Nebenjob im Bierzelt auf dem Cannstatter Volksfest auf. Er spricht über Konditionsprobleme und sein erstes Instrument, eine Plastikklarinette.

- Herr Haggenmiller, an vielen Wochenenden spielen Sie mit Ihrer Band mehrere Auftritte hintereinander. Wird es auch mal zu viel?
Musikalisch gesehen ist es tatsächlich ab und an zu viel. Vor allem, weil wir ein Programm zusammengestellt haben, das wir bei jedem Auftritt zu größten Teilen wiederholen. Natürlich gibt es dann ein paar Songs, die man überhaupt nicht mag, aber die dem Publikum besonders gut gefallen. Und wenn man sieht, dass man diesen Menschen ein paar schöne Stunden mit der Musik bereiten kann, dann passt das schon.
Wie können Sie überhaupt so viele Stunden spielen? Lässt da nicht irgendwann der Ansatz, also die Kondition der Lippen- und Zungenmuskulatur, nach?
Wenn man viel Erfahrung hat, geht das schon. Man muss sich seine Kraft nur einteilen. Wenn ich weiß, dass ich noch Auftritte am Samstag, Sonntag und Montag spiele, werde ich nicht am Freitag schon Vollgas geben. Man kann seinen Ansatz auch schon in einer halben Stunde zu Tode spielen. Da unser Programm aber wie gesagt immer sehr ähnlich ist, kann man abschätzen, wie lang man noch durchhalten muss.
Viel Übung gehört aber bestimmt auch dazu.
Klar. Ich übe jeden Tag eine Stunde. Mein Vorteil ist, dass ich als Musiklehrer mit meinen Schülern spiele und dabei quasi schon übe. Hauptsache, man bleibt immer dabei.
Wie schafft man es denn als Musiklehrer, nebenher Showmusiker zu sein und fast 40 Auftritte im Jahr zu spielen?
Die Band ist für uns alle ein Nebenjob. Deswegen spielen wir an den Wochenenden, oder in den Ferien auch einmal unter der Woche. An der Realschule habe ich keine volle Anstellung. Und die Stunden der Schüler, denen ich Einzelunterricht an der Musikschule gebe, hole ich einfach nach. Da ich mit unserer Sängerin zusammen bin, leidet auch das Beziehungsleben nicht zu sehr, wenn wir unterwegs sind.
Ihr spielt die meisten Auftritte nicht im Allgäu, sondern weiter weg. Gibt es Unterschiede beim Publikum?
Der Ort an sich macht zunächst keinen großen Unterschied. Klar ist es etwas anderes, jetzt hier beim Volksfest zu spielen oder bei einem Firmenfest aufzutreten. Dann gibt es aber Feste, auf denen wir schon seit Jahren spielen. Dort bejubeln uns die Leute schon, bevor wir auf die Bühne kommen.
Eine tolle Abwechslung zum Alltag?
Auf jeden Fall! Die Auftritte sind wie eine zweite Welt, die Band ist wie eine zweite Familie. Man probt gemeinsam und bastelt immer weiter an der Show. Ein ganz besonderes, lebensbereicherndes Gefühl ist es dann, auf der Bühne zu stehen.
Gehen wir zum Anfang Ihrer Laufbahn zurück. Wann stand fest, dass Sie von der Musik leben wollen?
Das war im Kindergarten klar. Damals sollte sich jedes Kind seinen Traumberuf überlegen und so verkleidet zur Faschingsfeier kommen. Ich habe mich dann als Musiker verkleidet und Lederhose, Trachtenjanker und eine Plastikklarinette dabeigehabt. Die konnte man aber nicht spielen.
Wann wurde es dann tatsächlich ernst?
Ich habe ein paar Jahre später angefangen, Posaune zu lernen. Damals war ich in der Tänzelfest-Knabenkapelle Kaufbeuren, in der ich mitgespielt habe, bis ich 17 Jahre alt geworden bin. Letztendlich habe ich dann an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach eine zweijährige Ausbildung angefangen. Das war die Vorbereitung auf mein Studium an der Hochschule für Musik in Stuttgart.
Wie gelang der Sprung auf die Showbühne?
Es gab nicht so viele Posaunisten auf dem Markt, und mein Lehrer in der Studienzeit spielte nebenher bei der Joe Williams Showband. So habe ich schon während der Ausbildung dort angefangen. Nach dem Studium bin ich über einen Studienkollegen an das ARD-Showorchester Ikarus gekommen und habe mehrere Jahre Vollzeit auf der Bühne verbracht. Aber um davon leben zu können, muss man unheimlich viel spielen. Deshalb war der Wechsel zurück ins Lehramt in der Heimat sehr gut für mich.
Das ist doch ein gewaltiger Unterschied, von der Bühne ins Klassenzimmer zu wechseln.
Ja, das stimmt. Es hat mir aber gutgetan, weil ich auf der Showbühne so weit weg vom normalen Leben war. Außerdem halte ich es für richtig, wenn Menschen, die längere Zeit als Musiker unterwegs waren, in Schulen unterrichten. Wir haben einen besseren Einblick in das Musikgeschäft und wissen, wie es läuft.
Und wie sieht nach dieser bewegten Geschichte die Zukunft aus?
In ein paar Jahren werde ich mich wahrscheinlich aus dem Bierzeltgeschäft zurückziehen. Mich würden zum Beispiel Big- Band-Projekte reizen. Ich könnte mir auch vorstellen, Musik pur und unplugged in Gasthäusern zu spielen. Musiklehrer werde ich aber für den Rest meines Lebens bleiben.
 
Zur Person
Ludwig Haggenmiller

1972 wurde er in Kaufbeuren geboren.

1981 begann er im Alter von neun Jahren als Posaunist bei der Tänzelfest-Knabenkapelle Kaufbeuren.

1989 startete er seine Ausbildung an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach.

1992 trat er sein Studium an der Hochschule für Musik in Stuttgart an.

Seit 2000 ist er Teil der Band Allgäuwild.

Im Jahr 2005 übernahm er die Leitung der Bläserklasse an der Marien-Realschule Kaufbeuren. Als privater Musiklehrer arbeitet er schon seit 1990.