Roman Glaser, Präsident des baden-württembergischen Genossenschaftsverbands, warnt vor dem „süßen Gift“ der niedrigen Zinsen Foto: BWGV

Niedrige Zinsen machen Sparern zu schaffen. Der baden-württembergische Genossenschaftsverband fordert eine Aufstockung bei Riester-Förderung und der Arbeitnehmer-Sparzulage.

Stuttgart - Der Präsident des baden-württembergischen Genossenschaftsverbands warnt Verbraucher, sich bei der Kreditaufnahme von den niedrigen Zinsen blenden zu lassen. Im Kreditgeschäft sind die niedrigen Zinsen „ein süßes Gift“, sagt Roman Glaser. „Auch ein niedrig verzinster Kredit muss zurückgezahlt werden.“ Die politisch gewollten niedrigen Zinsen seien auch für die Sparer und die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland eine große Herausforderung.

Die Idee eines staatlich unterstützten Prämiensparens, die vom baden-württembergischen Sparkassenverband verfolgt werde, hält Glaser nicht für den richtigen Ansatz. Vielmehr sollten bewährte Instrumente wie die Riester-Förderung und die Arbeitnehmer-Sparzulage reformiert werden. Dadurch ließen sich Sparmöglichkeiten für einkommensschwache Bevölkerungsschichten schaffen. Die Höhe der Riester-Zulagen sei seit zehn Jahren unverändert.

In der Niedrigzinsphase sei eine breite Streuung der Anlagen noch wichtiger für Privatanleger, so Glaser. Viele Verbraucher würden jedoch angesichts der „unsinnigen Formularflut“ von Wertpapiergeschäften absehen. Die ausufernden Dokumentationspflichten verhinderten eine vernünftige Altersvorsorge. Es sei fatal, wenn deshalb Kunden auf Wertpapiergeschäfte und damit Renditechancen verzichten. Glaser räumt ein, dass auch Volksbanken aufgrund der Regulatorik abgeschreckt würden, überhaupt noch Wertpapiergeschäfte zu betreiben. Der Verbraucher und Anlegerschutz habe Blüten getrieben, meint Glaser und fordert, dass die „Regulierung in Sachen Verbraucher- und Anlegerschutz mit mehr Augenmaß betrieben wird“.

Kritisch sieht der Verbandspräsident auch die geplante Kapitalmarktunion, die europäischen Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern soll. Es habe schon einmal eine Initiative zur Mittelstandsfinanzierung gegeben, die „grandios gescheitert“ sei, so Glaser unter Anspielung auf das Segment der Mittelstandsanleihen an den Börsen. Bei den Mittelstandsanleihen hat es in wenigen Jahren ungewöhnlich viele Ausfälle gegeben.

Gleichzeitig fürchtet Glaser neue Bürokratie bei der Kreditfinanzierung. So ist geplant, dass Banken von 2017 an Kredite ab einer Größenordnung von 50 000 Euro an die europäische Bankenaufsicht melden müssen. Heute müssen in Deutschland erst Großkredite ab einer Million Euro gemeldet werden. Die Übermittlung dieser umfangreichen Daten lasse sich nicht allein per Knopfdruck regeln, sagt Verbandsdirektor Gerhard Schorr. „Die Belastung der Banken interessiert keinen.“

Der Verband vertritt 213 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg. Der Trend sich an Genossenschaftsbanken zu beteiligen sei ungebrochen, sagt Glaser. 2014 konnten 61 000 neue Mitglieder gewonnen werden. Die Ertragslage der Institute sei zufriedenstellend. Die Niedrigzinsphase wirke sich belastend aus. Doch konnten durch risikogerechte Preise und Mehrgeschäft Zuwächse erzielt werden. Der Druck auf die Ertragslage durch die niedrigen Zinsen werde in diesem Jahr anhalten. Der Verband geht für 2015 von etwas schwächeren Erträgen aus.