Irakische Kräfte rücken auf Kirkuk zu. Von kurdischer Seite gibt es kaum Widerstand. Foto: AP

Die Kurden haben mit ihrer Volksabstimmung die Lage angeheizt. Jetzt aber sind Verhandlungen die einzige Lösung, kommentiert Martin Gehlen.

Bagdad - Mit ihrem Unabhängigkeitsvotum haben Nordiraks Kurden hoch gepokert. Noch kann niemand sagen, wie die Machtprobe zwischen Erbil und Bagdad ausgeht. Es mehren sich jedoch die Anzeichen, dass die Volksabstimmung zu einem historischen Rückschlag werden könnte. Bagdad sitzt am längeren Hebel, alle anderen Verbündeten der Kurden stehen schweigend an der Seite. Gleichzeitig dämmert wohl auch den heißblütigsten Peschmerga-Kommandeuren, dass bei einem offenen Krieg um Kirkuk der Millionenstadt das gleiche Schicksal drohen könnte wie ihrer unglücklichen Schwestermetropole Mossul. Bagdads Zentralregierung hat mit ihrem Vormarsch klargemacht, dass sie den Irak nach dem Sieg über die IS-Terrormiliz als Nation zusammenhalten will.

Das Blutvergießen vermeiden

Das aber setzt voraus, dass künftig die berechtigten Interessen der Nicht-Schiiten besser als bisher berücksichtigt werden. In dem Konflikt mit den Kurden gibt es keine militärische Lösung. Stattdessen müssen sich die Kontrahenten zusammensetzen, Gespräche führen und Kompromisse ausloten. Und so liegt es nun an beiden Seiten, aus dieser verfahrenen Situation ohne Blutvergießen wieder herauszufinden. Dem Irak und seinen Kurden wäre es zu wünschen – ausgerechnet jetzt, wo der Albtraum des Islamischen Kalifates so gut wie beendet ist.