Das Schachspiel um die Villa Berg geht auch in diesem Jahr weiter, mattgesetzt ist bis jetzt aber nur das Gebäude selbst. Foto: Achim Zweygarth

Professoren und Master-Absolventen der Hochschule für Technik schlagen vor, den ehemaligen Sendesaal aus der Villa Berg auszubauen und in ein neu zu errichtendes Veranstaltungsgebäude am Rand des Parks zu versetzen.

S-Ost - Die Villa Berg ist genauso trostlos ins neue Jahr gegangen, wie schon an etlichen Jahreswechseln zuvor. Zwischen dem Investor, der Düsseldorfer PDI, und der Stadt scheint seit vergangenem Sommer Funkstille zu herrschen, die Verhandlungen über den Rückkauf der Villa durch die Stadt stocken, die Mauern des denkmalgeschützten Bauwerks bröckeln weiter. Unterdessen haben sich Professoren und Studierende der Architekturfakultät der Hochschule für Technik (HFT) intensiv mit der Villa und dem Park auseinandergesetzt.

Dabei haben sie neue Erkenntnisse über die Gesamtanlage gewonnen – und sind jetzt mit einem ganz neuen Nutzungsvorschlag an die Öffentlichkeit gegangen. Professor Peter Schneider und die Studentin Maria Gromadzka schlagen einen möglichst vollständigen Wiederaufbau der Gesamtanlage – also Villa und Park – nach den vorliegenden Unterlagen und Plänen des Architekten Christian Friedrich von Leins im Rahmen einer Art internationaler Bauwerkstatt für Wissenschaftler, Künstler und Handwerker aus der ganzen Welt vor. „Der Bauprozess selbst ist die erste Nutzung“, sagt Peter Schneider.

Originale Pläne von Leins mit Kommentaren

Grundlage für diese Idee ist die Masterarbeit von Maria Gromadzka, die in Grundzügen bereits bei einem der öffentlichen Treffen der Initiative Occupy Villa Berg und jetzt in der überarbeiteten Neuauflage des von Ulrich Gohl herausgegebenen Buchs „Die Villa Berg und ihr Park“ (Verlag im Ziegelhaus, Stuttgart) vorgestellt wurde. Gromadzka stieß bei ihren Recherchen unter anderem auf 30 bisher unbekannte Pläne der Villa und des Parks, die im Architekturmuseum der Universitätsbibliothek der TU Berlin in Schubladen schlummerten. Schneider: „Wie die dahin gekommen sind, weiß niemand.“

Es handelt sich dabei um originale Entwurfspläne des Architekten von Leins aus dem Jahr 1849. Die handschriftlichen Kommentare von Leins auf diesen Plänen führen nach Meinung der Wissenschaftler zu einer ganz neuen Betrachtungsweise der Anlage. Bisher sei man davon ausgegangen, so Schneider, das von Leins die Villa geplant habe, der Hofgärtner Friedrich Neuner den Park und Joseph von Egle das Belvedere. Die neu entdeckten Dokumente bewiesen aber, das von Leins die Villa und den Park als Gesamtkunstwerk entworfen habe. Für den Park habe der Architekt ausgehend von der Villa einen Entwicklungsprozess geplant. Bauwerk und Park hätten in einem engen Zusammenhang gestanden, was heute aber nicht mehr zu erkennen sei.

Beethovens Neunte, aber nicht mit der Ziehharmonika

Für Schneider und seine Kollegen gehören Villa und Park damit zu den bedeutendsten Beispielen für Baukultur und Architektur aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland. „Wir kennen kaum einen Bauherren, der das so verbunden hat“, sagt Schneider und fragt: „Können wir nicht wieder so etwas daraus machen?“

Was die Zukunft der Villa angeht, wählt Schneider drastische Worte: „Man kann natürlich so weiterwursteln wie bisher. Man kann es den Lokalinteressen des Stadtteils unterwerfen, etwa für ein Kommunales Kino oder als Vereinstreff. Oder wir setzen es wieder in Wert.“ Für kaum ein anderes Gebäude im Stuttgarter Raum gebe es so viele Unterlagen, wie für die Villa Berg. „Wir wissen, was wir vor uns haben und können dann versuchen, Beethovens Neunte nicht mit der Ziehharmonika zu spielen, sondern die besten Handwerker und Künstler dazu einzuladen.“

Fernsehstudios als Werkstätten nutzen

Ihm schwebt vor, an der Zufahrt zur Villa beispielsweise im Bereich der heutigen Tiefgarage ein neues Gebäude zu errichten, in das der Sendesaal samt Orgel versetzt und das als Veranstaltungsgebäude genutzt werden könnte. „Und dann bauen wir die Villa wieder auf, wie sie war, so weit wir das schaffen.“ Als Dach könnte er sich eine Südwestdeutsche Akademie der Künste, Wissenschaften und Handwerke vorstellen, an der sich das Land, die Universitäten und viele andere beteiligen könnten. Die ehemaligen Fernsehstudios könnten als Werkstätten genutzt werden. Die Finanzierung könnte über eine Stiftung erfolgen. Schneider: „Das wäre doch besser, als jetzt da Millionen reinzustecken, um eine weitere Prothese daraus zu machen.“