Eine 25-Jährige steht wegen Totschlags an ihrem Sohn vor Gericht Foto: dpa

Eine 25 Jahre alte Frau steht in Stuttgart vor Gericht, weil sie ihren vier Monate alten Sohn umgebracht haben soll.

Stuttgart - „Er hat mein Kind umgebracht“, sagt die Frau mit tränenerstickter Stimme. Sie meint den Vater des vier Monate alten Säuglings, der nach der Einschätzung des Rechtsmediziners am Morgen des 12. Februar dieses Jahres gewaltsam zu Tode gekommen ist – durch Ersticken, wohl mit einem Kissen. Auf der Anklagebank vor der 9. Strafkammer des Landgerichts sitzt allerdings die 25-jährige Mutter des toten Jungen. Ihr und nicht dem 28-jährigen Vater wirft Oberstaatsanwalt Hans-Otto Rieleder vor, den Säugling in der gemeinsamen Wohnung in einem Teilort von Aspach (Rems-Murr-Kreis) getötet zu haben.

An jenem Morgen sei sie gegen 8 Uhr aufgestanden, der Säugling habe in seinem Bettchen im Wohnzimmer gejammert und geweint. Sie sei aber auf die Toilette gegangen, habe nach dem Hasen geschaut und sei wieder ins Bett gegangen. „Sie haben nicht nach ihrem weinenden Sohn geschaut?“, fragt Vorsitzender Richter Wolfgang Hahn. Nein, sie habe Muskelkater vom Sport gehabt und sei müde gewesen, so die Angeklagte. Dann sei sie etwas später doch zu dem Jungen gegangen und habe aus dem Augenwinkel gesehen, wie sich ihr Freund – der Vater des Jungen – übers Bettchen gebeugt habe. „Er hat dem Kleinen das blaue Kissen aufs Gesicht gedrückt“, sagt sie. Und zwar „mit Wut“.

Ihr Lebensgefährte habe sie angeschnauzt. Da sei sie wieder ins Bett gegangen und sei eingeschlafen. Der Vorsitzende Richter will’s nicht glauben: „Das versteht kein Mensch.“ Sie sei eben nicht davon ausgegangen, dass ihr Freund dem Jungen etwas antue, sagt die 25-Jährige. Diese Version ist neu. In den früheren Vernehmungen hatte die Frau immer wieder andere Versionen zum Besten gegeben. „Weil ich für ihn gelogen habe“, sagt sie.

Ihr Freund, wie sie Hartz-IV-Bezieher, habe ihr gedroht, wenn sie ihn in den Knast bringe, tue er ihr und ihrer Familie Schlimmes an. Die Frau hat aus einer früheren Beziehung noch eine zwei Jahre alte Tochter. Heute vor Gericht sage sie aber die Wahrheit. Der 28-Jährige habe den Jungen umgebracht.

„Das ist totaler Quatsch“, sagt der Vater des toten Kindes. Als er gegen 12 Uhr ins Wohnzimmer ging, sei sein Sohn bereits tot gewesen. Sechs Tage nach dem Tod des Säuglings wurde die 25-Jährige festgenommen. Sie hatte sich offenbar in zu viele Widersprüche verstrickt.

Die Mutter der Angeklagten hat ausgesagt, ihre Tochter sei eine notorische Lügnerin. Tatsächlich wird man aus der Angeklagten nicht schlau. Sie sei völlig unter der Fuchtel ihres gewalttätigen Freundes gestanden, sagt sie. Er habe nur mit dem Finger geschnippt – sie sei gesprungen. Der 28-Jährige malt ein anderes Bild. Die Angeklagte habe ihn ständig kontrolliert und ihn von seinen Freunden isoliert. Schläge? Sie habe ihn geohrfeigt, nicht anders herum.

Der Prozess wird am 16. September fortgesetzt.