Der Gesetzgeber muss das Strafprozessrecht verschlanken. Foto: dpa

Viele Strafverfahren ziehen sich über Jahre hin. Und das kommt keineswegs selten vor. Das muss sich ändern, meint Gerichtsreporter George Stavrakis.

Stuttgart - Jemand, der vorsätzlich gegen das Gesetz verstößt, hat sich alle Weiterungen selbst zuzuschreiben. Mitgefühl ist in den meisten Fällen fehl am Platz. Trotzdem ist es ein Unding, dass ein mutmaßlicher Straftäter jahrelang auf seinen Prozess warten muss. Sein ganzes zukünftiges Leben hängt oft vom Ausgang des Verfahrens ab. Hier hat die Justiz zu liefern. Deshalb ist die Forderung des Deutschen Richterbunds nach einer Vereinfachung des Strafprozessrechts absolut richtig.

Es sind keineswegs die Ausnahmeprozesse, die die Verfahrensdauer im Schnitt unerträglich verlängern. Nicht der Münchener NSU-Prozess mit seinen bis dato mehr als 360 Verhandlungstagen verhagelt die Statistik. Auch nicht der kürzlich am Landgericht Koblenz nach 300 Tagen geplatzte Neonazi-Prozess. Es ist das ganz normale Tagesgeschäft, das für Sand im Justizgetriebe sorgt.

Staatsanwaltschaften werden zum Nadelöhr

Der Richterbund beklagt, dass sich die Staatsanwaltschaften zum Nadelöhr entwickelt hätten. Das stimmt. Wie könnte es sonst sein, dass ein Mann, der verbotenerweise Muskelpräparate an Bodybuilder verkauft hat, fast vier Jahre auf seinen Prozess warten muss? In der ganzen Republik fehlen Staatsanwältinnen und –anwälte. Hier muss der Gesetzgeber liefern. Dann ist es nämlich auch vorbei mit Strafrabatten wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung.

Es darf auch kein Tabu sein, Verteidigern sinnfreie Beweis- und Befangenheitsanträge im Dutzend auszutreiben. In der Regel arbeiten Verteidigerinnen und Verteidiger hart und professionell zum Wohle ihrer Mandanten. Oft geht es dabei durchaus streitlustig zu, was per se kein Problem darstellt. Doch verfahrensverschleppenden Auswüchsen muss Einhalt geboten werden. Und die eine oder andere Strafkammer darf ebenfalls die Zügel straffen – selbstverständlich streng nach Recht und Gesetz. Dafür müssen ihr im Strafprozessrecht aber auch die Mittel an die Hand gegeben werden.