Mechatroniker gehört bei jungen Leuten zu den beliebtesten Ausbildungsberufen. Foto: dpa-Zentralbild

Manche Handwerksberufe sind beliebter als andere. Doch woran liegt das? An ihrem Bekanntheitsgrad? Oder etwa spielt auch an der unterschied­liche Bezahlung eine Rolle?

Manche Handwerksberufe sind beliebter als andere. Doch woran liegt das? An ihrem Bekanntheitsgrad? Oder etwa spielt auch an der unterschiedliche Bezahlung eine Rolle?

Stuttgart - Sägen, beizen, hobeln – unter der Berufsbezeichnung Tischler kann sich fast jeder etwas vorstellen. Doch wer kennt schon den Schäftemacher oder Installationspraktiker? Dieser Umstand schlägt sich auch in der Anzahl der Auszubildenden nieder, die sich im vergangenen Jahr bevorzugt für bekannte Berufsbilder entschieden haben: 2013 begannen 383 629 junge Menschen eine handwerkliche Ausbildung. Die meisten von ihnen, 58 399, als Kfz-Mechatroniker. Auf Platz zwei der Beliebtheitsskala rangierte mit 32 716 neuen Auszubilden der Beruf des Elektronikers. Nicht weit dahinter lag – mit 31 492 neuen Azubis – der Anlagenmechaniker. Auch Maler, Friseure und besagte Tischler waren weiterhin beliebte Handwerke. Unbekanntere Ausbildungsberufe wie der des Gerbers oder des Feinpolierers wurden 2013 von nur je einer einzigen Person ergriffen.

„Viele junge Leute wissen gar nicht, welche Möglichkeiten es im Bereich Handwerk für sie gibt“, kommentiert Alexander Legowski vom Zentralverband des Deutschen Handwerks diese Zahlen. „Von mehr als 130 Lehrberufen kennen sie manchmal nur eine Handvoll.“ Was auch eine Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2008 belegt: Von 1001 Befragten kannten 67 Prozent zwar den Beruf des Tischlers, aber nur drei Prozent wussten, dass man sich auch zum Parkettleger ausbilden lassen kann. Legowski begründet das mit dem mangelnden Informationsangebot an Schulen: „Leider ist eine Berufsorientierung dort noch immer nicht selbstverständlich. Deshalb schauen die jungen Leute oft nur um die Ecke – jemand, der Autos mag, wird so eben Kfz-Mechatroniker.“

Um dem Trend zu entgegnen, lancierte der Zentralverband des Deutschen Handwerks 2009 eine Imagekampagne. Mit großflächigen Bildern und knackigen Sprüchen wie „Ich backe keine Brötchen. Ich arbeite am perfekten Morgen“ sollte sie vor allem Schulabgänger erreichen und diese für weniger bekannte Handwerksberufe sensibilisieren. Im sechsten Jahr der Kampagne zieht Gerd Kistenfeger von der Handwerkskammer Region Stuttgart ein positives Fazit: „Die Informationskampagne war bisher durchaus erfolgreich – speziell in den Abgangsklassen der Schulen. Wir haben einen viel besseren Informationsgrad bei der Zielgruppe erreicht.“ Dies sei besonders in der Vermittlung der Vielfältigkeit von Handwerksberufen nötig.

Mehr als zehn Euro in der Stunde für Handwerker in der Metallindustrie

Bundesweit sind die meisten Handwerker in Reinigungsberufen tätig (567 953). Gleich darauf folgen die Maschinenbauer (555 841), Köche (423 220), Metallbearbeiter (367 439) und Kfz-Techniker (341 641). Die kleinste Gruppe bilden Brauer und Mälzer mit 5387 Handwerkern. In der Region Stuttgart seien – aufgrund des täglichen Bedarfs – vor allem Sanitär-Heizungs-Klima-Berufe, Friseure, Maler und Elektroniker stark vertreten, sagt Gerd Kistenfeger: „Es gibt hier aber auch seltene Handwerksberufe wie Hörgeräteakustiker, Geigenbauer oder Orgelharmoniumbauer. Das sind hoch qualifizierte Experten in Nischen, die durchaus ihre Berechtigung haben. Ihr Markt ist eben auch ein sehr enger.“

2013 entschied sich fast die Hälfte aller neuen Azubis in Deutschland für eine Ausbildung im Elektro- und Metallhandwerk. Dass gerade diese Berufe bei den Auszubildenden beliebt sind, könnte aber auch an der Bezahlung liegen: Handwerker in der Metallindustrie, der chemischen Industrie sowie im Bauhauptgewerbe verdienen fast immer mehr als zehn Euro in der Stunde. In Branchen wie der Floristik, dem Friseur- oder dem Fleischerhandwerk liegt der Verdienst dagegen häufig bei weniger als 8,50 Euro.

Wer exakt wie viel verdient, kann aber nicht pauschalisiert werden. Die Vergütung richtet sich nach Tarifverträgen, die von den einzelnen regionalen Verbänden abgeschlossen werden. „In den Dienstleistungsberufen sind die Gehälter natürlich oft nicht so hoch“, sagt Alexander Legowski vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. „Es gibt aber auch Berufe im gewerblich-technischen Bereich mit einer sehr hohen Wertschöpfung, die dementsprechend entlohnt werden.“

Beachtliches West-Ost-Gefälle

Nach einer Datenanalyse des Statistischen Bundesamts von 2006 verdienen Flach-/Tiefdrucker am besten: 42 465 Euro (alte Bundesländer) beziehungsweise 31 508 Euro (neue Bundesländer) pro Jahr. Danach kommen die Maschinenbauschlosser mit 39 691 (31 492) Euro jährlich und die Werkzeugmacher mit einem Jahresgehalt von 39 428 (24 838) Euro. Der am schlechtesten bezahlte Beruf ist dem Tarifarchiv der gemeinnützigen Hans-Böckler-Stiftung zufolge das Friseurhandwerk: Ein Friseur ohne Gesellenbrief kommt in Sachsen-Anhalt und Brandenburg auf einen Stundenlohn von 3,05 Euro beziehungsweise 5,11 Euro in Hamburg. Am zweitschlechtesten schneiden Sanitär-Heizungs-Klimahandwerker mit 4,06 Euro in Sachsen und 6,18 Euro in Bayern ab. Den dritten Platz von unten belegen die Gartenbauer mit 4,09 Euro pro Stunde in Sachsen und 7,50 Euro in Hessen.

Auffällig ist das beachtliche West-Ost-Gefälle. So zeigt auch eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung, dass in Westdeutschland nur sechs Prozent der Tarifgruppen weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdienen, während es in Ostdeutschland stolze 27 Prozent sind. 15 Prozent davon verdienen angeblich sogar weniger als 7,50 Euro in der Stunde.

Dass die Berufswahl neben dem Verdienst auch vom Image des Berufs abhängen könnte, glaubt Gerd Kistenfeger indes nicht: „Dass es gravierende Unterschiede beim Ansehen der Berufen gibt, kann ich mir nicht vorstellen. Die Leute haben einfach verschiedene Bedürfnisse. Ein Dienstleister, der einem kurzsichtigen Kunden die Brille anpasst, wird genauso gebraucht wie einer, der Pferden die Hufe beschlägt.“