Der Daumen geht nach oben: VfB-Trainer Huub Stevens ist davon überzeugt, dass wie in der vergangenen Saison der Klassenverbleib gelingt – auch ohne Neuzugänge in der Winterpause. „Wenn wir unseren Kader zusammenhalten, reicht es, um in der Liga zu bleiben“, sagt der Coach Foto: dpa

Zum zweiten Mal ist Huub Stevens (61) angetreten, den VfB Stuttgart vor dem Abstieg zu bewahren. „Wenn wir den Kader zusammenhalten, reicht das, um in der Bundesliga zu bleiben", sagt er im StN-Interview.

Stuttgart - Herr Stevens, am Ende der vergangenen Saison haben Sie sich zehn Spiele lang komplett auf den VfB und die Mission Klassenverbleib konzentriert. Haben Sie jetzt mehr Luft?
(Lacht) Nein, mein Tag ist durchgetaktet von morgens bis abends. Das geht nicht anders. Mitte Dezember kommt ja noch eine englische Woche. Uns bleibt nicht viel Zeit.
Was macht Ihre Wohnungssuche?
Dafür habe ich erst recht keine Zeit. Bis Januar wohne ich im Hotel. Aber das hat auch Vorteile. Mein Co-Trainer Adrie Koster wohnt da, mein Fitnesstrainer Chima Onyeike auch . . .
Der Mann mit dem Kreuz eines Möbelpackers.
(Schmunzelt) Chima ist ein ganz lieber Kerl, vor ihm muss niemand Angst haben.
Wir hatten Sie unterbrochen . . .
. . .diese Nähe ist gut, wollte ich sagen. Wir können abends im Hotel alles durchsprechen und den nächsten Tag vorbereiten. Das hat uns schon in der vergangenen Saison so stark gemacht. Da haben wir Trainer das beste Team gebildet, mit dem ich jemals gearbeitet habe. Das hat sich auf die Mannschaft übertragen.
Hand aufs Herz: Was war Ihre spontane Reaktion, als der VfB angerufen hat?
Ich war schon überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich der VfB bei mir meldet. Zwei Tage zuvor hatte ich zwar öffentlich gesagt: Wenn ein Angebot käme, könnte ich mir vorstellen, dass ich wieder bei einem Club einsteige. Aber dabei habe ich keine Sekunde an den VfB gedacht.
Und dann ging alles blitzschnell?
Als mich Jochen Schneider (VfB-Sportdirektor, Anm. d. Red.) anrief, habe ich gespürt: Ich brenne noch immer für den VfB. Da habe ich mir gesagt, das machst du, das kriegen wir noch einmal hin.
Sie sind seit zehn Tagen zurück. Wie nehmen Sie die Stimmung rund um den Verein wahr?
Viele Leute sind enttäuscht, dass der VfB wieder gegen den Abstieg spielt. Aber gerade in der Enttäuschung musst du positiv denken, so erreichst du mehr, als wenn du miesepetrig bist. Das war vergangene Saison auch so.
Sie müssen positiv gestimmt sein, sonst hätten Sie sich den VfB in dieser Situation kein zweites Mal angetan.
Ich will Vorbild sein für die vielen jungen Spieler. Die müssen sich irgendwo festhalten können. Dafür muss ich eine positive Ausstrahlung haben. Außerdem haben wir Fußballer doch den allerschönsten Beruf. Wir sind an der frischen Luft, wir sind viel in Bewegung, wir können mit jedem Tor im Training ein Erfolgserlebnis haben. Ich sage den Jungs immer: Genießt das! Dieses Glücksgefühl müsst ihr auch zeigen! Denn in dem Moment, in dem du enttäuscht bist, schaltest du auch im Spiel vielleicht kurz ab, und schon ist der Gegner einen Schritt voraus.
Ihre positive Einstellung in Ehren, aber Sie hätten doch andere Vereine übernehmen können, die nicht gegen den Abstieg spielen.
Im Sommer gab es Angebote, aber da war ich noch nicht bereit. Ich habe mit einigen Clubs Gespräche geführt. Ich hatte aber jedes Mal das Gefühl, dass ich wieder in den Tunnel gerate, dass ich nicht locker genug bin.
Dieses Gefühl haben Sie jetzt nicht mehr?
Nein, ich hatte genug Zeit zum Abschalten. Ich habe sechs Monate lang meine Familie und meine Enkelkinder genossen und keinen Fußball angeschaut – na ja, fast keinen.
Wann sind Sie rückfällig geworden?
Als der VfB zu Saisonbeginn in Mönchengladbach spielte, war ich zum ersten Mal wieder im Stadion. Das ist nicht weit von Eindhoven weg, und ich konnte den VfB wiedersehen. So habe ich mich zurückgetastet.
Sie kennen die Mannschaft zu großen Teilen. Waren Sie gleich wieder mit ihr vertraut?
Ich stelle fest, dass manche Spieler anders auf mich reagieren als vergangene Saison. Bei manchen spüre ich auch gewisse Vorbehalte gegen mich.