Im Kampf um einen Platz in der Offensive hat derzeit Daniel Ginczek (li.) gegenüber Vedad Ibisevic die Nase vorn Foto: Baumann

Sie sind beide in dieser Saison noch ohne Tor, dennoch könnten die Vorzeichen für Daniel Ginczek und Vedad Ibisevic vor den verbleibenden elf Bundesligaspielen unterschiedlicher kaum sein.

Stuttgart - Als ob die Tage beim Tabellenletzten nicht schwer genug wären, kommt Daniel Ginczek auch nachts zurzeit nicht recht zur Ruhe. Töchterchen Lou Carlotta (neun Monate) kränkelt. „Da ist es mit dem Schlafen ein bisschen schwierig“, erzählt der 23-Jährige und lächelt gequält.

Doch was hilft’s: Am nächsten Morgen muss der junge Papa im Training trotzdem seinen Mann stehen. Das gilt insbesondere jetzt, in dieser für den VfB Stuttgart so bedeutenden Schlussphase der Saison. Es gibt derzeit nur wenig Hoffnungsschimmer – Ginczek ist einer. Beim 1:1 in Hannover stand er erstmals seit dem 13. Dezember in Mainz wieder in der Startelf und spielte 90 Minuten durch. Nicht berauschend zwar, aber immerhin. Und die vielleicht wichtigste Botschaft für Ginczek: Das Knie hält – und scheint endgültig aus dem Kopf.

"Körperlich und mental nahe an den 100 Prozent"

„Ich bin körperlich und mental wieder nahe an den 100 Prozent“, glaubt der Angreifer, der im vergangenen Sommer vom Absteiger 1. FC Nürnberg für zwei Millionen Euro an den Neckar wechselte. Jetzt will der gebürtige Sauerländer auch endlich sein erstes Tor für die Profimannschaft erzielen, am liebsten schon am Freitag im richtungweisenden Heimspiel gegen Hertha BSC (20.30 Uhr/Sky). Denn noch stehen in seiner Bilanz null Tore, was für einen Stürmer so schmerzhaft ist wie ein gegnerischer Stollen im Gesicht.

Für die zweite Mannschaft in der dritten Liga hat es zuletzt ja schon ganz gut funktioniert. Dort traf Ginczek in fünf Spielen fünfmal. „Das Tempo dort und die Intensität in den Zweikämpfen sind aber etwas anderes als in der Bundesliga“, zieht er einen Vergleich. Nach den 90 Minuten von Hannover war er jedenfalls platt wie eine Flunder.

Von außen betrachtet gibt der Patient Ginczek so manche Rätsel auf. Nach seinem im Februar 2014 erlittenen Kreuzbandriss wollte er eigentlich schon im September wieder voll angreifen. Nach mehreren Anläufen und Rückschlägen ist daraus nun März geworden. „Ich hatte immer wieder muskuläre Probleme, das kann nach einer solch schweren Verletzung immer auftreten“, gibt Ginczek einen Einblick in seine Krankenakte. Mit speziellem Muskelaufbautraining will er letzte Restzweifel an seiner Genesung  beseitigen.

Ginczek wäre auch in Liga zwei nicht abgeneigt zu bleiben

Gut möglich, dass der 23-Jährige am Freitag gegen die Hertha wieder von Beginn an ran darf. Leidtragender wäre erneut Vedad Ibisevic. Der verhinderte Torjäger stand schon in Hannover nicht einmal mehr im Kader. Zum ersten Mal überhaupt in seiner Zeit auf dem Wasen (seit 2012) wurde der 30-Jährige aus Leistungsgründen nicht nominiert. Der Anfang vom Ende Ibisevics beim VfB?

Fakt ist, dass der Bosnier seit seinem letzten Treffer im Januar 2014 keinen Fuß mehr auf den Boden bekommt. Torflaute, sportliche Krise, lange Sperre nach einer Tätlichkeit, Ermüdungsbruch im rechten Fuß – Ibisevics Leidensgeschichte ist hinlänglich bekannt. Doch ein Ende ist nicht abzusehen. Dabei bestand noch vor wenigen Wochen die Hoffnung, dass sich die Geschichte doch noch zum Guten wendet. Im Trainingslager in Portugal ließ der einstige Top-Torjäger sein altes Können aufblitzen. Mitreißend und bissig war er – sogar sein Scharmützel mit Martin Harnik wurde als positives Zeichen gewertet. Sechs (enttäuschende) Spieltage später ist Ibisevic an einem neuerlichen Tiefpunkt angelangt: Raus aus dem Kader! Trainer Huub Stevens begründete die Ausbootung mit schwachen Trainingsleistungen. Bei den Fans ist der Kredit des Top-Verdieners eh längst aufgebraucht.

Dabei ist der bosnische WM-Teilnehmer nicht mehr und nicht weniger als ein Mosaikstein der großen Krise beim Tabellenletzten, wo nichts zusammenpasst. Ein Stoßstürmer wie er lebt (und lebte schon immer) von brauchbaren Zuspielen. Doch die sucht man im Spiel des VfB vergebens.

Womit wir wieder bei Daniel Ginczek wären – ein ähnlicher Stürmertyp wie Ibisevic, was zumindest teilweise erklärt, warum auch er bei seinen wenigen Profi-Einsätzen noch nicht glänzen konnte. Ginczek fehlen ebenso die Vorlagen, die Flanken, die ein Stürmer braucht, um seinem Job nachzugehen – Tore zu machen. Gegen Hannover waren zumindest Ansätze eines Offensivspiels zu erkennen. Ginczek ist zuversichtlich, dass dies gegen die Hertha eine erfolgreiche Fortsetzung findet. Überhaupt ist er von einem fest überzeugt: „Wir halten die Klasse.“ Und wenn nicht? Dann, so lässt Ginczek zumindest anklingen, wäre er auch zu einem Neuaufbau mit dem VfB in Liga zwei bereit. Auf seinen Noch-Sturmpartner trifft das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu.