Tickets für Rollstuhlfahrer sind beim VfB Stuttgart heiß begehrt. Foto: dpa

Der VfB Stuttgart ist in der Bundesliga führend, wenn es um die Zahl von Plätzen für Rollstuhlfahrer geht. Trotzdem gibt es Kritik, weil der Verein die Tickets fast nur als Dauerkarten verkauft. Was der VfB verteidigt, sehen andere als "fatal" an.

Der VfB Stuttgart ist in der Bundesliga führend, wenn es um die Zahl von Plätzen für Rollstuhlfahrer geht. Trotzdem gibt es Kritik, weil der Verein die Tickets fast nur als Dauerkarten verkauft. Was der VfB verteidigt, sehen andere als "fatal" an.

Stuttgart - Johannes Friedrich wollte aufmerksam machen. Auf die nahezu unbekannte Nervenkrankheit ALS hinweisen - aber auch auf die Problematik, die sich für Rollstuhlfahrer ergibt, wenn sie sich Karten für ein Heimspiel des VfB Stuttgart kaufen wollen.

Mit seinem Facebook-Video im Rahmen der Ice Bucket Challenge und der Nominierung von VfB-Manager Fredi Bobic, Torhüter Sven Ulreich und Kapitän Christian Gentner hat der 20-Jährige aus Köln genau das erreicht. Obwohl er damit in dieser Form gar nicht gerechnet hat.

Beachtlich findet Friedrich, wie schnell der VfB reagiert hat. Weniger Verständnis zeigt er für das Ticket-System der Stuttgarter für Rollstuhlfahrer. So weist der VfB Stuttgart auf seiner Homepage ausdrücklich darauf hin, dass alle Tickets für Rollstuhlfahrer bereits als Dauerkarte vergriffen sind. Nur das Gästekontingent ist davon ausgenommen. Was es aber VfB-Fans, die im Rollstuhl sitzen und die mal ein einzelnes Heimspiel besuchen möchten, auch nicht erlaubt, an Karten zu kommen.

"Diese Einschränkung ist fatal"

Für Johannes Friedrich völlig unverständlich: "Das ist natürlich nicht in Ordnung, dass körperlich benachteiligte Menschen da eine viel schlechtere Chance haben ins Stadion zu kommen, als die, die sich 'normale' Tickets kaufen können."

Auch Jochen Dohm, der Vorstand der BBAG, der Organisation der behinderten Fans in Deutschland, ist von der Herangehensweise des VfB überrascht und wenig erfreut: "Diese Einschränkung halte ich für fatal. Bei Borussia Dortmund war das auch mal so, da haben wir dann aber erfolgreich Einspruch erhoben." Auf Schalke sei es beispielsweise so, dass es 98 Plätze für behinderte Menschen gibt, davon aber nur knapp 60 an Dauerkartenbesitzer vergeben sind. "Da gibt es einfach eine soziale Verantwortung der Vereine", sagt Dohm.

Doch stimmt das überhaupt so, wie es der VfB auf seiner Homepage kommuniziert? Auf Nachfrage sagt Holger Boyne, der Leiter der Club Media: "Wir haben 171 Plätze für behinderte Menschen. Damit sind wir führend in der Bundesliga. 17 Tickets davon gehen an den jeweiligen Gastverein. 154 Karten sind als Dauerkarten vergeben."

Ab und an Karten im freien Verkauf

Heißt also: Wer als Rollstuhlfahrer oder sehbinderter Mensch ein Heimspiel des VfB verfolgen möchte, ohne eine Dauerkarte zu erwerben, hat erst einmal Pech.

Ausnahmen gibt es trotzdem, weil immer wieder Gästekarten oder Dauerkarten für ein Spiel kurzfristig zurückgegeben werden. "Diese Tickets gehen dann als Tageskarten in den freien Verkauf", sagt Holger Boyne.

Wie diese dann vergeben werden, erklärt Richard Sillmann. Er ist bei der BBAG für den VfB Stuttgart zuständig: "Wir vergeben die Karten so, dass es am Ende allen Interessenten möglich war, mindestens ein Heimspiel pro Saison zu verfolgen."

Drei Jahre warten auf eine Dauerkarte

Trotzdem kommt es häufiger vor, dass es keine Tageskarten gibt. Und Dauerkarten erst recht nicht. "Ein Herr, der mir seinen Rolli-Platz angeboten hat, meinte, dass er 3 Jahre auf eine Dauerkarte gewartet hat", sagt Johannes Friedrich.

Dem kann Holger Boyne nicht widersprechen. Er sagt nur: "Wir könnten noch 50 bis 100 Karten mehr vergeben. Mehr ist derzeit aber einfach nicht drin."

In der Mercedes-Benz-Arena stößt der VfB schlichtweg an bauliche Grenzen.