Stellt sich am 9. Oktober zur Wahl: Wolfgang Dietrich Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Leonberger Unternehmer Wolfgang Dietrich (67) soll neuer Präsident des VfB Stuttgart werden. Nach Informationen unserer Zeitung sind nur noch Details zu klären. Der frühere Sprecher des Bahnprojekts S 21 gilt als erklärter Wunschkandidat des dreiköpfigen VfB-Aufsichtsrats.

Stuttgart - Er ist Mitglied des VfB Stuttgart, er sitzt regelmäßig auf der Haupttribüne und er ist nicht abgeneigt. Seit diesem Freitag ist klar: Wolfgang Dietrich (67) soll neuer ehrenamtlicher Präsident des Bundesliga-Absteigers werden. Der Leonberger Unternehmer gilt dem Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Martin Schäfer als Idealbesetzung. „Ich bin seit über 40 Jahren Mitglied beim VfB, und der Verein liegt mir schon deshalb sehr am Herzen“, sagte Wolfgang Dietrich am Freitag, „da liegt es ja nahe, dass man sich auch damit befasst, dem Verein zu helfen.“ Gleichzeitig schränkte er ein: „Ich habe mich aber mit dieser Frage noch nicht abschließend beschäftigt.“

Ein Dementi klingt freilich anders. Offenbar sind neben dem Top-Favoriten aus Leonberg noch andere Kandidaten mit im Rennen. Deren Erfolgs-Aussichten dürften aber eher gering sein. Ulrich Kromer, Geschäftsführer der Messe Stuttgart, war schon im Gespräch, als Bernd Wahler im Juli 2013 schließlich zum VfB-Chef gekürt wurde. Nach dem Abstieg trat Wahler von seinem Amt zurück. Seitdem führt der Vorstand um Marketing-Chef Jochen Röttgermann und Finanzboss Stefan Heim die Geschäfte.

Auch Wolfgang Kuhn gilt als Kandidat

Genannt wird als Kandidat weiterhin auch Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn, der aber intern bereits abgelehnt haben soll. Die zeitliche Belastung erscheint ihm zu hoch. Unklar ist, ob der Aufsichtsrat zur Wahl am 9. Oktober zwei Kandidaten vorschlagen will, wie es die Vereinssatzung zulässt. Zuletzt hatte dies Aufsichtsratsmitglied und Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth während der Vorstellung des neuen Sportvorstands Jan Schindelmeiser als „eher unwahrscheinlich“ bezeichnet.

Wolfgang Dietrich hat offenbar klare Vorstellungen darüber, wie er den VfB Stuttgart wieder in der Eliteklasse des Fußballs etablieren will. Den Aufsichtsrat scheinen sie jedenfalls überzeugt zu haben. Seine Erfahrung als Unternehmer in der IT-Branche und sein Netzwerk im Fußball sollen ihm dabei helfen. Der in Stetten im Remstal geborene Betriebswirt, Vater zweiter Söhne, gründete schon als Student im Alter von 22 Jahren ein Unternehmen für Computer-Programmierungen. Danach führte er 22 Jahre lang das Stuttgarter Software- und Systemhaus Strässle, das ein Jahr nach seinem Weggang allerdings Insolvenz anmeldete. Von 1995 an widmete er sich dem Sport-Marketing. Er kaufte TV-Rechte aus der Insolvenz-Masse des insolventen Kirch-Imperiums, unter anderem beim VfB Stuttgart. Der Vertrag mit dem VfB lief 2007 aus. Dietrich gründete erst die Ventric AG, später die Quattrex AG, die sich als Investor auch bei den Kickers engagierte. Die Vereine bekommen Geld für Teile ihrer Fernsehrechte, die ordentlich verzinst zurückgezahlt werden. Der Investor profitiert vor allem dann, wenn der Verein aufsteigt und die TV-Rechte im Wert zulegen.

Wolfgang Dietrich gilt als Kommunikationstalent

Dietrich zog sich aus dem operativen Geschäft seiner Unternehmen zurück, als er 2010 den Posten des S-21-Sprechers übernahm. 2015 gab er die ehrenamtliche Aufgabe bei der Bahn wieder ab. Nach Recherchen unsere Zeitung hat Dietrich geprüft, ob seine geschäftlichen Engagements im Profifußball noch in irgendeiner Weise gegen die Statuten von Deutscher Fußball-Liga (DFL) und Deutschem Fußball-Bund (DFB) verstoßen könnten. Das ist offensichtlich schon seit längerem nicht mehr der Fall.

Wolfgang Dietrich gilt als Kommunikations-Talent, als cleverer Unternehmer und als Kenner der Fußball-Branche. Wegbegleiter beschreiben ihn als Finanz-Genie. Er ist mit den Hoeneß-Brüdern befreundet, Ex-VfB-Torhüter Jens Lehmann und Oliver Bierhoff hören auf seine Ratschläge, er pflegt Kontakte zu vielen Profivereinen, aber auch in die Politik.

Dietrich hat nach Informationen unserer Zeitung auch einen klaren Fahrplan, wie er den VfB Stuttgart wieder nach vorne bringen will. Die Ausgliederung in eine Aktiengesellschaft, wie schon von Bernd Wahler geplant, zählt offenbar weiter dazu. Der Plan ist wohl, dass Wolfgang Dietrich nach der Ausgliederung ehrenamtlicher Präsident des VfB Stuttgart e.V. bleibt und als dessen Vertreter in den Aufsichtsrat wechselt.