Herthas Marvin Plattenhardt (vorne) trifft am Samstag auf den VfB Stuttgart Foto: AFP

In Filderstadt geboren, in Frickenhausen mit dem Kicken angefangen – normalerweise landet man dann bei den Kickers oder beim VfB. Außer, man heißt Marvin Plattenhardt. Der spielt für Stuttgarts Auftaktgegner Hertha BSC.

Stuttgart - Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass deutsche Spieler von Hertha BSC für größere Aufgaben berufen werden. Arne Friedrich war einer, der regelmäßig im Nationalteam ran durfte. Dann kam lange nichts. Und dann kam Marvin Plattenhardt. Weshalb der Saisonstart der 55. Auflage der Bundesliga für den Linksverteidiger ein besonderer wird. An diesem Samstag beginnt Plattenhardt die Saison als Confed-Cup-Sieger. Und: Es geht gegen den VfB Stuttgart. Letztere Tatsache, meint der 25-Jährige, mache die Begegnung aber allenfalls „ein bisschen besonders“.

Immerhin: Marvin Plattenhardt trifft zum Saisonstart auf den Club, dem er eigentlich irgendwann einmal hätte angehören müssen. In Filderstadt-Bonlanden ist der heutige Nationalspieler geboren, beim 1. FC Frickenhausen hat er mit dem Fußballspielen begonnen – und wer in diesen Gefilden Talent nachweist, landet automatisch bei den Kickers oder beim VfB. Außer, man heißt Marvin Plattenhardt.

Der blieb als Knirps einst in Frickenhausen, und auch als es später noch einmal den Kontakt gab, „hat es für mich nicht gepasst“, erinnert er sich. Plattenhardt spielte damals beim SSV Reutlingen, als B-Jugendlicher ging’s ins Jugend-Internat des 1. FC Nürnberg. Wenig später war er Bundesligaspieler und sagt heute: „Mein Weg war sicher nicht der Falsche.“ Aber auch nicht frei von Rückschlägen.

2014 musste der Club runter in Liga zwei. Plattenhardt blieb erstklassig, wechselte in die Hauptstadt, kam unter Trainer Jos Luhukay aber nicht wirklich zum Zug. Doch unter dessen Nachfolger Pal Dardai wurde alles anders. Und Plattenhardt nicht nur Stamm-, sondern in diesem Sommer auch Nationalspieler. „Er hat eine gute Saison gespielt“, lobte Joachim Löw, „er ist 25 Jahre alt und hat eine Perspektive.“ Nach dem Confed-Cup-Spiel gegen Kamerun ergänzte der Bundestrainer: „Er hat eine Alternative geschaffen.“ Auf einer Position, auf der sich die Talente nicht gerade tummeln – gute Außenverteidiger sind selten.

Umso größer ist auch in Berlin Plattenhardts Ansehen. „Ich schätze ihn als Musterprofi“, sagt Coach Dardai und lobt den Werdegang seines Schützlings: „Er hat sich das erarbeitet.“ Und er hat Lust, das Erreichte zu verstetigen.

Bruder Luca spielt in der Oberliga für den SSV Reutlingen

„Der Confed-Cup war ein sensationelles Erlebnis“, sagt Plattenhardt und betont: „Das hat Lust auf mehr gemacht. Mein Ziel ist es, weiter bei der Nationalmannschaft dabei zu sein.“ Zumal die WM 2018 ein erstrebenswertes Ziel darstellt. Was für eine Nominierung notwendig ist, weiß der Außenverteidiger aber auch – weshalb er die Gedanken an die DFB-Auswahl erst einmal nach hinten schiebt. „Um wieder nominiert zu werden, muss ich im Verein meine Leistung bringen“, sagt er, „deshalb liegt der Fokus jetzt ausschließlich auf dem Saisonstart mit der Hertha.“

2. Bundesligaspiele hat Plattenhardt in der vergangenen Saison absolviert, drei Tore erzielt, vier Treffer vorbereitet. Wenn er gefehlt hat, dann wegen Krankheit oder Verletzung. Mit der Hertha gelang zudem die Qualifikation für die Europa League. An seiner Bereitschaft, weiter an sich zu arbeiten, ändert die Liste der Erfolge aber nichts.

Im Urlaub hat er schon die Grundlagen für die neue Saison geschaffen, nach wie vor verfeinert er seine ohnehin gute Schusstechnik in Sonderschichten. „Mein Vater hatte schon einen rechten Hammer, ich habe einen linken“, scherzt der Freistossspezialist. Vater Kurt war einst Torjäger in der Bezirksliga beim TSV Bernhausen, Bruder Luca, 19 Jahre alt und rechter Verteidiger, ist in der Oberliga für den SSV Reutlingen am Ball. Wenn Marvin Plattenhardt am Samstag gegen den VfB Stuttgart antritt, „sitzt die ganze Familie im Stadion“.

Lob für Trainer Pal Dardai

Um zu sehen, wie die Hertha in eine Saison startet, die durch die Teilnahme an der Europa League ganz neue Herausforderungen bietet. „Aufgrund der zusätzlichen Belastung wird es keine einfach Saison“, sagt Plattenhardt, „aber wir freuen uns, dabei zu sein.“ Bauen kann die Hertha auf ein zum Großteil eingespieltes Team. „Jeder weiß, was er zu tun hat“, sagt der Linksverteidiger und lobt auch die Zusammenarbeit mit dem Trainerduo Pal Dardai/Rainer Widmayer: „Die beiden ergänzen sich sehr gut und haben einen engen Draht zu uns Spielern.“ Aus Berliner Sicht steht einem erfolgreichen Saisonstart also nichts im Wege – zumal sich das Team laut Plattenhardt auch von den Vorkommnissen rund um das Pokalspiel bei Hansa Rostock (2:0) nicht groß hat ablenken lassen. Oder doch?

„Der VfB“, schätzt Plattenhardt, „bringt als Aufsteiger sicher eine riesige Euphorie mit.“ Am Ziel der Hertha ändert das aber nichts: „Wir wollen gewinnen.“