Marco Rojas soll zum VfB Stuttgart wechseln. Foto: StN

Um Australiens Fußballer des Jahres, das Sturmtalent Marco Rojas, herrscht Tauziehen: VfB-Sportdirektor Bobic lockt, doch dessen Förderer Wynton Rufer hält ihn für zu grün für die Bundesliga.

Stuttgart - Es ist Mitternacht in Deutschland und Frühstückszeit in Hamilton, als Wynton Rufer im fernen Neuseeland die Kaffeetasse absetzt und zum Handy greift. „Hello“, sagt er auf Englisch und schwenkt gleich auf Deutsch um, als er das Stichwort Stuttgart hört. Stuttgart, der VfB und Marco Rojas, das ist sein Metier. Der VfB ist drauf und dran, den Stürmer des australischen Clubs Melbourne Victory zu verpflichten, Rufer ist sein Ziehvater.

Sein Deutsch mit diesem harten Akzent war schon markant, als Rufer mit Werder Bremen in den Fußball-Olymp stürmte, daran hat sich seither nichts geändert. 1992 gewann er mit dem Club von der Weser den Europapokal der Pokalsieger, im Jahr darauf wurde er deutscher Meister und Torschützenkönig der Champions League, und auch zwei DFB-Pokalsiege (1991 und 1994) schmücken seine Karriere. Der Fußball und die Bundesliga haben ihn nie losgelassen.

Seit Jahren bildet er an seiner Wynton Rufer Soccer School of Excellence in Hamilton Talente aus, Talente wie Marco Rojas (21). Der gebürtige Neuseeländer hat für Melbourne Victory in der gerade beendeten Saison der australischen A-League 15 Tore erzielt und neun Torvorlagen geliefert und steht am Beginn einer womöglich aufregenden Laufbahn. Vergangenen Montag wählten ihn seine Ligakollegen zu Australiens Fußballer des Jahres und ein Expertenteam zum Nachwuchsspieler des Jahres. Rojas ist der erste Profi, der beide Titel im gleichen Jahr erhalten hat, und sein Trainer Ange Postecoglou prophezeit ihm eine große Karriere – in einer der großen Profiligen Europas. „Wir hätten ihn gern behalten“, sagte Postecoglou, „aber wir wollen ihm nicht den Weg nach Europa verbauen.“

Väterlicher Freund und Beschützer

Wahrscheinlich führt ihn dieser Weg demnächst schnurstracks zum VfB. Er sei auf dem Weg zum Medizincheck nach Stuttgart, hieß es am Donnerstag – der VfB dementierte. Was nichts daran ändert, dass der Verein ganz heiß ist auf das Juwel, das ablösefrei ist – nur eine Ausbildungsentschädigung in Höhe von rund 180.000 Dollar (rund 140.000 Euro) müsste der VfB nach Neuseeland überweisen. Dort wurde Rojas groß, wobei groß relativ ist: Rojas misst 1,68 Meter und ist auch sonst ein schmächtiges Bürschchen – womit Rufer wieder ins Spiel kommt.

Nach der Ausbildung in dessen Fußballschule in Hamilton hatte Rojas 2009, mit 17 Jahren, sein A-League-Debüt bei Wellington Phoenix in Neuseeland gefeiert. Seither fühlt Rufer sich für ihn verantwortlich, als väterlicher Freund und Beschützer, als womöglich überbesorgter Beschützer. Denn als er kürzlich mit Fredi Bobic telefonierte, riet er dem VfB-Manager zu etwas, was er im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten wiederholte: „Marco ist noch nicht reif für die Bundesliga. Die Härte dort ist zu viel für ihn. Es wäre besser, wenn er noch ein Jahr in Melbourne bleiben würde.“ Die Ligen der Schweiz, der Niederlande oder Belgiens kämen für Rojas auch infrage, findet der Ex-Profi, der zur Jahrtausendwende zu Ozeaniens Fußballer des Jahrhunderts gewählt wurde. Bobic riet er, Rojas zu kaufen und umgehend für eine Saison an Melbourne Victory auszuleihen. Rojas sei „klein und dribbelstark wie Marko Marin“, aber „von der Mentalität her noch nicht richtig erwachsen“, sagt Rufer über den Stürmer, der vor Jahren schon bei Borussia Mönchengladbach, Hannover 96 und Werder Bremen im Probetraining war.

Darauf geht Bobic nicht ein. Er will Rojas sofort – und der ist Feuer und Flamme. „Jeder Fußballer träumt davon, in Europa zu spielen. Für mich wird dieser Traum bald wahr, deshalb bin ich überglücklich“, sagt er – glücklicher jedenfalls als Wynton Rufer, der selbst weiß, wie steinig der Weg in den Fußball-Olymp ist. Sein Weg in Europa begann 1982 nicht in Deutschland, sondern beim FC Zürich. Kein Wunder, dass er von der Schweizer Liga so überzeugt ist.