Huub Stevens meint, dass es schwer wird, Daniel Didavi zu ersetzen. Foto: Pressefoto Baumann

Der frühere VfB-Trainer Huub Stevens spricht über die Stuttgarter Aussichten im Kampf gegen den Abstieg und über Motivationshilfen.

Stuttgart -

Herr Stevens, nachdem Sie vor einigen Wochen wegen Herzrhythmusstörungen als Trainer in Hoffenheim zurückgetreten sind, lautet die wichtigste Frage: Wie geht es Ihnen heute?
Danke, es ist alles in Ordnung. Ich fühle mich gut und habe mich erholt.
Dann könnten Sie ja bald wieder einen Verein übernehmen.
Den Trainer Stevens wird es nicht mehr geben. Das habe ich damals bei meinem Abschied in Hoffenheim gesagt – und dabei bleibt es jetzt auch. Ich habe das ja nicht aus Jux und Tollerei so entschieden. Das Risiko ist einfach zu hoch.
Das werden viele bedauern, weil der Bundesliga mit Ihnen ein echter Typ verloren geht.
Den einen wird es leidtun, andere werden froh sein. So ist es eben. Aber darauf kann ich sowieso keine Rücksicht nehmen. Ich muss schauen, was für mich das Beste ist.
Ihr Herz lässt es aber zu, dass Sie die letzten drei Spieltage im Fernsehen anschauen?
Ja, das ist kein Problem – das halte ich gerade noch aus (lacht).
Mit besonderem Interesse dürften Sie den VfB verfolgen, den Sie zweimal nacheinander vor dem Abstieg gerettet haben. Auch dieses Mal muss der Club wieder um den Klassenverbleib kämpfen. Gibt es erneut ein Happy End?
Dazu kann ich nur sagen, dass die Qualitäten vorhanden sind, um da unten rauszukommen und das Ziel zu erreichen.
Welche Qualitäten meinen Sie?
Dass die Mannschaft auch als Mannschaft auftreten kann, hat sie ja schon öfter gezeigt. Darauf kommt es auch jetzt wieder an, dass alle zusammenrücken. Die Offensivabteilung schafft es genauso wenig alleine wie die Abwehr oder der Torwart. Das muss jedem klar sein, da muss ein Rad ins andere greifen.
Vor einem Jahr hat das im Saisonfinale prima funktioniert.
Die aktuelle Situation ist damit aber nicht zu vergleichen. Es ist anders. Wo standen wir in der vergangenen Saison vor den letzten drei Spielen – und wo steht der VfB gerade?
Damals lag das Team auf dem letzten Tabellenplatz – heute ist es Rang 15.
Exakt, vor einem Jahr konnten wir das Feld von hinten aufrollen. Wir hatten nichts mehr zu verlieren und haben uns hochgearbeitet. Jetzt ist die Mannschaft dagegen plötzlich wieder hinten reingerutscht. Das ist vom Kopf her viel schwieriger, weil die Stimmung so ist, dass man etwas zu verlieren hat.
Wo sehen Sie die Gründe dafür, dass der VfB wieder so in der Bredouille steckt?
Für mich ist das schwer zu sagen. Das müssen die Leute beurteilen, die jetzt für den Club tätig sind. Ich habe zwar noch regelmäßig Kontakt zu einigen Spielern und auch zu anderen Verantwortlichen, aber ich stehe in Stuttgart nicht mehr auf dem Platz und bin von daher weit weg vom Geschehen.
Aber dass die nötige Qualität für den Klassenverbleib da ist, wissen Sie dennoch?
So weit weg bin ich dann auch wieder nicht. Außerdem kenne ich die meisten Spieler noch vom letzten Jahr und kann einschätzen, was sie zu leisten imstande sind.
Das Team hat von Mittwoch bis Freitag ein Kurztrainingslager auf Mallorca absolviert, wo Sie eine Finca haben. Von dort aus sind Sie ausgerechnet auch am Mittwoch in Ihre Heimatstadt nach Eindhoven geflogen. Wollten Sie dem VfB aus dem Weg gehen?
Nein, nein, das war reiner Zufall und von langer Hand geplant. In ein paar Tagen gehe ich zurück auf die Insel.
Wie ist gerade das Wetter auf Mallorca?
Gut, es hat angenehme 20 Grad.
Am Montag in Bremen dürfte es unangenehmer sein. War es für Sie trotzdem sinnvoll, dass sich der VfB auf Mallorca vorbereitet hat?
Das weiß ich nicht, weil man das erst nach der Partie in Bremen sagen kann. Aber es war auf jeden Fall gut, dass der VfB überhaupt etwas getan und einen neuen Reiz gesetzt hat. Wenn man in dieser Lage nichts unternommen hätte – puh. So kann das nun schon für frische Impulse sorgen.
Das haben Sie vor einem Jahr auch gemacht, indem Sie die Spieler im Training als Affen bezeichneten. Anschließend wurden die beiden letzten Saisonspiele gewonnen – Glückwunsch noch mal zu den Affen!
Diese Nummer war von mir aber nicht geplant und geschah aus dem Bauch und aus der Situation heraus. Vielleicht habe ich die Jungs dadurch jedoch tatsächlich wachgerüttelt, vielleicht wurden so die letzten Prozentpunkte an Leistung herausgekitzelt, die ausschlaggebend gewesen sind.
Sollte Jürgen Kramny jetzt zu ähnlichen Worten wie Sie mit den Affen greifen?
Ich habe das damals ganz auf meine Weise gemacht. Jürgen macht es auf seine Weise und mit dem Camp auf Mallorca. So hat jeder Trainer eben seine eigenen Ansätze, Ideen und Methoden. Das Wichtigste ist dabei immer, dass man authentisch und bei seiner Linie bleibt. Sonst wird man unglaubwürdig.
Vergleichen Sie mal die Ausgangspositionen von Bremen und dem VfB.
Ich denke, dass man sich den Saisonverlauf bei Werder auch anders vorgestellt hat. Sie sind dort wie der VfB unerwartet hinten reingerutscht. Da müssen beide jetzt wieder rauskommen – und das ist eine Frage der Mentalität. Die VfB-Spieler, mit denen ich zusammengearbeitet habe, haben eine gute Mentalität.
Wenn der VfB den Klassenverbleib schafft – was muss dann passieren, damit die Mannschaft in der nächsten Saison nicht erneut in solche Schwierigkeiten gerät?
Das ist eine Frage, die das Management beantworten muss. Der Ball liegt bei Robin Dutt. Da ist er gefordert, das ist klar. Aber er hat es nicht leicht, wenn gute Spieler wie Daniel Didavi den Verein verlassen – und wie man hört, wird er nicht der Einzige sein. Diese Leute müssen ersetzt werden.
So viele gute Spieler, die auch noch finanzierbar sein müssen, sind aber vermutlich gar nicht auf dem Markt?
Stimmt. Damit hat jedoch jeder Club zu kämpfen – außer dem FC Bayern.