Neu-Kölner: Anthony Modeste (li.) und Leonardo Bittencourt Foto: Getty

Erst Skandalclub, dann die Nullnummer der Liga – nun plant der 1. FC Köln den nächsten Entwicklungsschritt. Die Rahmenbedingungen dafür sind vor dem Duell mit dem VfB erstaunlich gut.

Köln - Das passiert ja auch nicht alle Tage beim 1. FC Köln: In der Woche vor dem Start der Fußball-Bundesliga hat der Club die beiden aussichtsreichsten Kandidaten für die nahende Oberbürgermeister-Wahl eingeladen, um über die Zukunft des Rheinenergie-Stadions zu diskutieren. Die Zeit und Muße hat der Traditionsverein dafür, Unruhe ist beim Effzeh derzeit nämlich ungefähr so wahrscheinlich wie ein Tag ohne die „Tagesschau“.

Ein Rucksack mit den Gehaltslisten der Spieler? Der wird jetzt eben in Hamburg gefunden. Vor nicht allzu langer Zeit wäre so etwas durchaus auch in Köln denkbar gewesen. Und heute? Still ruht der See. Ja, man könnte sagen, der Verein hat – fast unbemerkt – seine DNA verändert: Weg vom Skandalclub, hin zum seriösen Erstligisten kurz vor der Verbeamtung.

Das lässt sich schon anhand der Aussagen der Verantwortlichen belegen. „Ich glaube, dass wir eine gute Rolle spielen können, also wieder in der Liga bleiben können“, sagt Trainer Peter Stöger. Und Geschäftsführer Jörg Schmadtke sagt über das Saisonziel: „Wir werden Platz 14 ausrufen – und den werden wir attackieren bis zur letzten Patrone.“ Ganz ernst gemeint ist das selbstverständlich nicht nach zuletzt Platz zwölf, aber zwischen den Zeilen schwingt durch: Wer träumen will, sollte das nachts tun.

Jung und entwicklungsfähig ist das Motto

Der Club möchte sich etablieren in der Liga – Schritt für Schritt. Und dafür setzt der Verein auf junge Akteure wie den U-21-Nationalspieler Leonardo Bittencourt. Altinternationale wie einst der Portugiese Maniche, die sich in Köln ihren fußballerischen Vorruhestand entlohnen lassen und Journalisten beim Aussteigen aus dem Lamborghini den Mittelfinger zeigen? Weit und breit nicht zu sehen. Jung und entwicklungsfähig ist das Motto, dann darf es auch gerne ein paar Euro kosten. Denn bei aller Bescheidenheit: Insgesamt hat Schmadtke rund 13 Millionen Euro ausgegeben, um den Kader aufzuhübschen – beispielsweise durch Stürmer Anthony Modeste (Hoffenheim) und Mittelfeldmann Milos Jojic (Dortmund).

Stöger sagt: „Wir sind zufrieden, richtig zufrieden damit, wie wir aufgestellt sind, denn wir haben eine richtig gute Mannschaft.“ Und dann schiebt er einen Satz nach, der vermuten lässt, dass der Club sich einiges vorgenommen hat: „Daran wollen wir uns in dieser Saison auch messen lassen.“

Der Unterhaltungsfaktor stieg

Neunmal haben die Kölner in der vergangenen Saison 0:0 gespielt, ein neuer Rekord. In der Stadt sagten einige Fans vor FC-Spielen schon mal: „Ach, das geht doch eh 0:0 aus.“ Doch im Laufe der Rückrunde änderte sich das vor allem zu Hause, die Mannschaft agierte kreativer, zielstrebiger, kurz: Der Unterhaltungsfaktor stieg. So soll es weitergehen. Dafür dürfte allein schon der Qualitätsschub durch die Neuzugänge sorgen. Stöger sagt dazu: „Es ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen. Wir Trainer nehmen positiv zur Kenntnis, dass alle noch ein bisschen konzentrierter zur Sache gehen.“

Seine Pokalaufgabe hat der FC in der Vorwoche souverän mit 4:0 beim Viertligisten Meppen erledigt. Die Gefahr einer Blamage war dabei grob geschätzt so hoch wie der aktuelle Wasserstand des Rheins: ziemlich niedrig. Da präsentiert sich die Aufgabe an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Sky) in Stuttgart anspruchsvoller. Doch das 4:2 des VfB gegen Manchester City entlockt etwa Bittencourt nur die Aussage: „Wir haben auch Valencia und Stoke City geschlagen.“ Peter Stöger sagt: „Stuttgart hat einen neuen Trainer und eine neue Spielidee, eine schwere Aufgabe für uns.“ Dann fügt er noch an: „Aber es gibt sicher auch leichtere Aufgaben für den VfB als uns zum Gegner zu haben.“