Auf seiner fußballerischen Europareise macht Oriol Romeu derzeit Station beim VfB Stuttgart Foto: Bongarts

Heute hier, morgen dort: Wie es Oriol Romeu vom FC Chelsea zum VfB Stuttgart verschlagen hat, wo alles ein wenig anders ist als beim Millionärsclub in London oder beim FC Barcelona.

Stuttgart - Der Herbst ist über Deutschland hereingebrochen, doch Oriol Romeu ficht das nicht an. Der 23-Jährige erscheint in kurzer Hose, T-Shirt und Badeschlappen zum Gespräch. Ob ihm nicht kalt sei? „Kalt?“, antwortet er und zieht die Augenbrauen irritiert nach oben. „Kein bisschen.“ Der Bursche ist Insel-gestählt. Vor seiner Zeit beim VfB Stuttgart kickte der Spanier für den FC Chelsea; die Briten mögen es, wenn sich jemand anpasst.

Gut, so ganz stimmt das mit dem Kicken beim FC Chelsea nicht. Romeu war beim Club aus London beschäftigt und blickte am Monatsende auf ein Pfund-Zeichen im Gehaltszettel. Seiner eigentlichen Arbeit ging er zuletzt beim FC Valencia nach. Dorthin war Romeu von Chelsea ausgeliehen. Nach einem Jahr ging es zurück an die Stamford Bridge – und von dort gleich weiter nach Stuttgart zum VfB.

Gut, aber nicht gut genug für einen Titelaspiranten in der Champions League, urteilte Trainer José Mourinho und ordnete das nächste Ausleihgeschäft an. „So ist das eben im Fußball“, sagt Romeu und zuckt mit den Schultern. Was so viel heißen soll wie: Jetzt bin ich halt hier. Viel hätte nicht gefehlt, und er säße jetzt nicht in Deutschland, sondern in Italien. Wenn der SSC Neapel sich nur einen Tick früher für ihn interessiert hätte. Doch dann war die Entscheidung für Stuttgart schon gefallen – bei den Clubverantwortlichen des FC Chelsea wohlgemerkt.

„Mourinho wollte, dass ich in die Bundesliga gehe. Er hat gemeint, Stuttgart sei ein toller Verein“, erzählt der junge Mann aus Katalonien. Also nahm er den Flieger nach Schwaben statt nach Süditalien. Und hat den Schritt nicht bereut – trotz der bescheidenen sportlichen Situation. Vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr/Sky) stehen die Roten nur auf Platz 15.

Mourinho hat ihm den VfB als „tollen Verein“ empfohlen

„Mir gefällt es sehr gut hier“, sagt Romeu, und es klingt, als meine er es ernst. Mit Freundin Sofia und Hund Cleo lebt er an der Stuttgarter Karlshöhe. „Sehr nett“ sei er hier aufgenommen worden, und dieser erste Eindruck hat sich inzwischen verfestigt. „Es ist alles so familiär hier, ich mag das.“

Also alles ein wenig anders als beim Millionärsclub in London oder als beim FC Barcelona, wo er seine Ausbildung genossen hat. Von einer fußballerischen Rückentwicklung auf dem Cannstatter Wasen will Romeu aber nicht sprechen. Natürlich sei er nicht hierhergekommen, um gegen den Abstieg zu spielen. Aber das werde auch kein Dauerzustand sein, versichert Romeu, den sie aufgrund seines robusten Spielstils in Spanien Bulldozer nannten. „Wir sind ein gutes Team, das werden wir auch noch zeigen.“

Mit seiner Ballsicherheit, Aggressivität und Übersicht hat sich der defensive Mittelfeldspieler, dessen Marktwert sich von zwischenzeitlich geschätzten 9,5 auf 4,5 Millionen Euro verringert hat, bei Trainer Armin Veh unersetzlich gemacht. Der Coach sieht in dem immer etwas finster dreinblickenden Mittelfeldspieler „einen Strategen, der richtig gut kicken kann“. Ginge es nach ihm, könnte der frühere spanische Jugendnationalspieler den VfB noch viel länger verstärken als nur das angepeilte eine Jahr.

Doch nach der Saison geht die Europareise des Oriol Romeu weiter. Wohin es ihn dann verschlägt? „Keine Ahnung“ sagt er. Zurück nach London (wenn Mourinho das will)? Oder zurück in die Heimat? Oder vielleicht doch eine weitere Spielzeit am Neckar? Letzterem wäre Romeo nicht abgeneigt, wenn er sagt: „Ich würde niemals Nein zu einem Verbleib in Stuttgart sagen.“ Gleichwohl ist er erfahren genug, um zu wissen, dass er als Spieler zwar immer das letzte Wort hat, es „aber viele Interessen zu berücksichtigen gilt“. Er bezeichnet sein Fußballerleben nüchtern als „permanent movement life“, frei übersetzt Nomadenleben. Bei seinem nächsten Club dürfen sie jedenfalls schon gespannt sein, welche Angewohnheit er aus Deutschland mitbringen wird.