Keine Zeit verlieren, auf zum nächsten Versuch: Daniel Didavi und der VfB wollen gegen den HSV gewinnen Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart hat zum Auftakt der Fußball-Bundesliga begeistert – und war am Ende dennoch ernüchtert. Das 1:3 gegen den 1. FC Köln tat richtig weh und offenbarte einige Schwachstellen der Roten. Klar ist trotz der Niederlage aber auch: Es gab viel Positives zu sehen – ein Überblick.

Stuttgart - Wer am Sonntagabend nacheinander die Spieler des VfB Stuttgart reden hörte, kam sich vor, als habe jemand die Wiederholungstaste gedrückt. Der Tenor: Gut gespielt, nicht gewonnen. Und weil im Fußball nach wie vor keine B-Note vergeben wird, sondern das Ergebnis die Laune bestimmt, regierte zunächst der Frust. 1:3 gegen Köln – rein nach den Zahlen ging der Start in die Hose, man kann die Analyse aber auch breiter anlegen. Ein Überblick:

Das war gut:

Das neue System:Alexander Zorniger strebte nach dem 1:3 den Perspektivwechsel an. „Mir geht es nicht darum, warum wir verloren haben“, sagte der Trainer des VfB Stuttgart, „mir geht es darum, warum wir nicht gewonnen haben.“ So oder so gilt: Am neuen System lag es nicht. Das hatten Zornigers Schützlinge bereits erstaunlich gut intus, durch das frühe Pressing fehlten den Kölnern meist Raum und Zeit, um ihr Spiel ordentlich aufzuziehen. Zwar fehlte ab und an die letzte Überzeugung, doch der VfB provozierte Fehler – und war oft blitzschnell vor dem FC-Tor und erspielte sich zahlreiche gute Möglichkeiten. Gefährliche Konter der Kölner unterband der VfB fast immer. „Wir haben gesehen, dass unser System greift“, sagte Abwehrspieler Timo Baumgartl. Sportvorstand Robin Dutt ergänzte: „Wir sind lange zeit bärenstark gestanden. Die Art und Weise, wie wir spielen, funktioniert. Das war schon ein Statement.“

Die Psyche der Spieler: Wer die vergangenen Jahre beim VfB erlebt hat weiß: Selbstverständlich war die Überzeugung, mit der das Team die neue Marschroute verfolgt hat, nicht. Trainer Zorniger aber scheint es geschafft zu haben, seine Schützlinge für den neuen Weg zu begeistern und keine Zweifel zuzulassen. Der Mut der VfB-Profis wurde gegen den 1. FC Köln zwar noch nicht belohnt, der Coach versuchte dennoch gleich nach der Partie, den Glauben an die neue Philosophie weiter zu stärken: „Die Jungs haben ihr Herz auf den Platz gelegt. Ich habe der Mannschaft gesagt: So spielen wir das ganze Jahr Fußball. Das gute und hohe Nach-vorne-Verteidigen ziehen wir durch.“ Schnelle Erfolgserlebnisse würden den Glauben weiter stärken.

Die Euphorie der Fans: Die Anhänger des VfB haben die Euphorie aus der Schlussphase der vergangenen Saison in die neue mitgenommen – und noch verstärkt. Die Stimmung in der fast ausverkauften Arena war prächtig, der neue mutige Stil begeistert die Zuschauer, die Niederlage zum Start wurde verziehen, da die Hoffnung an eine gute Saison überwiegt.

Das muss noch besser werden:

Die Chancenverwertung: „Zehn Chancen, ein Tor – das ist im Endeffekt zu wenig.“ Timo Baumgartl hatte gut reden, der Mann ist als Abwehrspieler eher fürs Toreverhindern zuständig. Die mangelhafte Chancenverwertung in der Partie gegen die Kölner war aber auch anderen aufgefallen. „Wir hätten die Torchancen einfach nutzen müssen“, sagte Trainer Alexander Zorniger. Von 28 Torschüssen landete nur der Strafstoß von Daniel Didavi im Netz, nicht immer war nur fehlendes Glück der Grund der Fehlschüsse. Zorniger ist dennoch sicher: „Die Qualität, Tore zu schießen, ist grundsätzlich da.“ Und Timo Baumgartl gab die Marschroute für das kommende Auswärtsspiel beim Hamburger SV (Samstag, 18.30 Uhr) aus: „Da versuchen wir, die Tore zu machen und keine zu bekommen.“

Der Übereifer: Der neue VfB ist aktiv, mutig, schnell, aggressiv – und auch wild. Das macht in der Offensive unberechenbar, in der Defensive kann das auch mal für Unordnung sorgen. Vor allem dann, wenn das Maß noch nicht vollends stimmt. Am Sonntag war der Wunsch, nach dem 0:1 sofort wieder nach vorn zu stürmen, zu groß, das Team agierte für einen Moment kopflos, so entstand eine Fehlerkette, die im vorentscheidenden 0:2 mündete. „Nach dem 0:1 haben wir zu blauäugig nach vorne gespielt“, ärgerte sich Trainer Zorniger. Womöglich war auch die ungestüme Attacke von Torhüter Przemyslaw Tyton, die zum Elfmeter führte, von ein wenig Übereifer geprägt.

Die Standardsituationen: 13 Eckbälle hatte der VfB während der Partie gegen den 1. FC Köln, dazu kamen einige Freistöße – rausgekommen ist bis auf eine gute Kopfballchance von Adam Hlousek so gut wie nichts. Die Roten drückten auch bei der Ausführung der Standards aufs Tempo, womöglich litten darunter die Genauigkeit und Qualität.