Martin Harnik kniet auf dem Boden – der VfB-Angreifer will aufstehen und den Weg aus der Krise finden. „Ich weiß, dass ich es kann“, sagt der Österreicher. Foto: Pressefoto Baumann

Wenn man so will, ist Martin Harnik der Mann der zwei Gesichter beim VfB. Entweder es läuft überragend für den Außenangreifer – oder er durchlebt eine Krise. Zurzeit befindet sich der Österreicher mal wieder im Sinkflug. Woran sein Formtief liegt, weiß er nicht.

Wenn man so will, ist Martin Harnik der Mann der zwei Gesichter beim VfB. Entweder es läuft überragend für den Außenangreifer – oder er durchlebt eine Krise. Zurzeit befindet sich der Österreicher mal wieder im Sinkflug. Woran sein Formtief liegt, weiß er nicht.

Stuttgart - Es ist noch nicht so lange her, da sprühte Martin Harnik vor Optimismus. „Ich bin mit meinen 25 Jahren im besten Fußballeralter“, sagte der VfB-Stürmer damals, in der Sommer-Vorbereitung 2012: „Ich bin noch hungriger als vor einem Jahr. Ich will meine Leistung toppen – und an meinem Torabschluss muss ich auch arbeiten.“ Zuvor hatte Harnik 17 Saisontore erzielt. Eine tolle Quote, die aber irgendwie erst der Anfang sein sollte . „Wenn ich aus der nächsten Saison mit zehn Toren rausgehe und immer gut gespielt habe, kann ich damit sehr gut leben“, sagte Harnik im Juni 2012. Und: „Ich will die Schwankungen unbedingt aus meinem Spiel bekommen.“

Nun, knapp eineinhalb Jahre später, ist klar: Harnik hat sein Ziel nicht erreicht. Nach wie vor spielt er nicht auf konstant hohem Niveau – und mittlerweile ist er sogar seinen Stammplatz beim VfB los. Auf und nieder, immer wieder: Harnik kämpft zum wiederholten Mal gegen die Krise.

Aber woran liegt es, dass der österreichische Nationalspieler immer wieder Wellentäler durchlebt? Dass er manchmal knipst wie am Fließband, obendrein viele Tore vorbereitet – und in anderen Phasen den Ball überall hinbefördert, nur nicht ins Tor oder zum Mitspieler?

Harnik macht sich nicht mehr verrückt

„Es lief schon mal besser“, sagt Harnik vor dem Derby beim SC Freiburg an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Sky) mit einem gequälten Grinsen. Diesen Satz sagte er schon oft, seitdem er 2010 von Fortuna Düsseldorf nach Stuttgart gewechselt war – doch dieses Mal ist eines anders: Harnik weiß nicht mehr, woran es liegt. Denn früher, da hatte der Österreicher eine einfache Erklärung für seine Formschwankungen. Harnik ließ sich schon nach einem schwachen Spiel komplett runterziehen, machte sich zu viele negative Gedanken, was die Sache in den nächsten Wochen nur noch schlimmer machte.

Heute sagt er, dass er gereift sei: „Es ist nicht das erste Tief, das ich mitmache“, sagt der Stürmer: „Ich habe meine Lehren aus der Vergangenheit gezogen.“ Mittlerweile mache er sich in solchen Phasen nicht mehr so verrückt wie früher. Stattdessen quält ihn eine andere Frage: „Ich würde schon gerne wissen, woran es zurzeit liegt.“

Martin Harnik ist ratlos in der Krise.

Sportvorstand Fredi Bobic sagt, dass Harnik vor dem Tor momentan die falschen Entscheidungen treffe: „Schlimm wäre es, wenn er sich keine Chancen erarbeiten würde, er geht die richtigen Wege, ist drin im Spiel.“ Doch über diese Ansicht lässt sich trefflich streiten – denn irgendwie taucht Harnik zwar immer noch recht häufig vor dem gegnerischen Tor auf, von seiner enormen Präsenz und dem Gespür für die Lücken, die er insbesondere im überragenden ersten Halbjahr 2012 zeigte, ist er aber weit weg. Von seiner Treffsicherheit ganz zu schweigen.

Häufig auf der Ersatzbank

Stattdessen wirkt sein Auftreten fahrig und manchmal unsicher, was wiederum mit dem neuen, offensiven System von Trainer Thomas Schneider zu tun haben könnte. Denn unter dem neuen Coach gehört der dominante, gepflegte Spielaufbau zu den obersten Geboten. Zudem soll die Mannschaft den Gegner möglichst früh stören.

Früher dagegen zog sich der VfB oft weiter zurück, um dann nach Ballgewinnen schnell in die Räume zu stoßen – eine Ausrichtung, die wie gemacht schien für den sprint- und konterstarken Außenangreifer Martin Harnik. Doch Gedanken, dass er am neuen System leide, weil er weniger Räume auf dem Platz habe, wischt er schnell beiseite. „Das ist doch Quatsch“, sagt Harnik: „Nehmen wir die tolle Rückrunde 2012, als es super lief. Da haben wir den Gegner doch auch schon früh in dessen Hälfte attackiert – und ich habe davon profitiert, weil ich dann nach ein oder zwei schnellen Pässen oft schon allein vor dem Torhüter gestanden bin.“

In diesen Tagen steht Harnik nicht mehr so oft. Stattdessen sitzt er häufig, und zwar auf der Ersatzbank. Doch wenn es für die Formkrise offenbar keinen Grund gibt, drängt sich die Frage auf, ob es sich bei Harnik überhaupt um eine Krise handelt. Oder ob der Österreicher in der Rückrunde der Spielzeit 2011/12 über seine Verhältnisse lebte und nun wieder sein wahres Leistungsvermögen abruft.

Solche Ansichten gibt es im Umfeld des VfB, doch Harnik ist überzeugt von sich und seinen Fähigkeiten. „Ich weiß, dass ich es kann“, sagt er im Brustton der Überzeugung: „Ich bin nicht der einzige Spieler in der Bundesliga, dem es nicht dauerhaft gelingt, Konstanz in seine Leistungen zu bringen. Ich arbeite im Training hart an Kleinigkeiten, aber das mache ich auch , wenn es gut läuft“, sagt Harnik. Wichtig sei es, die Automatismen wie den Torabschluss zu verfeinern, ergänzt der Angreifer: „Alles, was ich jetzt brauche, ist ein Erfolgserlebnis.“

Damit es wieder aufwärtsgeht. Und das am besten dauerhaft.