Im Gespräch um das Amt des VfB-Präsidenten sind unter anderem der ehemalige VfB-Manager Dieter Hoeneß (1990-1995, links) und der Ex-VfB-Spieler Hermann Ohlicher (1973-1985). Foto: dpa/Pressefoto Baumann/Fotomontage: SIR

Am Ende reichte dem Aufsichtsrat eine Telefonkonferenz: alle Daumen gingen nach unten. Präsident Gerd Mäuser geht als Kurzgeschichte in die VfB-Annalen ein. Jetzt muss sich der Fußball-Bundesligist neu positionieren - und das ist schwierig genug.

Stuttgart - Am Ende geriet die Regie durcheinander. Ein Mitglied des VfB-Aufsichtsrats rechnete bis Mittwoch früh noch mit einer Sondersitzung. Stattdessen gab es nur ein Telefonat mit Dieter Hundt. „Einverstanden?“, fragte der Chef des Kontrollgremiums. „Einverstanden!“, sagte sein Gegenüber. Die sechs Aufsichtsratsmitglieder Hundt, Joachim Schmidt, Rudolf Zipf, Ralf Klöpfer, Hansi Müller und Eduardo Garcia waren sich einig: Trennung! Im Einvernehmen, wie der Club mitteilte. Über eine mögliche Abfindung wurde Stillschweigen vereinbart. Mäuser Vertrag läuft bis 2015. Im Gespräch sind 300.000 Euro.

Der Rücktritt: Am späten Vormittag berief Mäuser eine erweiterte Vorstandssitzung auf der Geschäftsstelle ein: „Meine Herren, das war’s!“ Das Bedauern soll keine Höchstmarken erreicht haben. Damit war offiziell, was unsere Zeitung seit Tagen berichtete: Der VfB Stuttgart nimmt nach eineinhalb Jahren einen Präsidenten aus dem Spiel, der als das vielleicht größte Missverständnis in die bisherige Vereinsgeschichte eingehen wird. Gerd Mäuser (55) wird am 3. Juni seinen Schreibtisch räumen. Zwei Tage nach dem Pokalendspiel in Berlin.

Noch am Nachmittag versandte er an die rund 120 VfB-Mitarbeiter eine persönliche Erklärung, die auch an die Medien gefaxt wurde. Darin weist Mäuser alle Vorwürfe gegen ihn zurück. Nichtsdestotrotz wolle er den Weg für einen unbelasteten Neubeginn frei machen. „Ich hoffe, dass durch diesen Schritt die Situation deeskaliert“, sagte Dieter Hundt.

Das neue Führungsteam: Sportdirektor Fredi Bobic erfuhr von seiner Beförderung in einem Telefonat mit Dieter Hundt: Er rückt neben Finanzvorstand Ulrich Ruf in den Vorstand auf, damit der Club mit mindestens zwei Vorstandsmitgliedern geschäftsfähig bleibt. „Es ist ein Vertrauensbeweis“, sagt der Manager, „aber an meiner Arbeit wird sich nichts ändern.“ Wie von der Satzung vorgeschrieben, wird sieben Wochen später am 22. Juli die Mitgliederversammlung den neuen Präsidenten wählen. Spannende Zeiten. Der Aufsichtsrat: Die Führungskrise um den ehemaligen Porsche-Manager ist beendet. Die Kritik am Aufsichtsratsvorsitzenden Dieter Hundt reißt aber nicht ab. Seine Amtszeit endet 2014, Ex-Präsident Erwin Staudt steht mit einem neuen Aufsichtsratsteam schon in den Startlöchern. Nach wie vor droht Hundt bei der Mitgliederversammlung am 22. Juli die Abwahl. Und mit ihm dem kompletten Gremium.

Ob sich der Arbeitgeberpräsident die Blamage ersparen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, wie schnell sich der Verein nach dem Neustart sortiert. „Wir haben fähige Leute in allen Bereichen“, sagt Bobic, „die schon gezeigt haben, dass sie es können, und die Ideen haben, die uns nach vorne bringen.“

Die sportliche Situation: Erwartet wird von ihm eine sportliche Neupositionierung. Der Stuttgarter Weg und die Jungen Wilden sind nur mehr Floskeln. Klarheit wird von Bobic auch im Hinblick auf das Trainergespann Bruno Labbadia/Eddy Sözer erwartet. Eine klare Handschrift ist im VfB-Spiel seit längerem nicht mehr zu erkennen, die sportliche Perspektive des Teams lässt Fans und Experten ratlos zurück. Etliche Spieler stagnieren in ihrer Leistung oder haben sich zurückentwickelt. Auch der Schnittstelle zwischen der U 23 und dem Profikader könnte eine kritische Überprüfung nicht schaden. A-Jugend-Trainer Marc Kienle wechselte auch deshalb zum FC Bayern München, weil er es als demotivierend empfand, dass seinen Spielern keinerlei Perspektiven im Profilager aufgezeigt wurden.

Die Perspektiven: Kein Geheimnis ist, dass die neue Mannschaft um Sportchef Bobic gern einen ehemaligen Fußballer auf den Präsidentensessel hieven will. Hermann Ohlicher, Mitglied der Meistermannschaft 1984, ziert sich ein wenig, wäre angeblich aber bereit, wenn er sich in erster Linie um repräsentative Aufgaben zu kümmern hätte. Unklar ist, ob in diesem Fall ein geschäftsführender Vizepräsident an seiner Seite stünde. Ein ähnliches Modell bevorzugt Borussia Dortmund – mit Präsident Reinhard Rauball, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc.

Aus der Tiefe des Raumes taucht auch der Name von Dieter Hoeneß wieder auf. Der ehemalige VfB-Profi und Manager hatte zwar schon vor Wochenfrist im Gespräch mit unserer Zeitung signalisiert, dass er zwar mit Rücksicht auf seine Familie seinen Lebensmittelpunkt nicht von München nach Stuttgart verlagern möchte, inzwischen ist aber klar, dass es daran nicht scheitern müsste. Hoeneß verfügt über gute Kontakte in die Welt der Sponsoren und Investoren, er kennt durch seine Beratungsagentur den Spielermarkt aus dem Effeff, und er braucht für die Wege auf dem VfB-Vereinsgelände keinen Navi. Mit ihm könnte auch Jens Lehmann zum VfB zurückkehren. Als Trainer.