Hannes Wolf wird beim VfB sicher nicht langweilig werden Foto: Baumann

Die Arbeit für den neuen Trainer des VfB Stuttgart fängt hinten an und hört vorne nicht auf: Welche Baustellen Hannes Wolf nach dem 1:1 beim VfL Bochum als Erstes abarbeiten muss.

Stuttgart - Hannes Wolf atmetet tief durch, ballte die Faust und klatschte seine Spieler ab. Der neue VfB-Trainer wusste: Das 1:1 bei seinem Einstand in Bochum war ein gewonnener, da glücklicher Punkt. Bei allem Lob, das er für seine Mannschaft übrig hatte, waren ihm auch die zahlreichen Schwachstellen nicht entgangen. Langweilig wird es Wolf sicher nicht werden. Angefangen im Spiel nach vorne: Neun Tore in sieben Spielen sind keine gute Quote für einen erklärten Aufstiegsaspiranten. Anders als zu Beginn der vergangenen Saison, als der VfB Stuttgart trotz Chancen im Minutentakt das Tor nicht traf, liegt der Fehler aktuell im System. Der VfB kommt gar nicht erst vor des Gegners Gehäuse, zumindest viel zu selten. In Bochum hatten die Stuttgarter in der zweiten Halbzeit nur eine Torchance, die Christian Gentner prompt nutzte.

Unsauberes Spiel nach vorne

Das kann man effektiv nennen, wird aber auf Dauer gegen dichte Zweitliga-Bollwerke nicht genügen. „Wir haben nach der Führung mit Ball nicht gut und unsere Angriffe unsauber zu Ende gespielt“, bemängelte der Kapitän. Problem: Der VfB versucht zwar das Spiel schnell zu machen, es fehlt jedoch an Passsicherheit und Zielstrebigkeit. Stürmer Simon Terodde bekommt inzwischen zwar mehr Bälle, diese kamen in Bochum aber meist in Kopfhöhe und waren entsprechend schwer zu verarbeiten. So fehlten die Bindung zum und die Torgefahr aus dem Mittelfeld (bis auf Gentners Treffer). Wolf hat angekündigt, einen schnellen, sauberen und anspruchsvollen Ball nach vorne spielen lassen zu wollen. Das Potenzial ist zumindest vorhanden – nun liegt es an Wolf, es zu entfalten.

In der Abwehr muss der viel gepriesene Fußball-Trainer nichts kreieren, Stabilisieren genügt. Der hintere Mannschaftsteil, hauptverantwortlich für den Abstieg in der vergangenen Spielzeit, hat sich kaum verbessert. Nur die Gegner sind schwächer geworden. Die eigene Schwäche ist allerdings nicht allein den nominellen Defensivkräften geschuldet. Es bedarf keiner A-Lizenz, um zu verstehen, dass Verteidigen im Angriff beginnt. Am Freitag ließ das VfB-Mittelfeld seinen Langsamsten (Toni Sunjic) gegen Bochums Schnellsten (Peniel Mlapa) im Laufduell mehrfach schlecht aussehen.

Abwehr wackelt weiter

Die Abstimmungsprobleme resultieren auch daraus, dass sich beim VfB seit Jahren kein Abwehrverbund einspielen kann. In Bochum absolvierte Timo Baumgartl erst sein drittes Spiel nach langer Verletzungspause. Stephen Sama, Stammkraft der ersten Wochen, muss sich die Spiele der ersten Mannschaft wieder zu Hause vor dem Fernseher anschauen. Auch Toni Sunjic dürfte auf Dauer nicht den Ansprüchen des neuen Trainers genügen, was genauso für Neuzugang Marcin Kaminski gilt. Immerhin: Baumgartls erste Auftritte geben Anlass zu Hoffnung – die auch mit dem Namen Benjamin Pavard verbunden ist.

Der Innenverteidiger ist Teil des Trios, das seit seiner Ankunft in Stuttgart für reichlich Schlagzeilen gesorgt hat. Weniger auf dem Platz denn als Triebfeder für den Zwist zwischen Sportvorstand Jan Schindelmeiser und dem hernach zurückgetretenen Trainer Jos Luhukay. Neben Pavard sind das Takuma Asano, der einem starken Auftritt gegen Braunschweig einen schwachen in Bochum folgen ließ, und Carlos Mané. Der Flügelspieler hat bislang noch keine Rolle gespielt, was sich nach Vorstellung von Schindelmeiser aber bald ändern soll. Schließlich wurden Asano (von Arsenal London) und Mané (von Sporting Lissabon) in die zweite Liga verliehen, um Spielpraxis zu sammeln. Luhukay hatte hinsichtlich der Integration der Drei seine Bedenken. Wolf wird zumindest nachgesagt, für Jeden die richtigen Worte zu finden.

Konditionelle Defizite

Eine weitere Baustelle: Die Kondition. Bei den meisten VfB-Profis herrscht noch Luft nach oben, was wörtlich verstanden werden darf. „Wir können uns noch in allen Bereichen verbessern“, meinte Schindelmeiser mit Blick auf den Leistungsabfall nach der Pause vielsagend. Fakt ist, dass Luhukay fast ausschließlich auf spielerische Trainingsformen setzte. Mit der Folge, dass die Mannschaft jetzt nicht fit ist? In Wolfs Philosophie vom Fußball nimmt das Gegenpressing auf alle Fälle einen hohen Stellenwert ein, den Spielern wird konditionell mehr abverlangt werden. Und mögliche Versäumnisse in der Vorbereitung lassen sich nur schwer aufholen – aber vielleicht fällt Wolf ja auch da etwas ein.

Die Fans sind jedenfalls guter Dinge. Es grenzt fast an ein Wunder, dass sie trotz des gefühlt einhundertsten Neuanfangs in den vergangenen Jahren schon wieder Aufbruchstimmung verspüren. Die mutige Lösung mit Hannes Wolf wurde allenthalben goutiert, auch Schindelmeiser kommt beim Anhang gut an. In der Vergangenheit war dies meist ein Indiz dafür, dass der Neuanfang in die Hose geht. Idealerweise nutzen die Verantwortlichen die aktuell positive Stimmung im Umfeld und übertragen sie auf den Verein. Nach Punkten ist die Mannschaft ja bereits in der Spur, den großen Druck hat Wolf nach sieben Spieltagen noch nicht. Die Vorzeichen stehen also günstig – dieses Mal tatsächlich.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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