Umstrittener VfB-Präsident Gerd Mäuser: Erst zum Rapport nach Uhingen, dann Beruhigungs-Mail an die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle. Foto: Pressefoto Baumann

Die Lage ist prekär, und der umstrittene VfB-Präsident Gerd Mäuser hält das Handtuch schon in der Hand. Aber es gibt Probleme – mit der Satzung und auf der Suche nach möglichen Nachfolgern.

Stuttgart - Die Zeiten sind ungemütlich im weiß-roten Haus an der Cannstatter Mercedesstraße. Nach den Enthüllungen über die umstrittene Amtsführung des VfB-Präsidenten Gerd Mäuser dominierten am Montag Nervosität und Hektik auf der Geschäftsstelle. Ein Meeting jagte das andere. Es gab ja auch einiges zu bereden. Und den Chef interessierte vor allem die eine Frage: Ist es wirklich so schlimm, wie in den Medien beschrieben? Sein Verständnis für die Kritik an seiner Arbeit hielt sich dabei in engen Grenzen. Einige Mitarbeiter haben ihm bei dieser Gelegenheit trotzdem klaren Wein eingeschenkt. Was den Eindruck bei Gerd Mäuser eher noch verstärkt haben dürfte: Es gibt für ihn beim VfB keine Zukunft mehr.

Und deshalb ging es am Ende des Tages nicht mehr darum, ob er sein Amt niederlegt, sondern wann. Und hier liegt das Problem: Der VfB Stuttgart braucht laut Satzung mindestens zwei Vorstände, um geschäftsfähig zu bleiben. Würde Gerd Mäuser aber sofort zurücktreten, müsste Aufsichtsratschef Dieter Hundt einen der Direktoren zum Vorstand berufen – zum Beispiel Manager Fredi Bobic oder einen der Geschäftsführer der Marketing GmbH, Jochen Röttgermann oder Rainer Mutschler. So weit mochte Hundt am Montag aber noch nicht gehen. Vorstand und Aufsichtsrat wollen nach Vereinsangaben in den „nächsten 14 Tagen die Situation in Ruhe beraten“.

„Wir suchen nach einer Lösung zum Wohle des VfB“

So das Ergebnis der Beratung, zu der Dieter Hundt den umstrittenen Präsidenten nach Uhingen beordert hatte. Ein logischer Schritt. Mäuser war in den bisherigen eineinhalb Jahren dem machtbewussten Aufsichtsratschef treu ergeben. „Ich will das so, und Doktor Hundt auch “, herrschte er einen Mitarbeiter an, der es wagte, Widerspruch zu erheben. In den Sitzungen des Aufsichtsrats erstattete er nach Informationen unserer Zeitung in ellenlangen und oft langatmigen Ausführungen Bericht – auch über das operative Geschäft. Dafür ist das Kontrollgremium aber gar nicht zuständig.

Gerd Mäuser verschickte noch am Montagabend eine Mail an alle Mitarbeiter und versicherte ihnen: „Sie werden von den Ergebnissen der Gespräche als Erste in Kenntnis gesetzt. Wir suchen nach einer Lösung zum Wohle des VfB.“ Wie die aussehen könnte, ist zurzeit aber noch völlig unklar.

Dass Erwin Staudt nach einem Rücktritt Mäusers als Interimschef bis zur nächsten Mitgliederversammlung fungiert, ist zwar möglich, nach Lage der Dinge aber eher unwahrscheinlich. Er könnte nur offiziell als Präsident handeln, wenn ihn eine kurzfristig einberufene, außerordentliche Mitgliederversammlung dazu bestimmt. „Für eine kurze Zeit kann ich mir vorstellen, dem Verein zu helfen“, erneuerte der Ehrenpräsident am Montag sein Angebot, „aber keinesfalls länger. Ich habe in den acht Jahren meiner Amtszeit gelernt, dass man als Präsident machen kann, was man will. Wenn es sportlich schlecht läuft, bist du der Vollpfosten. Das tue ich mir nicht mehr an.“

Wenig Lust auf Luftveränderung verspürt auch der heiß gehandelte Dieter Hoeneß

Und mit dieser Haltung steht er offenbar nicht allein. Die Kandidaten für das Amt des Präsidenten beim VfB Stuttgart stehen nicht gerade Schlange. Die ersten lehnten am Montag bereits dankend ab. Unter ihnen Wolfgang Dietrich, Sprecher von Stuttgart 21. „Man muss sich zwar Sorgen um den Verein machen, ich habe aber keinerlei Ambitionen“, sagte der langjährige Anhänger des VfB, „das lässt sich weder mit meiner Verantwortung für S 21 noch mit meinen geschäftlichen Aktivitäten vereinbaren.“ Der Leonberger Unternehmer ist als Investor bei sieben deutschen Proficlubs engagiert, darunter die Stuttgarter Kickers.

Dass der frühere Ministerpräsident des Landes ein Herz für den VfB hat, ist bekannt. Wohl deshalb kursiert der Name von EU-Energiekommissar Günther Oettinger im Umfeld des Vereins. „Das wäre eine Riesennummer“, sagt Erwin Staudt. Der CDU-Politiker meldete sich am Montag aus Brüssel: „Ich habe davon noch nichts gehört.“

Wenig Lust auf Luftveränderung verspürt auch der heiß gehandelte Dieter Hoeneß. Er war neulich zu Gast bei der Feier zum 80. Geburtstag von Ehrenpräsident Gerhard Mayer-Vorfelder und notierte „eine merkwürdig leblose Stimmung“. Der ehemalige VfB-Stürmer und spätere Manager lebt mit seiner Familie in München und bittet um Verständnis. „Es gibt wenige Clubs, bei denen ich mir ein Amt im Präsidium oder Aufsichtsrat vorstellen könnte, der VfB Stuttgart gehört sicherlich dazu. Aber als Präsident muss man vor Ort präsent sein. Und mein Lebensmittelpunkt ist und bleibt München. Daran will ich nichts ändern.“

Ändern, darin ist sich die Mehrheit der weiß-roten Fangemeinde einig, muss sich aber die Geschäftspolitik des Vereins. Sponsoren-Vertreter wie Kärcher-Chef Hartmut Jenner fordern schon seit langem klare und nachvollziehbare Strategien des Clubvorstands. Viel Arbeit für Dieter Hundt und seine Helfer.