Filip Kostic (li./VfB) will gegen Foto: Baumann

Die VfB-Fans hoffen im Heimspiel gegen Werder Bremen am Sonntag auf einen ähnlich beherzten Auftritt wie in der letzten halben Stunde gegen Eintracht Frankfurt. Filip Kostic kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.

Stuttgart - Wie gut, dass Fehler in der Bundesliga meist nur eine Halbwertszeit von einer Woche aufweisen. Im nächsten Spiel kann der Tor der Vorwoche schon wieder der Held sein. Also hat Filip Kostic gar nicht mehr viele Gedanken an die 16. Minute vom Spiel beim VfL Wolfsburg verschwendet. Da tauchte er plötzlich frei vor Torhüter Diego Benaglio auf, hatte die freie Auswahl: links, rechts, oben, unten. Kostic ging im Kopf alle Möglichkeiten durch – und schoss Benaglio frontal an. Es war die große Chance zur Führung, am Ende verlor der Tabellenletzte 1:3, und über die vermasselte Großchance ging eines fast ein wenig unter: dass Kostic einer der Besten im Trikot mit dem Brustring war – dass er auf jeden Fall aber sein wohl bestes Spiel für den VfB Stuttgart abgeliefert hat.

„Das mag sein“, reflektiert der Angreifer vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen am Sonntag (17.30 Uhr/Sky) noch einmal die vergangenen 90 Minuten. „Aber was hilft es , wenn wir wieder verloren haben?“ Das stimmt natürlich. Aber wenigstens ist der spielerische Aufschwung des teuersten Sommertransfers (für sechs Millionen Euro vom FC Groningen) ein kleiner Lichtblick im allgemeinen VfB-Dunkel. Schon im vorangegangenen Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (3:1) bewies der Serbe, dass all jene, die ihn bereits als Fehleinkauf abgestempelt haben, vielleicht ein wenig vorschnell in ihrem Urteil waren. Er bereitete das Tor zum 3:1 mustergültig vor, auch in Wolfsburg leitete er den einzigen VfB-Treffer durch Martin Harnik ein.

Der serbische Junioren-Nationalspieler verleiht dem lahmenden Spiel der Roten über die Außen wieder Flügel. Sein schneller Antritt und scharfe Flanken zeichnen den 22-Jährigen aus, den sie in der niederländischen Ehredivisie schon als „kleinen Robben“ bezeichnet haben.

Der kleine Robben

Zum echten Arjen Robben fehlt Kostic freilich noch ein ganzes Stück. Allen voran Torgefahr, die Durchsetzungskraft im Zweikampf und die Tempohärte, durch die sich die Bundesliga wesentlich von der ersten holländischen Division unterscheidet. Das hat auch der Linksfuß vom VfB inzwischen erkannt, wenn er sagt: „Die Bundesliga ist mit das Beste – wenn du es hier packst, schaffst du es überall.“

Nach eigenem Bekunden hat er zwei Monate für die Umstellung benötigt. Jetzt sei er voll da. Ähnlich sieht es der VfB-Sportvorstand. „Manchen Spielern muss man Zeit geben – vor allem, wenn sie aus einer Liga kommen, in der das Tempo nicht ganz so hoch ist“, sagt Robin Dutt. „Aber seine Formkurve geht nach oben.“

Nur Trainer Huub Stevens äußert sich vornehm zurückhaltend zu seiner Nummer 18: „Er ist ein junger Spieler, er entwickelt sich noch.“ Durch die Blume kreidete der Niederländer ihm Fehler im Wolfsburg-Spiel an, gemeint war nicht nur die vergebene Torchance. Es ist kein Geheimnis, dass der 61-Jährige von jedem Spieler mehr Defensivarbeit verlangt – sei er noch so kreativ. Nachzufragen bei Alexandru Maxim.

Doch der Rumäne ist inzwischen gesetzt – Kostic kann sich da noch nicht so sicher sein. Dass er überhaupt wieder ins Team zurückgekehrt ist, nachdem er lange draußen saß, hat viel damit zu tun, dass Timo Werner, sein Konkurrent auf der Position des Außenstürmers, derzeit keinen Fuß auf den Boden bekommt. Das kann sich freilich schnell wieder ändern – und das Wechselspiel in die andere Richtung verlaufen. „Ich sehe es nicht so, dass Filip gegenüber Timo die Nase vorn hat“, lässt Stevens den Serben zappeln.

„Ich weiß“, sagt dieser und lächelt gequält. „Der Coach erklärt mir immer, dass ich noch besser werden muss.“ Und vielleicht immer ein bisschen mehr machen muss als andere – schließlich wird jeder Spieler immer auch an seinem Marktwert gemessen. Vor der Saison galt der Sechs-Millionen-Mann als Hoffnung auf eine bessere Zukunft beim VfB.

Beginnt diese erst jetzt, mit einem Dreivierteljahr Verspätung? „Das Restprogramm macht mir Hoffnung“, sagt Kostic, der aber erst mal nur das nächste Spiel gegen Bremen im Blick hat. Er hat aus der Vorwoche schließlich noch etwas gutzumachen.