Nach 35 Jahren naht das Aus beim VfB: Finanzchef Ulrich Ruf Foto: Baumann

Nach 35 Jahren endet beim VfB Stuttgart eine Ära. Nicht ganz freiwillig hört Ulrich Ruf zum 30. Juni als Finanzvorstand auf. Seinen möglichen Nachfolger hat der VfB selbst ausgebildet.

Stuttgart - Seine Rolle als Überbringer der schlechten Nachrichten hat Ulrich Ruf vergleichsweise demütig ausgefüllt. Oder sollte man besser sagen: ausgehalten? Es ist ja nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig, die Finanzen eines seit Jahren sportlich schwer gebeutelten Bundesligavereins zu verwalten und darüber hinaus auch noch öffentlich auszubreiten. Der Anhang hat sich fast schon daran gewöhnt, dass die VfB-Kasse so schwindsüchtig ist wie das Punktekonto der Mannschaft.

Im vergangenen Geschäftsjahr belief sich das Minus auf 3,1 Millionen Euro, im Jahr zuvor hatte Ulrich Ruf sogar einen Rekordverlust von 9,8 Millionen Euro vermelden müssen. Auch das laufende Geschäftsjahr gibt keinerlei Anlass zu Freudensprüngen.

Ulrich Ruf (59) allein dafür in Haftung zu nehmen, das wäre nicht gerecht. Als Finanzvorstand trägt er aber eine nicht geringe Verantwortung für die finanzielle Schieflage. Und so hat Präsident Bernd Wahler im Einklang mit Aufsichtsratschef Joachim Schmidt den Kollegen Ruf nun dazu gedrängt, seinen bis 2016 laufenden Vertrag schon ein Jahr zuvor aufzulösen: „Es ist notwendig, auch in diesem Bereich neue Impulse zu setzen und den VfB neu auszurichten“, sagte Wahler bei der Präsentation des neuen Sportvorstands Robin Dutt am Dienstag.

Zum 30. Juni räumt der gelernte Bankkaufmann Ruf sein Büro auf dem Cannstatter Wasen. Und womöglich müssen Wahler und Schmidt nicht lange suchen, um einen geeigneten Nachfolger auszumachen. Alexander Wehrle (39) hat das Geschäft beim VfB über zehn Jahre als Assistent der Geschäftsführung von der Pike auf gelernt, bevor ihn die Irrungen und Wirrungen der Amtszeit von Ex-Präsident Gerd Mäuser direkt in die Arme des 1. FC Köln trieben. Dort lieferte Wehrle, der ein Wirtschaftsstudium an der Universität Konstanz absolviert hat, in kürzester Zeit so gute Arbeit ab, dass der Bundesliga-Aufsteiger seinen Vertrag umgehend bis 2017 verlängerte.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Wehrle beim VfB jederzeit wieder herzlich willkommen ist – im Vorfeld der Demission von Ulrich Ruf steigen die Aktien des Bietigheimers mehr denn je. Denn der verlorene Sohn bringt eine Qualität mit, deren Fehlen Ulrich Ruf nun zum Verhängnis geworden ist. Wehrle, der für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, gilt als innovativ und willens, die Umwandlung eines Traditionsvereins in ein modernes Dienstleistungsunternehmen aktiv mitzugestalten, was mit Blick auf die verschobene Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung nicht schaden kann.

Ulrich Ruf dagegen wird belächelt, weil er im 21. Jahrhundert noch immer auf die Dienste eines Computers verzichtet. Zudem eilt ihm der Ruf voraus, wie ein Buddha auf der VfB-Kasse zu sitzen und keine adäquaten Antworten auf die veränderten Spielregeln der Finanzbranche Bundesliga zu finden. Zuletzt erlaubte sich Ex-Sportdirektor Fredi Bobic eine Grätsche nahe der Roten Karte, als er über Ruf sagte: „Bei allen erfolgreichen Bundesligavereinen ist ein absoluter Finanzexperte am Werk, der fehlt beim VfB. Wenn das Finanzierungsmodell des VfB nur daraus besteht, sich aus Transferüberschüssen oder durch Etatkürzungen zu finanzieren oder am Leben zu halten, dann ist das kontraproduktiv.“

Vom Sommer an soll nun alles besser werden beim VfB. Mit Alexander Wehrle? Bernd Wahler versicherte: „Wir schauen uns mit der nötigen Sorgfalt um.“ Womöglich genügt ja schon ein Anruf in Köln.