Noch nicht in Form: VfB-Stürmer Timo Werner (Mitte) im Testspiel gegen den VfL Bochum. Foto: dpa

Die Abwehr hat sich einigermaßen gefangen, im Defensivverbund hat der VfB Stuttgart zuletzt die Flut an Gegentoren eingedämmt. Dafür klemmt es verstärkt im Spiel nach vorn – was Trainer Jürgen Kramny erkennbar stört.

Belek - Der Trainer gab sich am Sonntagabend ganz als gütiger Herbergsvater. „Die jungen Spieler müssen nicht beim Morgenlauf mitmachen, sie dürfen morgen etwas länger schlafen“, sagte Jürgen Kramny, „den Lauf haben sie sich durch ihre Leistung verdient.“ Nicht die Leistungen beim 0:0 gegen den VfL Bochum waren aber gemeint, sondern die Treffsicherheit der Talente beim Elfmeter-Wettbewerb am Samstag – die eine Stunde Schlaf mehr war der Siegerpreis beim Duell Alt gegen Jung.

Glück gehabt! Denn wenn es nach den Eindrücken des zweiten Testspiels im Trainingslager in Belek gegangen wäre, dann hätte Kramny nicht nur die jungen, sondern alle Angriffsspieler wohl eher zu einer Sonderschicht verpflichtet. Kaum Zugriff, geringer Spielfluss, wenige Torchancen, kein Treffer – und das gegen einen Zweitligisten, der keine große Mühe hatte, sein Tor sauber zu halten. „Im Angriff waren wir nicht zwingend genug“, klagte Kramny, „nach der Pause haben wir den letzten Pass überhaupt nicht mehr zum Mann gebracht.“

Das war die Phase, als Neuzugang Artem Kravets und dahinter Borys Tashchy, Jan Kliment und Robbie Kruse in der Offensive antraten. Vor dem Wechsel, mit Timo Werner, Filip Kostic, Daniel Didavi und Lukas Rupp, war es noch schlechter gelaufen. „Da haben wir erst nach 20 Minuten begonnen, Fußball zu spielen, ohne aber aufs Tor zu drängen“, murrte Kramny.

Ohne Ginczek und Harnik fehlt dem VfB eine Menge Potenzial

Mal kommen, wie gegen Bochum, die Zuspiele nicht an, mal lässt der VfB zu viele Chancen liegen – wie beim 2:1 im ersten Test gegen Antalyaspor. „Das muss deutlich besser werden“, sagte Kramny. So sehr ärgert den Trainer die Flaute im Sturm, dass er indirekt schon die Qualitätsfrage stellt: „Hoffentlich lag das an der Müdigkeit und nicht an der mangelnden individuellen Qualität.“

Keine Frage, ohne die verletzten Daniel Ginczek und Martin Harnik fehlt dem VfB eine Menge Potenzial. Die Rückkehr der beiden ist nicht absehbar, weshalb die Last auch in den ersten Pflichtspielen des Jahres auf deren Vertreter verteilt bleibt. Und die haben mehr Mühe, als ihnen lieb ist. Die Körpersprache von Timo Werner gegen Bochum ließ auf ein gehöriges Maß an Unzufriedenheit schließen – kein Wunder, wenn lange Zeit nur hohe Bälle geflogen kommen.

Robbie Kruse wirkt nach seiner Verletzungspause (Muskelfaserriss) noch fremd im Team und muss weiter die Laufwege der Kollegen kennenlernen. Jan Kliment erzielte im ersten Test beim 2:1 gegen Antalyaspor das einzige VfB-Tor in zwei Spielen (das andere steuerte Innenverteidiger Toni Sunjic bei) und ward seither kaum noch gesehen – was auch für Artem Kravets gilt, der gegen Antalyaspor die ersten drei Chancen auf dem Fuß hatte und alle vergab. Der Neuzugang aus der Ukraine ist den Umfang und die Intensität des VfB-Trainings von seinem bisherigen Club Dynamo Kiew nicht gewöhnt und hat sichtlich Mühe, sich auf den Beinen zu halten.

So kommt das eine zum anderen, und unterm Strich bleibt ein latentes Unwohlsein – auch beim Kapitän. „Sorgen macht mir das noch nicht“, sagt Christian Gentner, „wir haben jetzt nicht die nötige Frische. Allerdings dürfen wir in der Rückrunde nicht wieder sieben, acht oder neun hochkarätige Chancen benötigen, bis wir mal ein Tor machen. Das muss besser werden.“

Weshalb die Arbeit nach Ende des Trainingslagers bestimmt nicht ausgehen wird.