Endspiel in Paderborn: VfB-Profi Daniel Didavi (re.) Foto: dpa

Mit einem Sieg beim SC Paderborn will sich der VfB Stuttgart den Klassenverbleib in der Fußball-Bundesliga sichern. Klar ist: Es steht viel auf dem Spiel.

Stuttgart - Der VfB Stuttgart will an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim SC Paderborn den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga vermeiden – und sich damit viele Sorgen ersparen. Denn klar ist: Es steht viel auf dem Spiel:

Die Mannschaft: Keine Frage: Das, was das VfB-Team zuletzt auf den Platz gebracht hat, macht Lust auf mehr. Hinten stabilisieren sich die jungen Timo Baumgartl und Antonio Rüdiger immer mehr, im Mittelfeld ist Serey Dié Antreiber und Abräumer zugleich, und das Offensivspiel mit Daniel Didavi, Filip Kostic, Martin Harnik und Daniel Ginczek hat enormes Tempo. VfB-Kapitän Christian Gentner sagt: „Das war eine Entwicklung über einen längeren Zeitraum.“ Die bei einem Abstieg aber womöglich wieder von vorn beginnen müsste. Gerade die Jungs, die sich zuletzt in den Vordergrund gespielt haben, könnte der VfB wohl kaum halten, der geplante Umbruch unter dem künftigen Trainer Alexander Zorniger könnte zu einem kompletten Neuaufbau werden – trotz weiterlaufender Verträge. Ein Neustart könnte zudem durch hohe laufende Fixkosten erschwert werden. Denn auch die Verträge der Spieler laufen weiter, die zuletzt keine Rolle mehr gespielt haben (Rausch, Ibisevic, Sararer). Ob sie einen neuen Verein finden, der ihnen ein ähnliches Gehalt zahlt wie der VfB, ist fraglich.

Das Geld: Erst vor einigen Wochen hat Stefan Heim die Finanzgeschäfte des VfB komplett von Ulrich Ruf übernommen. Ein Erfolg ist dem Sportökonom schon vorab und gemeinsam mit seinem Vorgänger gelungen: Der VfB hat die Lizenz ohne Auflagen und Bedingungen erhalten – auch für die zweite Liga. Unter anderem deshalb, weil zahlreiche Sponsoren zugesagt haben, vorerst im selben oder nur leicht reduziertem Umfang dabei zu bleiben. „Wir haben wirtschaftlich gute Voraussetzungen“, sagt Stefan Heim. Dennoch würde die zweite Liga einen finanziellen Kraftakt bedeuten. Der entscheidende Einschnitt droht bei den TV-Geldern. In dieser Saison erhält der VfB insgesamt noch beinahe 33 Millionen Euro aus drei verschiedenen Töpfen. In Liga zwei würde die Summe um mehr als die Hälfte sinken, die Roten bekämen wohl nur maximal zwischen zwölf und 15 Millionen Euro. Allein der Etat für die Lizenzspieler müsste wohl von 43 auf 27 Millionen Euro heruntergefahren werden, was wohl nur durch Transfererlöse zu machen ist. Offen ist zudem, ob die insgesamt 180 Mitarbeiter des VfB Gehaltseinbußen in Kauf nehmen müssten.

Das Verhältnis zu den Fans: Huub Stevens hielt am Donnerstag noch einmal ein flammendes Plädoyer. „Die Fans haben am jüngsten Aufschwung genauso große Anteil wie wir alle“, sagte der VfB-Trainer, „wenn sich die Fans gegen eine Mannschaft wenden, verunsichert das diese noch mehr. Deshalb braucht man immer diese Wechselwirkung.“ Die hat zuletzt gestimmt. Nicht nur innerhalb des VfB-Teams ist etwas gewachsen, auch das Verhältnis der Mannschaft zu den Fans ist von neuem Vertrauen geprägt. Zu Beginn der Rückrunde trösteten die Anhänger noch die deprimierten Profis, in den Heimspielen gegen Ende der Saison haben sie das Team bedingungslos unterstützt – und endlich etwas zurückbekommen. Bei einem Abstieg würde das neue Gemeinschaftsgefühl wohl wieder dem mittlerweile tief verankerten Misstrauen weichen – zumal die Anhängerschaft nie Zweifel an der Notwendigkeit einer kritischen Aufarbeitung der Lage bei den Roten hat aufkommen lassen. Statt 50 801 Zuschauer im Schnitt kämen wohl nur noch rund 30 000 in die Arena – und diese Auseinandersetzung wäre ohne eine Rettung deutlich schärfer – was auch Auswirkungen auf die Vereinspolitik haben könnte. Das Werben für die Zustimmung für die auf lange Sicht geplante Ausgliederung wäre mehr denn je eine Herkulesaufgabe.

Die Perspektive: Im Herbst 2014 hat der VfB sein neues Nachwuchsleistungszentrum eröffnet – nicht ohne Stolz sagte Rainer Adrion, der Sportliche Leiter U 17 bis U 23: „Das ist ein Vorzeigeobjekt, da steckt alles drin, was wir brauchen.“ Im Idealfall auch die besten Nachwuchsspieler aus Baden-Württemberg. Allerdings: Als Zweitligist würde der VfB zwar zunächst weiter von seinem Ruf als Ausbildungsverein profitieren, die Gefahr, dass sich Toptalente langfristig lieber anderweitig orientieren, besteht aber auch. Schließlich spürt der VfB im Nachwuchsbereich schon jetzt vor allem die Konkurrenz von 1899 Hoffenheim. Aber auch bundesweit gesehen muss die Perspektive stimmen, die einige Talente schon jetzt nicht mehr beim VfB sehen. Joshua Kimmich (20) entschied sich für den FC Bayern statt für eine Rückkehr zum VfB. Er ist derzeit an RB Leipzig ausgeliehen. Am Freitag bestätigte der Zweitligist aus dem Osten dann die Verpflichtung von Ken Gipson (19) von den A-Junioren der Roten. „Ken ist ein hochinteressanter Spieler, der super zu uns passt“, sagt RB-Sportdirektor Ralf Rangnick.