Einst warb der VfB in Regionalversammlungen für den Plan einer Ausgliederung – am 1. Juni steht nun die Abstimmung an. Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart hat sich für einen Weg zur Kapitalbeschaffung entschieden. Ob er Zustimmung findet, hängt auch von der Offenheit der Vereinsführung in den nächsten Wochen ab.

Stuttgart - Verkauft der Verein seine Seele oder macht er sich fit für Gegenwart und Zukunft? Verleugnet er seine Traditionen oder verbindet er die Werte einer ruhmreiche Vergangenheit mit den Erfordernissen der Kommerzialisierung? Bittet er dubiose Geschäftemacher in sein Haus oder baut er kluge Partnerschaften gewinnbringend aus? Es sind diese und andere Fragen, die höchst emotional geführt werden, seit der VfB Stuttgart mit dem Gedanken spielt, seine Profikicker-Sparte in einer Aktiengesellschaft auszugliedern.

Emotionen sind der Motor der Vollgas-Branche Fußball, doch sind sie nur sehr bedingt geeignet, die Frage nach der künftigen Unternehmensform der weiß-roten Balltreter sachlich zu klären. Eine nüchterne Bestandsaufnahme nämlich zeigt: Der Fußball hat sich verändert – und die Rasanz der Entwicklungen in den vergangenen Jahren eher zu- als abgenommen. Die wirtschaftliche Kluft zwischen oben und unten wird immer größer, dazu sind Kontrahenten auf dem Feld, deren Finanzierungsmodelle nicht gerade nachteilig wirken. Man nennt sie Kommerzclubs – und schimpft auf sie. Was nichts daran ändert, dass deren freiwilliger Rückzug eher nicht geplant ist.

Der VfB spielt nicht mal mehr die zweite Geige

Der VfB Stuttgart sucht in diesem neu zusammengstellten Orchester seit Jahren nach dem richtigen Instrument, spielt mittlerweile aber nicht mal mehr die zweite Geige. Der Club aus einer der wirtschaftsstärksten Regionen Europas ist sportlich, finanziell und strukturell abgehängt worden. Nach neuen Wegen zurück ins Konzert der Großen zu suchen, ist daher nicht nur legitim, sondern mehr als notwendig.

Die Clubchefs um den vor rund einem halben Jahr gewählten Präsidenten Wolfgang Dietrich halten es nun für die beste Lösung, sich strategische Partner unter das Dach einer neu zu gründenden AG zu holen. Rund 100 Millionen Euro an frischem Geld soll so in den nächsten zwei, drei Jahren in die Kasse kommen. Auf den ersten Blick: eine logische Idee. Zumal der Verein Mehrheitseigner bleibt, den Investoren keine Gewinnbeteiligung ausschütten muss und eine Strukturreform heutzutage längst keine Abkehr mehr von Tradition und Werten bedeutet. Die quälende Frage endlich zu klären ist zudem kein Fehler. Aber Vorsicht: Allein die Ausgliederung bringt noch keine Garantie für sportliche Erfolge.

Was trauen die Mitglieder den Clubchefs zu?

Sicher, ein gut genährtes Konto erhöht die Chance auf eine Rückkehr in den Kreis derer, die um internationale Startplätze spielen. Doch werden kluge Entscheidungen nicht im Ladenregal zum Kauf angeboten. Und einmal ausgegeben, ist auch dieses Geld nicht ein zweites Mal zu gebrauchen. Es sei denn, es wird derart zielgerichtet und bedacht eingesetzt, dass kurzfristige Investitionen langfristige Mehreinnahmen generieren. Trauen die Mitglieder den VfB-Bossen dies zu?

Es ist eine Frage des Vertrauens, die entscheidet, ob der VfB Stuttgart nach dem 1. Juni 2017 seinen Plan von einer ausgegliederten AG umsetzen kann. Soll es mit der Zustimmung von 75 Prozent der Mitglieder klappen, braucht es bis dahin vor allem eines: Offenheit bis ins kleinste Detail.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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