Mit Rauch und Feuer: KSC-Anhänger hinterlassen ihre Visitenkarte. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur Stuttgart

Mehrere demolierte Züge, ein leicht verletzter Bundespolizist, unzählige Feuerwerkskörper: Im schwäbisch-badischen Fußballderby steckte viel Feuer. Am Sonntagnachmittag trennten Württemberg und Baden ganze Welten.

Stuttgart - Manchmal glaubt man, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Nach dem Abpfiff machen sich ein Fan im VfB-Trikot und einer im KSC-Dress friedlich zusammen auf den Nachhauseweg. Dieter Wenzel (VfB) und Tino Kröner (KSC) sind sich völlig einig über das Verhalten des schwarzen Blocks auf Karlsruher Seite: „Mit so etwas schadet man nur dem eigenen Verein“, sagen sie. Wenzel und Kröner sind Nachbarn, wohnen in Pforzheim im selben Haus. Und haben den Humor nicht verloren: „Wir wohnen sogar der Liga entsprechend“, sagt der KSC-Fan Kröner, „er oben und ich unten.“

Dem hochbrisanten schwäbisch-badischen Fußballderby am Sonntag drücken andere ihren Stempel auf: gewaltbereite Hooligans aus dem schwarzen Block des KSC– mit Rauch, Raketen und Randale. „In mehreren Zügen hat es schon bei der Anfahrt massive Schäden gegeben“, sagt Bundespolizeisprecher Daniel Kroh. Auf einen Bundespolizisten wurde ein Feuerwerkskörper abgefeuert.

Dass die Polizei, mit über 1000 Beamten im Einsatz, dennoch von einem zufriedenstellenden Verlauf spricht, liegt daran, dass Zusammenstöße zwischen den gewaltbereiten Fans verhindert werden konnten. „Unser Konzept mit einer starken Präsenz und einer nicht zu engen Begleitung der Fanmärsche ist aufgegangen“, sagt Stefan Keilbach, Sprecher der Stuttgarter Polizei.

Die Knallerei beginnt schon um 10.43 Uhr

Die Zündeleien im Stadion habe man „beweissicher dokumentiert“, sagt Keilbach. Man sei guter Dinge, die Urheber zu finden. Dabei wird nicht nur wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt – wegen der gesundheitsschädlichen Rauchschwaden könnte es auch umden Vorwurf der gefährlicher Körperverletzung gehen.

Der unangenehme Auftritt von gewaltbereiten KSC-Fans hat nicht erst im Stadion begonnen, sondern bereits um 10.43 Uhr – mit einem Knalleffekt. Ein großer Schwung KSC-Fans war mit einem Regionalexpress am Stuttgarter Hauptbahnhof angekommen, und aus der Menge wurden ein paar Böller gezündet. Die Bundespolizei erklärte Gleis 8 kurzfristig zum Hoheitsgebiet der Karlsruher. „Wir haben den Bereich abgesperrt, um die Pulks zu Gleis 1 zu geleiten“, sagt Bundespolizeisprecher Kroh. Dort stand ein S-Bahn-Zug bereit, um die Karlsruher nach Untertürkheim zu bringen.

Am Untertürkheimer Bahnhof wartete zwei Stunden vor Anpfiff Jens von der Osten mit dem 14-jährigen Jan auf eine S-Bahn in Richtung Bad Cannstatt, um den VfB zu unterstützen. „Wir sind auf der Haupttribüne, da sind wir außerhalb jeder Gefahrenzone“, sagte er. „Wenn wir Plätze in der Nähe des Karlsruher Blocks hätten, würde ich den Jungen nicht mitnehmen.“

Schon wieder der Polizeihubschrauber, klagen Anwohner

Der Karl-Benz-Platz in Untertürkheim war gleichzeitig fest in der Hand der blau-weißen Gäste. Sie brannten Feuerwerkskörper ab. „Auswärts ist man eben auch gern mal ein bisschen asozial“, sagte Christoph (24) am Rande des Geschehens. Der KSC-Fan studiert und lebt in Hohenheim. Sein Herz aber schlägt für Karlsruhe. Das Großaufgebot der Polizei findet er insgesamt in Ordnung. „Aber ob es nun unbedingt 1000 Beamte sein mussten, weiß ich nicht.“

Wegen Überfüllung musste der Cannstatter Bahnhof kurzzeitig gesperrt werden. Tausende Fans in Weiß und Rot waren zu viel für die Zugänge und Bahnhofshalle.

„Schon wieder der Polizeihubschrauber“, klagte derweil ein Anwohner aus Wangen, „das ist jetzt der zweite Sonntag hintereinander.“ Der knatterte schon seit morgens um neun. „Muss das denn wirklich sein?“, fragte der Mann. Er wollte dennoch seinen Garten auf der Wangener Höhe aufsuchen: „Wir lassen uns nicht vertreiben.“

Unbekannte demolieren einen S-Bahn-Zug

Ein S-Bahn-Wagen ist vorerst nicht mehr zu gebrauchen. Unbekannte hatten auf der Hinfahrt nach Untertürkheim die Deckenverkleidung zerstört. Auf dem Boden: Splitter einer Leuchte. Als Gruß bleibt ein KSC-Fanschal zurück. Der Fußweg vom Untertürkheimer Karl-Benz-Platz zum Stadion wurde von der Polizei eher zurückhaltend begleitet. „Ich finde das sehr angenehm“, sagte KSC-Fan Christian (35). Verglichen mit dem Derby 2008 sei das Vorgehen der Sicherheitskräfte wesentlich zurückhaltender, merkte der KSC-Fan lobend an.

Nur das Ordnungspersonal hat bei den Einlasskontrollen offenbar noch reichlich Bengalo-Feuerwerk und Böller übersehen. Rauch und Raketen auf dem Rasen führten fast zum Spielabbruch. Auch nach dem Abpfiff warfen KSC-Anhänger weitere Pyrotechnik auf das Spielfeld und schossen Raketen ab. Freilich: Nach dem Sieg des VfB wird dies wohl für lange Zeit das letzte Derby gewesen sein.