Nationalspieler Antonio Rüdiger: Kein Mann für die zweite Liga Foto: Getty

Sollte der VfB Stuttgart den bitteren Gang in die zweite Liga antreten müssen, erhielte die Mannschaft ein völlig anderes Gesicht. Doch ein Neuaufbau ist kein Kinderspiel.

Stuttgart - Sven Ulreich – Christian Gentner – Vedad Ibisevic: Diese Achse prägt das Gesicht der VfB-Mannschaft seit einigen Jahren. Man könnte auch sagen: Sie lähmt das VfB-Spiel seit Jahren. Schon sechs Trainer haben versucht, um diese Kernspieler ein Team zu formen, das höheren Ansprüchen in der Bundesliga genügt. Spätestens nach dieser Saison dürfte das Ansinnen als gescheitert gelten. VfB-Sportvorstand Robin Dutt plant den Umbau, der bei einem Abstieg radikal ausfallen dürfte.

Wer geht, wer bleibt – ein Ausblick:

Feste Größen für einen Neuaufbau: Christian Gentner, Georg Niedermeier, Odisseas Vlachodimos, Timo Baumgartl, Carlos Gruezo, Daniel Ginczek. Klar, dass der Sportvorstand vor allem aus den hoffnungsvollen Talenten ein Gerüst für die zweite Liga bauen möchte. Dazu zählen in erster Linie Baumgartl (Abwehr), Gruezo (Mittelfeld) und Ginczek (Sturm), aber auch Torwart Vlachodimos. Da es nicht nur mit jungen Spielern geht, wird Gentner und Niedermeier am ehesten die Rolle der erfahrenen Stützen zugetraut.

Ungewiss, ob zu halten: Timo Werner. Natürlich wäre auch er eine feste Größe für den Neuaufbau. Es ist jedoch fraglich, ob der U-21-Nationalspieler Angeboten aus der Bundesliga widerstehen könnte.

Zukunft ungewiss: Sven Ulreich, Thorsten Kirschbaum, Daniel Schwaab, Daniel Didavi. Ihre Zukunft beim VfB steht in den Sternen. Bei Didavi ist völlig ungewiss, wie es nach seinen Verletzungen weitergeht.

Nicht zu halten: Antonio Rüdiger, Alexandru Maxim, Filip Kostic, Serey Dié. Sie müssten sich bei einem Abstieg keine Sorgen um eine Weiterbeschäftigung in einer der europäischen Topligen machen. Da sie noch Verträge beim VfB besitzen, dürfte der Club mit ihnen die höchsten Erlöse erzielen.

Auf dem Absprung: Gotoku Sakai, Florian Klein, Martin Harnik, Vedad Ibisevic. Auch sie allesamt Nationalspieler, die den Gang in die zweite Liga kaum mitmachen würden. Beim VfB wäre ihnen aber auch niemand böse. Die großen Millionensummen werden sie aber nicht einbringen.

Keine Steine in den Weg legen würde der VfB Karim Haggui, Adam Hlousek, Konstantin Rausch, Sercan Sararer und Mohammed Abdellaoue.

Ausgeliehen und zurück: Moritz Leitner (Borussia Dortmund), Oriol Romeu (FC Chelsea). Es ist jedoch zu bezweifeln, ob sie bei ihren Stammclubs eine Zukunft haben.

Aufsteiger vom VfB II: Wenn man so will, wären die einzigen Gewinner eines Abstiegs die Talente aus der zweiten Mannschaft. Stephen Sama, Gratas Sirgedas, Francesco Lovric, Marvin Wanitzek und Felix Lohkemper werden derzeit die größten Chancen nachgesagt, in den Profikader aufzurücken. Gleiches gilt für Mart Ristl und Arianit Ferati (beide U 19).

Szenario vom halbierten Spieler-Etat

Darüber hinaus müsste der Kader von außen verstärkt werden. Sicherlich die schwierigste Aufgabe für Robin Dutt, denn welcher Spieler will sich schon festlegen, wo womöglich erst im Mai feststeht, welcher Liga der VfB in der kommenden Saison angehört. Fakt ist: Der VfB müsste seinen Spieleretat von 40 auf 20 bis 25 Millionen Euro herunterfahren. Diese Summe gilt als Basis, um in der zweiten Liga oben mitspielen zu können. Durch geringere Fernseh- und Zuschauereinnahmen sowie beim Sponsoring (insgesamt circa 30 Millionen Euro) bliebe eine Lücke von mindestens zehn Millionen, die der Verein für eine ausgeglichene Bilanz schließen müsste.

Auf dem Transfermarkt wäre also mal wieder Sparen angesagt – doch das könnte gefährlich sein. „Wenn du als Traditionsverein absteigst, musst du alles daransetzen, sofort wieder hochzukommen“, sagt ein Bundesliga-Manager, der aus Erfahrung spricht. Sein Ratschlag an den VfB: Klotzen statt Kleckern. „Wenn du dich der Liga anpasst, bist du verloren. Du musst von Anfang an klarmachen, dass du das Bayern München der zweiten Liga bist.“

Gefragt seien „charakterstarke Typen, welche die zweite Liga auch annehmen“. Doch was heißt das genau? Der Manager gibt ein Beispiel: „Wenn du letztes Jahr noch in der Allianz-Arena in München gespielt hast und dich dann im Stadion von Union Berlin im Container umziehen musst, kann dich das schon runterziehen.“ Insofern sei es wichtig, auch zweitligaerprobte Spieler im Kader zu haben. Gleichzeitig sollten sie über die Perspektive verfügen, bei einem Aufstieg sofort das Zeug für die Bundesliga zu haben.

So, wie es nach dem bisher einzigen Aufstieg des VfB 1976/77 der Fall war. „Wir hatten das Glück, junge Spieler aus der Umgebung zu haben, die auch noch gut waren“, erinnert sich Aufstiegstrainer Jürgen Sundermann. Karl-Heinz Förster, Bernd Martin oder Hansi Müller zum Beispiel. Die Jungen eroberten die zweite Liga und die Herzen der VfB-Fans im Sturm. Ob sich die Geschichte wiederholen könnte? Sundermann winkt ab. „Der VfB bleibt drin.“ Dann gäbe es auch keinen Neuaufbau – zumindest keinen radikalen.