Der VfB tanzt vor Freude: Nach dem 2:1-Sieg über Borussia Dortmund feiern die Stuttgarter Spieler vor ihrer Fankurve. Foto: Baumann

Der Erfolg gegen Borussia Dortmund beruht auf Manndeckung – und lässt den VfB Stuttgart wachsen. Nun soll sich die positive Entwicklung auch auswärts auszahlen, denn bisher beeindruckt der Fußball-Bundesligist nur in den Heimspielen.

Stuttgart - Der VfB Stuttgart ist so gut wie der FC Bayern München. Zumindest in der Heimtabelle der laufenden Saison: Sechs Spiele, fünf Siege, ein Unentschieden. Das ergibt 16 Punkte – mehr hat auch der Rekordmeister als Nummer eins in der Bundesliga nicht zu bieten. Und mit dem 2:1 gegen Borussia Dortmund hat der VfB nun auch in Fußballdeutschland aufhorchen lassen. Neuen Schwung soll das bringen für eine Stuttgarter Mannschaft, die weiter am wachsen ist – die aber auswärts noch zu keinem Zähler gekommen ist. Eine Bestandsaufnahme nach einem Drittel der Saison und vor den anstehenden Partien in Hannover und Bremen.

Der Trainer

Der Trainer Die Freude musste raus. Mit dem Schlusspfiff rannte Hannes Wolf auf den Rasen und verschwand in einer jubelnden Spielertraube. „Natürlich war das ein besonderes Spiel für mich“, sagt der VfB-Trainer. Sieben Jahre lang arbeitete er im Nachwuchsbereich von Borussia Dortmund und nun ging es für den jungen Fußballlehrer erstmals gegen den großen BVB in der Bundesliga. Auf der Tribüne saßen Familie und Freunde. Auch auf dem Platz traf Wolf einige alte Bekannte – und alle nahm er sie anschließend in den Arm. Die einen vor Freude, die anderen zum Trost. Denn dieser Sieg gegen den Champions-League-Teilnehmer ist einer der Höhepunkte in Wolfs Trainerkarriere – zu dem sein Entdecker Jürgen Klopp aus Liverpool gratulierte. „Aber wir haben nichts geschenkt bekommen“, sagt der 36-Jährige, der nach der Partie Zeit für Privates einplante. Im Clubrestaurant wurde bis tief in die Nacht gefeiert. Am Sonntag standen Stuttgarter Sehenswürdigkeiten auf dem Programm. Bis 15 Uhr. Dann begann für Wolf die konkrete Vorbereitung auf das nächste Spiel bei Hannover 96.

Der Matchplan

Der Matchplan Der Sportchef Michael Reschke lobte ihn, und auch die Spieler waren angetan vom Matchplan des Trainers. Mit einer ungewöhnlichen Variante hatte Hannes Wolf gegen die Westfalen aufgewartet. Der VfB-Coach ließ mannorientiert verteidigen. Fast in klassischer Manndeckung: Santiago Ascacibar gegen Edeltechniker Mario Götz oder Timo Baumgartl gegen Stürmer Andrej Yarmolenko hießen die Duelle. Der Plan ging auf. „Die Mannschaft hat auf dem Platz die Verantwortung übernommen und die Vorgaben sehr gut umgesetzt“, sagt Wolf. Das war auch notwendig, da die linke Abwehrseite zunächst Probleme hatte. Andrej Yarmolenko und Jeremy Toljan kamen immer wieder durch. Also wurde nachjustiert und der Linksverteidiger Emiliano Insua nach vorne geschoben. „Wir mussten in diesem Bereich noch mutiger auftreten“, sagt Wolf, der die altgediente Verteidigungsstrategie der Manndeckung modern interpretiert im Repertoire behält. In der Zweitligasaison ging es mit dem VfB aber in Fürth schief, mit den Junioren des BVB gewann Wolf auf diese Weise einen deutschen Meistertitel.

Die Entwicklung

Die Entwicklung Ein Durchschnittsalter von 25 Jahren wies die VfB-Elf gegen Borussia Dortmund auf. Mit Spielern wie dem wiedergenesenen Christian Gentner (32) sowie Andreas Beck (30), Holger Badstuber (28), Emiliano Insua (28) und Ron-Robert Zieler (28) ist die Mannschaft dabei erfahren genug, um zu wissen, was in heiklen Situationen zu tun ist. Taktisch diszipliniert agierten die Stuttgarter nach dem 2:1-Vorsprung (51.). Andererseits belegen gerade die beiden Torschützen Chadrac Akolo (22) und Josip Brekalo (19), dass der VfB auch über genügend Perspektive in seinen Reihen verfügt. „Mit Santiago Ascacibar und Benjamin Pavard wachsen zudem gerade zwei tolle Spieler heran“, sagt der Manager Michael Reschke. Der Argentinier ist 20 Jahre jung und der Franzose 21. Sie stehen für eine bessere Zukunft des Aufsteigers. Allerdings betonen sowohl der Sportchef als auch der Trainer, dass die Bundesliga für den VfB eine Gratwanderung bleibt. „Dieser Sieg hilft uns unendlich in unserer Entwicklung“, sagt Hannes Wolf, „aber beruhigend ist er keineswegs. Dafür ist in der Bundesliga einfach zu viel Dampf drin.“

Die Auswärtsschwäche

Die Auswärtsschwäche Ein leidiges Thema für den VfB in dieser Saison. Weshalb nach dem süßen Erfolg gegen den BVB erst einmal keiner so recht Lust verspürte, im selben Zusammenhang über die bittere Auswärtsbilanz zu reden. Sechs Versuche, sechs Niederlagen. Aber: „Wir wissen, dass wir auch auf fremden Plätzen Punkte holen können“, sagt der Trainer Hannes Wolf. Er ist ein Verfechter der These, dass die Gesamtbilanz zwar mies aussieht, doch jedes Auswärtsspiel seine eigene Geschichte erzählt. Dennoch meint nicht nur der Torhüter Ron-Robert Zieler, mit dem Punkten am besten gleich anzufangen. Bei Hannover 96 am Freitag und am Spieltag darauf bei Werder Bremen bestehen die nächsten Gelegenheiten. „Das sind Mannschaften auf Augenhöhe“, sagt der Ex-Hannoveraner Zieler. Gegen beide Clubs geht es nun mit neuem Selbstbewusstsein. „Der Sieg gegen die Dortmunder ist für das Empfinden des Vereins wichtig“, sagt der Manager Michael Reschke und weiß, dass der VfB nun bundesweit anders wahrgenommen wird. Stärker. Eine Glückwunschnachricht des Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß hatte Reschke auf seinem Mobiltelefon kurz nach dem Erfolg gegen den Münchner Erzrivalen jedoch nicht erhalten. Der frühere Bayern-Mitarbeiter ahnte wieso: „Der Uli kann keine SMS verschicken.“