Spielentscheidendes Duo: Maxim und Ginczek bejubeln den VfB-Sieg. Foto: Getty

Lange Zeit galt die Offensive des VfB Stuttgart als so wirkungsvoll wie ein Handy ohne Akku. Beim 3:1 gegen Eintracht Frankfurt glänzten dann Alexandru Maxim und Daniel Ginczek – wird das Duo nun doch noch zum Garant für den Klassenverbleib?

Stuttgart - Der Kampf gegen den Abstieg aus der Bundesliga und fußballerische Kabinettstückchen – das passt nicht unbedingt zusammen. Sollte man meinen. Und am Samstagnachmittag, im Spiel des VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt, war rund eine Stunde gespielt, da war das auch jedem klargeworden, der diesen Kick live verfolgte. Wohlwollend ausgedrückt konnte man da nämlich behaupten: Fußballerisch war der VfB unterirdisch unterwegs.

Ein wenig später, als Robin Dutt in den Katakomben der Mercedes-Benz-Arena das Geschehene analysierte, konnte der Sportvorstand des VfB Stuttgart dieser Sicht der Dinge nicht widersprechen. Er konnte aber auch sagen: „Umso bemerkenswerter war, was dann passiert ist.“ Und wer das ganze Spektakel ermöglicht hat. Der VfB hatte aus einem 0:1 ein 3:1 gemacht, und eine der Hauptrollen in diesem ungewöhnlichen wie erstaunlichen Schauspiel hatte Daniel Ginczek gespielt. Und damit einer, der nach der Partie nicht nur über seine zwei ersten beiden Bundesliga-Tore für den VfB berichten konnte, sondern dazu auch eine recht rührselige Geschichte zu erzählen hatte.

Als Rekonvaleszent nach einem Kreuzbandriss kam Ginczek im vergangenen Sommer vom 1. FC Nürnberg zum VfB, im Herbst galt er bereits als Alternative, doch es kamen Rückschläge. „Es war eine lange Leidenszeit“, erinnerte sich der 23-Jährige, der sich seit einigen Wochen aber wieder topfit und frei von den nach so einer Verletzung üblichen muskulären Problemen fühlt und in der zweiten Mannschaft mit fünf Treffern in fünf Spielen Selbstvertrauen tankte. „Seit Januar habe ich nur zwei Trainingseinheiten verpasst. Wegen einer Erkältung“, sagte er stolz – nachdem er erstmals seinen Wert für die Roten zur Schau hatte stellen können.

Beim Tor zum 1:1 drückte er die Hereingabe von Martin Harnik noch mit der Hüfte über die Linie, das 2:1 war dann beinahe traumhaft schön. „Wenn er das erste Tor nicht macht, weiß ich nicht, ob er das zweite auf diese Art und Weise gemacht hätte“, sagte VfB-Coach Huub Stevens. Einen hohen Ball mit der Brust angenommen, kurz geschaut, die Kugel am Torhüter vorbeigeschlenzt – gejubelt. „Da waren so viel Emotionen, da geht einem alles durch den Kopf“, sagte Ginczek, „und nach dem Jubeln bist du platt, weil du es nicht mehr gewohnt bist.“

Für Gesten war dennoch Platz. Erst formte der 23-Jährige mit den Händen ein Herz („Meine Eltern, meine Frau, meine Tochter – das war für alle, die mich in einer schwierigen Zeit unterstützt haben“), dann klatschte er noch mit Huub Stevens ab, um zu zeigen, dass auch dem Coach sein Dank gebührt. „Ich habe in den letzten drei Spielen kein Tor gemacht, aber der Trainer hat immer gesagt, dass er Fortschritte sieht.“ Dafür und für seine trotz Verletzung rasche Integration ins Team im Sommer „will ich nun etwas zurückgeben und mich für die Mannschaft aufopfern“, sagte Ginczek – wohl wissend, dass er allein kaum seinen zweiten Abstieg hintereinander – im vergangenen Jahr musste er mit dem Club runter – verhindern kann. Nur gut also, dass Alexandru Maxim noch da ist.

Der Rumäne war der vielleicht noch wichtigere Hauptdarsteller bei der Wiedergeburt der Stuttgarter Offensive am vergangenen Samstag. Das 1:1 leitete er mit einem feinen Pass auf Harnik ein, das 2:1 mit einem genialen Lupfer auf Ginczek, das 3:1 erzielte er nach starker Vorarbeit von Filip Kostic selbst. Kein Wunder, dass Dutt „froh“ war, in der Winterpause hart geblieben zu sein. Da hätte Maxim den VfB liebend gern in Richtung Premier League (FC Swansea) verlassen. Dutt erklärte den Techniker jedoch für unverkäuflich, obwohl Stevens anfangs überhaupt kein Fan von Maxim und dessen beschränkten Qualitäten im Defensivverhalten war. Doch nun, da der VfB im Kampf gegen den Abstieg auf Siege angewiesen ist, ist er es auch auf die technischen Feinheiten des 24-Jährigen. „Der Trainer weiß mit ihm umzugehen“, sagte Dutt. Und der Spielmacher hat sich mittlerweile abgefunden mit seinem Verbleib in Stuttgart.

„Ich bin Profi und werde vom VfB bezahlt“, sagte er am Samstag, „über alles andere mache ich mir keine Gedanken mehr.“ Das klang zwar nicht gerade wie eine Liebeserklärung, Maxim sagte aber auch: „Ich freue mich für mich, aber noch mehr für den Verein und die Fans. Ich bin auf den VfB fokussiert und will der Mannschaft immer helfen, wenn mir der Trainer die Möglichkeit dazu gibt.“ Es spricht nichts dagegen, warum sich daran etwas ändern sollte.

Der VfB rangiert nach wie vor auf Platz 18 und benötigt zum Überleben in Liga eins weitere Tore und Siege – weshalb das Duo Maxim/Ginczek neuerdings die Hoffnungen im Kampf gegen den Abstieg schürt. „Die Tore werden mir weiter Auftrieb geben“, sagte Daniel Ginczek und ergänzte: „Ab der 60. Minute hat man gesehen, welche Qualität wir im Spiel nach vorne haben.“ Und dass selbst im Kampf gegen den Abstieg Kabinettstückchen nicht ausgeschlossen sind.