Gibt ab der kommenden Saison die Kommandos beim VfB: Alexander Zorniger Foto: Getty

Lockt der VfB Stuttgart jetzt Jürgen Klopp? Nette Idee! Er dreht aber größere Räder. Neuer Trainer in Stuttgart wird aber ein anderer: Alexander Zorniger hat schon vor Wochen beim VfB unterschrieben.

Stuttgart - Es ist nicht verboten, gelegentlich die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz des Profifußballs zu stellen. Diese Tage liefern die eindrucksvolle Antwort: Wenn Jürgen Klopp (47) seine Mission bei Borussia Dortmund beendet, ist die Aufregung fast so groß, als hätte Angela Merkel ihren Austritt aus der CDU angekündigt.

Und wie immer in solchen Fällen wälzt sich eine Lawine aus Gerüchten und Spekulationen durchs Land. Getrieben von den Stimmungsmachern einer eng vernetzten Parallelwelt im World Wide Web. Und als sei es ein Naturgesetz der überhitzten Branche, kommt der eine oder andere Brocken des multioptionalen Geröllfelds auch an den Gestaden des Neckars zum Liegen.

Nächste Station Arsenal London oder Manchester City?

Die Frage jedenfalls, ob Jürgen Klopp jetzt den VfB Stuttgart in die Champions League führt, entbehrt zwar nicht eines gewissen Charmes, ist aber so weit von der Wirklichkeit entfernt wie das Raumschiff Enterprise vom Echterdinger Flughafen. Viel eher dürfte ihn die Aussicht auf einen Job bei Arsenal London oder Manchester City reizen. Auch ein Arbeitsplatz beim FC Bayern München scheint nicht ganz ausgeschlossen – sollte der große Pep mit seinem Starensemble wider Erwarten das Finale in der Champions League verpassen.

Was jede Spekulation um den schwäbischen Klopp vollends zum Hirngespinst degradiert, ist der Umstand, dass sich der neu aufgestellte VfB offenbar zu jenen Vereinen zählen möchte, die Verträge nicht aufkündigen, noch bevor sie ihre Wirksamkeit entfalten. Der neue Trainer des Vereins für Bewegungsspiele 1893 heißt nach Informationen unserer Zeitung definitiv Alexander Zorniger (47). Sein Dreijahresvertrag ist seit Wochen unterschrieben und gilt auch im Falle eines Abstiegs. Huub Stevens hatte zu diesem Zeitpunkt bereits signalisiert, am Saisonende den Dienst quittieren zu wollen. Was im Übrigen auch erklärt, warum Sportvorstand Dutt und der Niederländer bisher so unverbrüchlich miteinander auftreten wie Winnetou und Old Shatterhand.

Das ist angesichts der Springfluten, die der nicht weniger abstiegsgefährdete Hamburger SV neuerdings entfacht, sicherlich keine schädliche Strategie. Es habe in den vergangenen Wochen schon einige Gerüchte gegeben, heißt es beim VfB, weshalb die Entwicklung in Hamburg und Dortmund nicht aus heiterem Himmel kam.

„Wir konzentrieren uns nur auf uns“

„Wir konzentrieren unsere Kräfte aber weiterhin ausschließlich auf den Klassenverbleib“, wiederholt Robin Dutt sein Stuttgarter Mantra, „an Spekulationen über personelle Veränderungen beteiligen wir uns nicht.“ Und der Trainer nickt dabei so heftig, dass ihm Genickstarre droht: „Wir konzentrieren uns nur auf uns“, sagt Stevens auch im Hinblick auf das Geschehen bei der Konkurrenz, „alles andere ist nicht wichtig.“

Was bedeutet: Lieber beißen sie sich im weiß-roten Hauptquartier die Zunge ab, als die Causa um Alexander Zorniger in irgendeiner Form zu bestätigten. Trotzdem müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn der ehemalige VfB-Co-Trainer aus der Ära von Markus Babbel (2009) den Um- und Neuaufbau nicht maßgeblich gestalten würde. Dutts kurz-, mittel- und langfristige Strategie, seine Spielphilosophie und seine Kaderplanungen, heißt es, seien eins zu eins eingebrannt auf der Festplatte des aus Schwäbisch Gmünd stammenden neuen Übungsleiters.

So betrachtet, erkennen auch erfahrene Fachleute wenig Fehlermeldungen auf dem Weg, den der VfB Stuttgart aktuell bestreitet. Denn unbestritten ist, dass eine Art ruhige Anspannung eine brauchbare Methode ist, um im Kampf gegen den Abstieg nicht die Nerven zu verlieren.

Mit Blick auf Hamburg beschleichen selbst eingefleischte HSV-Fans dagegen Zweifel. In Bruno Labbadia (49) steht in dieser Saison nun schon der vierte Trainer auf der Gehaltsliste des Liga-Dinos. Was nicht nur in der engeren Glaubensgemeinschaft gemischte Gefühle weckt. TV-Experte Didi Hamann schwang sich zu der ätzenden Kritik auf, wonach der HSV mit dieser Personalie „die Richterskala des Dilettantismus nach oben durchbrochen“ habe. So oder so kommt es jetzt am zweitletzten Spieltag zum Schicksalsspiel gegen den HSV und just gegen den Trainer, der den VfB Stuttgart 2010 vor ähnlichem Ungemach bewahrte. Man sieht sich immer zweimal im Leben.

Noch lieber als mit Labbadia wäre der HSV wohl mit Thomas Tuchel (41) als Coach in Stuttgart angetreten. Ein Engagement während dieser Saison stand beim VfB aber nie zur Diskussion – und ist beim Hamburger SV im Ansatz gescheitert. Sein ehemaliger Arbeitgeber Mainz 05 beharrte auf dem noch bis zum Saisonende laufenden Vertrag. Und im Hinblick auf Verhandlungen für die nächste Spielzeit ließ Tuchel die HSV-Gewaltigen offenbar am ausgestreckten Arm verhungern. Vermutlich auch deshalb, weil sich bei Borussia Dortmund ein Türchen öffnete, durch das er noch lieber schlüpfen würde.

Jetzt ist er erster Anwärter auf die Nachfolge des Trainers, dem er schon beim FSV Mainz 05 folgte.