Für die B-Junioren des VfB läuft es genauso schlecht wie für die anderen Nachwuchsmannschaften: Sie sind aktuell Zehnter der U-17-Bundesliga Foto: Baumann

Die Jugendfußballer des VfB haben in der Vergangenheit zahlreiche deutsche Meisterschaften gewonnen – davon sind sie inzwischen meilenweit entfernt. Der Manager Marc Kienle will den Kahn wieder flott kriegen.

Stuttgart - In der Theorie stellt sich der VfB Stuttgart das so vor: regelmäßig werden Talente verpflichtet und in den Stuttgarter Jugendmannschaften nach und nach ausgebildet. Anschließend folgt direkt der Sprung zu den Profis. Nachschub rollt, würde das bedeuten. Derzeit gibt es in Berkay Özcan (18) gerade auch einen Spieler, der – nach Timo Baumgartl – diesen Weg gegangen ist und sich seinen Platz im Zweitligakader erkämpft hat. Aber er befindet sich aktuell alleine auf weiter Flur. Das ist ziemlich dürftig für einen Club, der nach wie vor viel mehr Geld in seine Nachwuchsarbeit investiert als die allermeisten Konkurrenten. Nachschub stockt, heißt es in der Praxis – und das hat Gründe. „Wir müssen nach vorne schauen und dabei aus den Fehlern der Vergangenheit lernen“, sagt Marc Kienle, der neue VfB-Manager für Sportkoordination.

Die Tabellen lügen nicht. In der 14er-Staffel der A-Junioren-Bundesliga belegt der VfB den elften Rang. Am Wochenende musste sich die U 19 nach einer 2:0-Führung mit einem 2:2 gegen 1860 München zufrieden geben. Dasselbe Kunststück gelang den B-Junioren gegen den SC Freiburg. Sie sind aktuell Zehnter.

Mit beiden Teams hinkt der VfB den Zielen meilenweit hinterher – von der U 23 ganz zu schweigen. Das Team ist im Mai erstmals in die Regionalliga abgestiegen und fristet auch dort ein eher kümmerliches Dasein. „Uns war klar, dass wir speziell bei der U 23 vor einer schwierigen Saison stehen“, sagt Kienle. Vorbei sind die Zeiten, als der frühere Präsident Bernd Wahler stolz vom VfB als deutschem Jugendrekordmeister gesprochen hat. Inzwischen wurde er auch im Jugendbereich von anderen Vereinen überholt – beispielsweise von RB Leipzig.

Warum gingen Schrof und Albeck?

Das ist dann auch das Stichwort, das immer wieder fällt, wenn der VfB die bedenkliche Entwicklung analysiert. Denn seit 2012 sind Frieder Schrof und Thomas Albeck bei RB Leipzig, zwei Urgesteine auf dem Wasen, die zuvor über viele Jahre hinweg in Stuttgart in der Verantwortung waren und den Club in ihrer Ära zum Jugendrekordmeister geformt haben. Damals gab es nicht nur einen Özcan, sondern eine ganze Reihe von Eigengewächsen, die anschließend oft sogar in der Nationalmannschaft den großen Durchbruch schafften – von Kevin Kuranyi bis zu Mario Gomez.

Begonnen haben die Probleme auf jeden Fall mit dem Abgang von Schrof und Albeck, die der ehemalige Manager Fredi Bobic teilweise auch aus persönlichen Motiven vertrieben hat. So war es Schrof, der Bobic beim VfB einst als Jugendspieler ausgemustert hatte – seitdem war die Chemie zwischen den beiden vergiftet. Die Nachfolge von Schrof und Albeck trat Marc Kienle an. Sein Auftritt dauerte nur ein Jahr. Er sah wenig Perspektive und wechselte als U-19-Trainer zum FC Bayern. Auf Kienle folgte Ralf Becker. Parallel zu diesen Veränderungen verließen unter Bobic solche Talente wie Bernd Leno, Sebastian Rudy und zuletzt auch Joshua Kimmich den Club, bevor sie ihre Karriere richtig starteten. Ihr Potenzial war von den Verantwortlichen in der Lizenzspielerabteilung falsch eingeschätzt worden, dazu kamen immer wieder finanzielle Zwänge. „Wir müssen dahin kommen, dass wir die Spieler nicht mehr so früh verlieren“, sagt Kienle, „das ist der Schlüssel für uns.“

Auf allen Ebenen verbessern

Während Schrof und Albeck jahrzehntelang für Kontinuität und Stabilität in der Jugendförderung gesorgt hatten, regierte danach der Wandel. Das ging sogar in diesem Sommer nach dem Ausscheiden von Becker weiter, weil der Manager Robin Dutt kurz vor seiner Entlassung im Mai zunächst Alexander Schmidt zum Nachwuchschef machen durfte. Der stellte noch weitgehend das Aufgebot der zweiten Mannschaft in der Regionalliga zusammen, ehe er nach ein paar Wochen weichen musste. Jetzt ist Kienle den beiden sportlichen Leitern des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ), Michael Gentner sowie Walter Thomae, übergeordnet und muss sich vorerst mit den Verhältnissen arrangieren. Bisher habe er noch fast nichts korrigieren können, „weil ich mir zuerst mal einen Überblick über die Situation verschaffen musste“, sagt er.

Die Gesamtschau von Kienle sieht nun so aus, „dass wir den Jungs von der Infrastruktur her sicher vieles bieten.“ Damit sind vor allem die Rahmenbedingungen mit der Rundumbetreuung im NLZ gemeint. In Erfolgen schlägt sich das jedoch im Augenblick noch nicht nieder – weder was die Jugendmannschaften betrifft (Kienle: „Wir sollten schon den Anspruch haben, dass wir da wieder eine bessere Rolle spielen“) noch wenn es darum geht, Talente in großer Zahl nach oben zu bringen, was in der zweiten Liga sogar einfacher wäre als in der Bundesliga. Das Wichtigste für die Zukunft werde sein, „dass wir den Übergang von der U 23 zu den Profis besser gestalten“, sagt Kienle.

Dazu ist es nötig, den jungen Spielern Perspektiven aufzuzeigen, „damit sie erkennen, dass der VfB etwas Besonderes für sie ist und dass hier etwas entstehen kann“, sagt Kienle. Um das umzusetzen, „müssen wir uns ständig überprüfen und mit anderen Clubs vergleichen.“ Denn eines ist für Kienle unumstößlich: „Wir wollen und wir müssen uns auf allen Ebenen verbessern.“