Der HSV jubelt, VfB-Profi Daniel Didavi ist nach dem 2:3 in Hamburg enttäuscht Foto: Baumann

Zwei Spiele, null Punkte. Ja, geht der ganze Mist schon wieder los? Fragen die Fans. Nein. Sagen die Verantwortlichen des VfB Stuttgart – die nach dem 2:3 beim Hamburger SV aber auch wissen: Ein Sieg muss her, und das recht schnell. Sonst steigt der Druck erneut in unerwünschte Sphären.

Hamburg - Als sich Mannschaft und Trainer um 9.30 Uhr am Sonntagmorgen zum Frühstück trafen, war die Enttäuschung noch längst nicht aus den Gesichtern der Profis des VfB Stuttgart gewichen – und die Anspannung wohl auch nicht. Schließlich hatte Alexander Zorniger am Abend zuvor durchaus interpretationswürdig geantwortet, als die Frage kam, wie seine Spieler nun die Köpfe wieder nach oben bekommen: „Mal sehen, wie sie mit der Analyse umgehen.“ Das konnte als Drohung verstanden werden. Wie’s dann wirklich war? „Bestimmt, aber sachlich“, berichtete Christian Gentner. Eben so, wie man den neuen Trainer bislang kennengelernt habe. Den Trainer, der aber auch mächtig sauer war am Samstagabend.

Da hatte der VfB die Partie beim Hamburger SV lange dominiert, war zweimal in Führung gegangen, hatte sich dann aber um den Lohn gebracht. Erst hemmte die Gelb-Rote Karte gegen Florian Klein (53. Minute) den Offensivgeist der Roten, als in der Schlussphase die Kräfte nachließen, gaben sich die Spieler vollends dem Rückwärtsgedanken hin – was Zorniger aufbrachte: „Wir haben uns nicht mehr getraut, mutig zu verteidigen.“ Und das Unglück nahm seinen Lauf. Der HSV siegte noch 3:2 – und wusste am Ende selbst nicht so genau, warum. Bruno Labbadia, der frühere Stuttgarter und jetzige Hamburger Trainer, erklärte den Journalisten jedenfalls ungefragt, wie gut sein Ex-Club agiert habe: „Richtig stark.“

Beim VfB wollte da keiner widersprechen, weil nach zwei Spielen aber noch kein Zähler das Punktekonto ziert, sorgt das Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag für Ärger – vor allem, weil der VfB sich seine Probleme mal wieder selber schafft.

Zorniger ist unzufrieden mit den Einwechselspielern

Gegen den 1. FC Köln war es die mangelhafte Chancenverwertung, die den Sieg kostete, in Hamburg ließ Trainer Zorniger die lang währende Unterzahl nicht als Ausrede gelten und prangerte stattdessen mannschaftstaktische und individuelle Fehler an. Er nannte den Namen nicht, aber vor allem Carlos Gruezo durfte sich angesprochen fühlen. Der Ecuadorianer war eingewechselt worden, war aber alles andere als ein Defensivstabilisator. Vor dem 2:2 des HSV grätschte er ohne Not ins Leere, vor dem 2:3 ließ er Torschütze Johan Djourou auf dessen Weg in den Strafraum passieren. Zorniger wollte über seine Einwechselspieler daher lieber „nicht sprechen“ und sagte lieber ganz allgemein, aber durchaus scharf: „Es geht um das Verhalten an sich. Ich kann von außen nicht alles steuern.“ Die Spieler dürfen auch im Zorniger-System eigene Entscheidungen treffen – nur: Wenn nicht bald Ergebnisse kommen, wird es schwierig mit dem dafür nötigen Selbstvertrauen.

Noch stehen die Spieler nach außen bedingungslos zur neuen Spielphilosophie mit viel Laufarbeit und hohem Risiko. „Wir glauben total an das, was der Trainer vorgibt“, sagte Stürmer Martin Harnik. Und Zorniger meinte: „Das ist alles andere als ein optimaler Start, aber unser Weg ist alternativlos.“ Die bisherigen Leistungen sprechen für den eingeschlagenen Weg. Sportvorstand Robin Dutt erklärte: „Viele Dinge, die wir uns vorgenommen hatten, haben wir schon gesehen.“ Weil sich das Punktesäckchen vom schönen Spiel allein aber nicht füllt, wechselt der VfB bereits vor dem dritten Spieltag in den ungeliebten Modus mit viel Druck: Er muss am Samstag (15.30 Uhr) gegen Eintracht Frankfurt punkten, um nicht die bösen Geister der vergangenen Jahre zum Leben zu erwecken. „Wir wissen, dass es an der Zeit ist, ein Spiel zu gewinnen“, sagte Doppeltorschütze Daniel Ginczek – der wohl schon bald einen neuen Mitspieler bekommt.

Zorniger jedenfalls machte kein Hehl daraus, dass die bisherigen Ereignisse den Wunsch nach Verstärkungen nicht gerade haben kleiner werden lassen. „Für unsere Intensität brauchen wir einen großen Kader“, sagte der Coach, „wir müssen uns auf jeden Einzelnen verlassen können.“ Am Samstag ging ihm dieses Gefühl in der Schlussphase ab, weshalb er auf die Frage nach der Qualität des Kaders antwortete: „Im Moment kann ich nicht sagen: Vollkommen ausreichend.“ Die Scouts des VfB sind daher in halb Europa, vor allem aber in Russland unterwegs, um bis zum Ende der Transferperiode am 31. August noch Abwehr- und/oder Mittelfeldspieler aufzutreiben, die bezahlbar sind und den VfB trotzdem weiterbringen. Dutt bekräftigte: „Wir würden gerne noch mal nachlegen.“

Mit Transfers. Und dann auch endlich mit dem ersten Saisonsieg in der Liga.