Zuletzt gegen den HSV immer obenauf: VfB-Profi Dabiel Didavi (links/gegen Kacar) Foto:  

Dem derzeitigen Angst- folgt der Lieblingsgegner des VfB Stuttgart. In Hamburg sahen die Roten in der jüngeren Vergangenheit meist gut aus – aber helfen Erinnerungen an diesem Samstag (18.30 Uhr/Sky) wirklich? „Sie können beflügeln“, sagt Sportpsychologe Werner Mickler. Mehr aber auch nicht.

Stuttgart - „Gegen Köln habe ich immer gerne gespielt und viele Tor erzielt. Da hatte ich immer schon vor dem Anpfiff das Gefühl: Heute könnte es wieder klappen.“ Sagt Karl Allgöwer. „Gegen Borussia Dortmund lief es immer besonders gut. Da sind wir hingefahren und haben uns gesagt: Da gewinnen wir sicher wieder.“ Erinnert sich Guido Buchwald. Und weil sich da sicher noch etliche andere Kronzeugen finden lassen, muss doch was dran sein – am Mythos, wonach einem Spieler oder einer Mannschaft ein bestimmter Gegner ganz besonders gut liegt. Und eben der Lieblingsgegner ist. Oder sind das alles doch nur belanglose Spinnereien der Statistik-Freaks?

Der VfB Stuttgart tritt an diesem Samstag beim Hamburger SV an – und weil es dort in den vergangenen vier Auswärtsspielen drei Siege und ein Unentschieden für die Roten gab, darf das Gefühl ruhig ein gutes sein. Findet Werner Mickler. „Von Erzählungen allein wird nichts passieren“, sagt der Sportpsychologe zwar, er weiß aber auch: „Wenn ein Spieler bei einem bestimmten Gegner häufig erfolgreich gespielt hat, dann kann ihn das im nächsten Aufeinandertreffen beflügeln.“ Die „emotionale Lage“ jedenfalls, sei dann nicht gerade die Schlechteste – und das Phänomen könnte sich fortsetzen.

Beispiele solcher im Grunde wenig erklärbarer Serien gibt es viele, auch in der Geschichte des VfB Stuttgart. Gegen Borussia Dortmund, daran hatte sich Ehrenrat Guido Buchwald erinnert, gelangen den Roten Anfang der 90er Jahre mal acht Spiele in Folge mit sechs Siegen und zwei Unentschieden, Zwischen 1993 und 1998 siegte der VfB neunmal gegen den HSV und verlor in diesem Zeitraum nur eine Partie, zudem gab es ein Unentschieden. Gegen Bayer Leverkusen blieben die Roten Anfang der 80er Jahre in 13 Spielen ohne Niederlage (acht Siege), zwischen 2000 und 2007 gab es gegen Hannover 96 eine stolze Serie (acht Siege, drei Unentschieden), kurz darauf gegen Eintracht Frankfurt (sechs Siege, ein Remis).

Positive Erfahrungen können auch auf neue Spieler wirken

„Die Trainer können solche Fakten in der Spielvorbereitung als positiven Aufhänger nutzen, für den einen oder anderen Spieler kann das hilfreich sein“, sagt Werner Mickler. Und Guido Buchwald ist sicher: „Man hat solche Zahlen im Hinterkopf, das kann dann schon mal einige Prozent Leistung ausmachen.“ Und selbst Spieler, die neu im Verein sind, könnten davon profitieren. „Wenn genügend andere da sind, die diese erfolgreichen Spiele miterlebt haben, nehmen sie die Neuen mit“, sagt Buchwald. Das Ganze gibt es auch in der gegenteiligen Form.

Vergangene Woche hat der 1. FC Köln seinen Status als aktueller Angstgegner des VfB beim 3:1 zum Ligastart untermauert. Gegen Leverkusen, Dortmund und den FC Bayern warten die Roten seit Jahren auf einen Sieg, und selbst Auswärtsspiele bei Werder Bremen galten mal als traditionell knifflige Aufgabe. Wenn dann erneut eine Partie gegen einen solchen Gegner ansteht, ist der Trainer noch mehr als Psychologe gefragt als im Falle einer Erfolgsserie. „Dann gilt es, das Negative in Positives umzukehren“, sagt Buchwald. Und Mickler ergänzt: „Auch der bisherige stete Misserfolg kann motivierend sein – wenn man beweisen will, dass es gegen diesen bisherigen Angstgegner doch erfolgreich geht.“

Vermutlich ist es also ganz gut, nicht allzu viel zu geben auf die Statistiken. So hält es auch Karl Allgöwer, der sagt: „Ich halte mich eher an den Vergleich der einzelnen Positionen.“ Und auch da hat der Rekordtorschütze des VfB Vorteile gegenüber dem HSV ausgemacht. Die Roten, sagt er, seien „klarer Favorit“, ganz unabhängig von den Ergebnissen der vergangenen Jahre: „Der VfB hat einfach die bessere Mannschaft.“ Darauf setzt auch Alexander Zorniger. Ausschließlich darauf verlassen will sich der Trainer aber nicht.

Trainer Zorniger setzt auf den Lerneffekt

Er setzt lieber auf den Lerneffekt nach dem 1:3 gegen Köln und sagt: „Beim Antizipieren der Spielsituationen haben wir noch Luft nach oben.“ Und: „An der Torausbeute werden wir noch eine ganze Weile arbeiten müssen.“ Seine Zuversicht ist dabei aber groß: „Wenn die Mannschaft in dieser Geschwindigkeit wie bisher weiter lernt, werden wir nicht viele Spiele verlieren.“ Womöglich auch nicht in Hamburg.

Dort kommt schließlich noch der psychologische Vorteil hinzu – was ein früherer VfB-Profi und jetziger Hamburger ganz genau weiß: „Der HSV“, sagt Gotoku Sakai, „war in Stuttgart unser Lieblingsgegner.“