Einer aus der Viererkette: Nicht nur bei Georg Niedermeier reihen sich derzeit Fehler an Fehler Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart zeigt wieder Offensivstärke, lässt aber auch haarsträubend viele Gegentreffer zu. Eine Frage der Defensivqualität? Oder lässt sich der Angriffsfußball von Armin Veh nicht mit guter Abwehrarbeit vereinbaren?

Stuttgart - Die Mannschaft kam noch einmal hoch motiviert aus der Kabine. Trotz eines 0:2-Rückstands glaubte sie daran, das Spiel gegen den VfL Wolfsburg noch drehen zu können. Doch nur drei Minuten später waren alle Aufhol-Ambitionen hinfällig. Georg Niedermeier leistete sich einen Fehlpass, Vierinha schnappte sich den Ball, nahm Tempo auf und flankte zu Kevin de Bruyne, der eiskalt abschloss.

Im Stile eines Altherrenkickers hinterhergetrabt

Niedermeier hatte nach seinem unüberlegten Abspiel die Orientierung verloren, gleiches galt für Antonio Rüdiger, dem ein Schulterblick genügt hätte, um den späteren Torschützen in seinem Rücken auszumachen. Ein klassischer Abwehrfehler also. Doch nicht nur. Filip Kostic, der eigentliche Adressat von Niedermeiers Fehlpass, trabte Vierinha im Stile eines Altherrenkickers hinterher. Der offensive Mittelfeldspieler trägt also zumindest eine Teilschuld an dem Gegentreffer, der exemplarisch für so viele der bislang 23 kassierten Saisontore der Roten steht. Was in der alten Fußballerweisheit mündet: Die Defensive fängt im Angriff an. Oder spätestens im Mittelfeld.

Das ist Teil eins des Problems und der Frage, warum der VfB Stuttgart zusammen mit dem kommenden Gegner Werder Bremen (Samstag,18.30 Uhr, Weserstadion/Sky) die Schießbude der Liga stellt. Die Wasen-Kicker orientieren sich unter Trainer Armin Veh wieder an einer offensiven Grundausrichtung. Das hat in den vergangenen Spielen ganz gut funktioniert – im Spiel nach vorne. Darüber hinaus sind jedoch einige Spieler überfordert, alle Facetten des Spiels zu beherzigen. Siehe Kostic. Der Serbe dribbelt und kämpft um den gegnerischen Sechzehner und bringt alles mit, ein überdurchschnittlicher Bundesligaspieler zu werden. Sein Abwehrverhalten zeigt zugleich, dass er noch nicht in der höchsten deutschen Spielklasse angekommen ist.

Frank Verlaat lobt Armin Veh

„Ich finde es gut, dass sich der Verein wieder auf seine Tradition besinnt und versucht, attraktiven Fußball zu spielen“, sagt der frühere VfB-Verteidiger Frank Verlaat (1995-1999). „Aber du musst natürlich lernen, als ganze Mannschaft zu verteidigen, sonst hast du ein Problem.“ Der Niederländer (46) verfolgt seinen Ex-Club noch genau. Die vielen Gegentore – 14 in den vergangenen vier Begegnungen bedeuten Negativ-Rekord – sind ihm dabei natürlich nicht verborgen geblieben. Er rät Armin Veh, deshalb aber nicht das ganze Konzept über den Haufen zu werfen. „Ich denke, es ist mit dieser Mannschaft möglich, gut nach vorn zu spielen und hinten trotzdem sicher zu stehen.“ Gleichwohl räumt er ein, dass sich das Abwehrspiel rasant verändert hat. Vor allem in puncto Handlungsschnelligkeit. „Heute musst du als Abwehrspieler körperlich und gedanklich sehr schnell sein. Gerade wenn die Mannschaft hoch, also offensiv verteidigt“, sagt der frühere VfB- und Werder-Profi.

Nur: Schnelligkeit zählt nicht zu den Stärken der aktuellen VfB-Verteidiger, womit man beim zweiten Teil des Problems anlangt: der Qualität des Personals. Georg Niedermeier und Daniel Schwaab wirken mit ihrem statischen Spiel bisweilen wie ein wenig aus der Zeit gefallen. Werden sie von ihren Vorderleuten im Stich gelassen, sehen sie erst recht schlecht aus. Gotoku Sakai rennt seinen Gegenspieler auch meist hinterher, seine Wirkung nach vorne ist in dieser Saison gleich Null. Einzig Antonio Rüdiger erfüllt höhere Anforderungen. Doch bräuchte er einen starken Mann an seiner Seite. Die Führungsrolle vermag der 21-Jährige noch nicht auszufüllen.

Fazit: Um mehr als nur gut zu stehen – wie zum Ende der vergangenen Saison unter Huub Stevens – braucht der VfB mehr Qualität im Defensivverbund. Die sportliche Führung sucht bereits nach neuem Personal. Carlos Zambrano (Eintracht Frankfurt) ist dabei aber kein Thema mehr – zumindest nicht in diesem Winter.