Bernd Wahler stand bei der Mitgliederversammlung Rede und Antwort Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB Stuttgart hat auf seiner Mitgliederversammlung am Montagabend für die vergangene Saison Abbitte geleistet und Mut gemacht für die Zukunft. Die Mitglieder brachen nicht in Euphorie aus, zeigten sich aber verhalten optimistisch.

Stuttgart - Wenn man als gestandener und noch immer ruhmreicher Bundesligist seinen Mitgliedern eine Saison erklären muss, die am Ende auf dem 15. Platz nur kurz vor den Abstiegsrängen endete, hat man als Sportvorstand nicht viele Optionen. Fredi Bobic wählte am Montagabend in der Porsche-Arena die Vorwärtsverteidigung und schlüpfte ins Büßergewand. Oder um es mit einem berühmten Ex-Bundesligaspieler zu sagen: Ich bin sehr selbstkritisch – auch mir selbst gegenüber.

„Die Saison war katastrophal, niederschmetternd, keine Frage“, versuchte sich der 42-Jährige erst gar nicht im Schönreden. Als seinen größten Fehler bezeichnete es Bobic, sich in zu vielen Angelegenheiten verstrickt zu haben. Vor allem in der Übergangszeit von Ex-Präsident Gerd Mäuser zu Nachfolger Bernd Wahler habe es der Sportvorstand versäumt, sich um sein Kerngeschäft zu kümmern: die Mannschaft. „Da habe ich Zeit mit vielen Dingen verbracht, wo ich nicht so das Know-How habe“, räumte Bobic ein. Die Folge: Ihm fehlte zunehmend die Nähe zu Trainer und Team. So ging ihm ab, wie die Spieler unter Bruno Labbadia erst die Lust verloren, und wie es Thomas Schneider mit seiner Jugendphilosophie irgendwann übertrieb. Rückblickend bezeichnete Bobic sein Handeln als oberster Sportchef als „naiv. Ich habe es zu sehr laufen lassen“. Das solle keine Entschuldigung sein, er erwarte auch kein Mitleid. „Aber ganz klar. Die Saison geht auf meine Kappe.“

Das sahen die gut 2000 anwesenden Mitglieder weitgehend ähnlich. Bobics offene Worte, die in Liebe- und Treueschwüren gipfelten („Ich bin stolz, für diesen Verein zu arbeiten“), kamen gut an und nahmen der zuvor auf Krawall gebürsteten weiß-roten Basis den Wind aus den Segeln. Am Ende gab’s statt Pfiffe sogar Applaus – vor allem, weil Bobic Abwehrtalent Antonio Rüdiger für unverkäuflich erklärte und noch weitere Neuverpflichtungen versprach.

In der anschließenden Aussprache waren die Redner weniger zimperlich mit Bobic und lasen ihm heftig die Leviten. Auch dem Aufsichtsrat verpassten die Mitglieder einen Denkzettel: Sie verweigerten ihm die Entlastung. Verhaltene Zustimmung gab es dagegen für Bernd Wahler. Kein Vergleich zur Mitgliederversammlung vor einem Jahr, als Wahler unter Begeisterungsstürmen ins Präsidentenamt gewählt wurde. Eine schlechte Spielzeit später blieb für ihn nicht mehr als Höflichkeitsapplaus.

Der Vereinschef tat es Bobic nach und übte sich ebenfalls in Demut. Ja, auch er habe Fehler gemacht, bekannte Wahler. Auch er habe die sportliche Situation lange unterschätzt. Aber damit wollte es der Präsident mit dem Blick zurück auch gut sein lassen. Seine Aufgabe ist es nun, den Verein fit für die Zukunft zu machen. Zentraler Baustein seiner Präsidentschaft soll neben einer Marken-Kampagne („Furchtlos und treu“) die Ausgliederung der Profiabteilung werden. „Um den VfB wettbewerbsfähig zu halten, führt kein Weg daran vorbei“, sagte Wahler. Er führte den Mitgliedern noch einmal den entscheidenden Vorteil vor Augen: Das Geld. Wahler bestätigte am Montag, was unsere Zeitung bereits berichtet hatte: Den Einstieg von Daimler als Investor. Wie aus dem Haus mit dem Stern zu hören ist, sind die Daimler-Granden bereit, mit 20 Millionen Euro in die VfB AG einzusteigen. Bis zu 25 Prozent seiner Anteile will der VfB verkaufen – insgesamt 70 Millionen könnten so zusammenkommen. Wahler versprach, aus dem VfB keinen Werkclub wie Hoffenheim oder Leverkusen zu machen. Deshalb auch keine GmbH, sondern eine AG, die den Einstieg mehrerer Investoren ermöglicht.„Nicht jeder Wettbewerber ist mit einer Ausgliederung erfolgreich. Aber für künftige Erfolge ist sie zwingend erforderlich“, appellierte Wahler an den Anhang, seine Pläne nicht aus bloßem Protest abzubügeln.

Das taten sie auch nicht. Im Gegenteil: Die Vision des Präsidenten stieß – für viele überraschend – auf grundsätzliche Zustimmung. Klar ist aber auch, dass die Verantwortlichen in Vorstand und Aufsichtsrat noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung voraussichtlich im kommenden Frühjahr die erforderliche Dreiviertelmehrheit zu erreichen.

Nur ein Fan sprach sein schlechtes Gefühl offen aus: „Das mit der Ausgliederung finde ich prinzipiell gut. Aber für den VfB ist es immer gefährlich, wenn er zu viel Geld hat.“