Japanischer Albtraum für Steaua Bukarest: Gotoku Sakai (li.) und Shinji Okazaki schossen für den VfB insgesamt drei Tore. Foto: Baumann

Griff in die Trickkiste zahlt sich aus: Nach der Gala in Bukarest muss das Team von Trainer Labbadia die Form im Liga-Alltag bestätigen.

Stuttgart - Den Superlativ mag Bruno Labbadia auch nach dem spektakulären Auftritt in der Europa League nicht bemühen. Als Trainer weiß er nur zu genau: Es geht immer noch ein Stückchen besser. Deshalb springt Fredi Bobic in die Bresche. „Die erste Halbzeit war nahe an der Perfektion“, sagt der Manager – und korrigiert sich wenig später: „Sie war perfekt.“ Der VfB vereinte Wucht und Eleganz, bot makellosen Kombinationsfußball, sprühte vor Spielfreude und nutzte Chance um Chance. „Das war ein Sahnetag“, sagte denn auch Labbadia und untersagte sich Triumphgefühle.

Nur einmal blitzte bei ihm innere Genugtuung auf. Als er von seinem Taktikkniff erzählte, der Steaua lahmlegte. Weil die Rumänen auf ihre verletzten Rechtsverteidiger Daniel Georgievski und Gabriel Matei verzichten mussten, hatte ihr Trainer Laurentiu Reghecampf auf eine Dreierkette in der Abwehr umgestellt. „Dafür muss man eben gut informiert sein“, sagte Labbadia genüsslich, „wir hatten einen Beobachter hier, der uns das vorhergesagt hat.“ Deshalb nahm er Ibrahima Traore aus der Mannschaft und setzte in Vedad Ibisevic, Shinji Okazaki und Martin Harnik auf drei ausgebildete Stürmer. „Wir wussten, dass wir offensiv auftreten mussten, dann würden sich hinter der Dreierkette Räume auftun.“ So war es. Der VfB machte mächtig Druck und drängte Steaua in die eigene Hälfte. „So viel Gegenwehr sind die in ihrer Liga nicht gewohnt“, sagte Labbadia.

VfB-Profis setzen auf die Wunderwaffe Öl

Das war nicht der einzige Griff in die Trickkiste. Beim Warmmachen erschraken die VfB-Profis über den aufgeweichten und rutschigen Rasen im Nationalstadion. Einer wusste Rat: Michael Meusch. Der Zeugwart fettete die Kickstiefel der Spieler kurzerhand „mit so einem Chemiezeug“ (Martin Harnik) ein. Genauer: mit Öl, wie er es im Winter verwendet. So wie dann der Schnee nicht an den Stiefeln klebt, so blieb diesmal auch der Matsch nicht haften.

Keine Frage, beim VfB läuft es wie geschmiert.

Mit einem Sieg gegen Molde kann die Mannschaft am 6. Dezember den Einzug in die Zwischenrunde der Europa League perfekt machen. Womöglich genügt auch ein Unentschieden, weil bei Punktgleichheit der direkte Vergleich den Ausschlag gibt – und den hat der VfB sowohl gegen Bukarest als auch gegen den FC Kopenhagen für sich entschieden. Dazu gab es in den letzten zehn Spielen nur eine Niederlage, und in der Bundesliga ist der VfB mit elf Punkten aus sechs Spielen die zweitbeste Auswärtsmannschaft hinter Bayern München (16). Glänzende Aussichten also für das Auswärtsspiel beim SC Freiburg an diesem Sonntag (15.30 Uhr/Sky und Liga total)? Theoretisch schon. Wenn die Mannschaft sich wieder daran erinnert, was sie stark macht: Wille, Kampfgeist und nie erlahmender Einsatz. „Eine Leistung wie in Bukarest können wir immer wieder zeigen“, sagt Christian Gentner, „wir dürfen nur nie einen Tick nachlassen.“

Labbadia: „Das freut mich, das hat er sich verdient“

Besser wäre, jeder würde noch eine Schippe drauflegen. So wie Gotoku Sakai, der das 3:0 erzielte und das 4:0 vorbereitete. „Als er zum Torschuss ansetzte, dachte ich: Entweder er haut den Ball über die Tribüne oder ins Tor“, sagte Labbadia. Sakai traf, sein erstes Tor für den VfB. Oder so wie Shinji Okazaki. Beim VfB war er zuletzt eher dadurch aufgefallen, dass er beste Chancen nicht nutzte. Deshalb hatten sie schon gefrotzelt, er solle doch ein Japan-Trikot unter sein VfB-Shirt anziehen – weil er mit der Nationalmannschaft seiner Heimat im Schnitt alle zwei Spiele trifft. Es klappte auch so: zwei Tore erzielt, eines vorbereitet. „Das freut mich, das hat er sich verdient“, sagte Labbadia.

So kann es weitergehen, nicht nur bei Sakai und Okazaki. Auch wenn der Terminplan gnadenlos ist und kaum eine Verschnaufpause zulässt. Gentner ist eine Ausnahme: Nach der Rückkehr aus Bukarest schickte Labbadia am Freitag den grippegeschwächten Mittelfeldspieler nach Hause, „damit er zu Kräften kommt“. Kapitän Serdar Tasci riet: „Wir müssen gut essen, ein bisschen schlafen und versuchen, den Schwung mitzunehmen.“ Und wieder zuschlagen. Bukarest hat Lust auf mehr gemacht.