Arianit Ferati im Trainingslager in Kapstadt Foto: Pressefoto Baumann

Tim Leibold (20) drängt auf sein Liga-Debüt, Arianit Ferati (16) holt sich Tipps von Vedad Ibisevic

Kapstadt - Ein wenig hat ihm die Umstellung zu schaffen gemacht. Die lange Reise nach Südafrika, das harte Profi-Training zweimal am Tag, die Eindrücke und das ungewohnte Miteinander mit den berühmten Kollegen, die er bis vor kurzem nur aus dem Fernsehen kannte – das alles kostet Kraft. Umgehauen hat es Tim Leibold gleichwohl nicht. „Ich komme gut mit“, versichert das VfB-Talent im Trainingslager in Kapstadt.

Überhaupt, da hat er schon andere Umstellungen hinbekommen! Zum Beispiel bei den A-Junioren des SGV Freiberg/Neckar. Da kam sein damaliger Trainer Manfred Jung plötzlich auf die Idee, den gelernten Stürmer zum linken Verteidiger umzuschulen. Leibold war verblüfft, aber willig. „Als Stürmer“, sagt er, „habe ich Buden gemacht ohne Ende. Es hat ein halbes Jahr gedauert, dann hatte ich mich mit der neuen Position angefreundet.“ Es war nicht zu seinem Nachteil, sonst wäre er jetzt nicht hier in Kapstadt: Beim VfB ist Leibold (20) die neue Hoffnung auf der linken Abwehrseite.

Bitte, er ist nicht das einzige Versprechen auf eine erfolgreiche Profizukunft. Mit Leibold sind Arianit Ferati (16), Timo Baumgartl (17) und Marvin Wanitzek (20) ans Kap gereist. Zum erlesenen Kreis zählt auch Robin Yalcin (19), der nur wegen einer Hüftverletzung nicht vor Ort und stattdessen mit dem VfB II trainiert. Ferati ist in Kapstadt der jüngste VfB-Spieler, Leibold ist am nächsten dran am Profikader.

Das ist aus zwei Gründen erstaunlich. Leibold ist kein Produkt der modernen Nachwuchszentren, er hat sich über den klassischen Weg durch die Vereine nach oben gespielt. Über die TSF Ditzingen und Freiberg. Doch die härteste Schule hat er gleich zu Beginn durchgemacht – nachdem seine Oma Gisela sein Interesse am Fußball geweckt hatte: „Mit drei, vier Jahren habe ich mit ihr durch die Waschküche gekickt. Sie sagt immer, sie sei mein Entdecker.“

In der VfB-Jugend war Leibold aussortiert worden, weil er zu klein und war. Das hat ihn gefuchst. Bis er die Enttäuschung weggesteckt hatte, dauerte es lange. In Ditzingen wurde er sogar in die C-II-Jugend zurückgestuft. „Da hatte ich den Glauben daran verloren, dass ich es schaffen könnte“, sagt er. Doch irgendwann kam die Wende. „Da hat es klick gemacht“, sagt Leibold, „ich habe mir gesagt: An meiner Körpergröße kann es nicht liegen.“ Recht hatte er.

In einem Vorbereitungsspiel traf er mit Freiberg auf den VfB II. Er blieb unter Beobachtung, im Sommer 2013 holte ihn der VfB zurück. Zunächst in die U 23, zuletzt schaffte er den Sprung in den Profikader. In den Bundesligaspielen gegen Hannover und in Wolfsburg saß er jeweils auf der Bank. Es war ein Anfang – mehr als er erwarten konnte. „Ich bin nicht unglücklich, wenn ich bei den Profis jetzt nicht zum Einsatz komme“, sagt Leibold, der nun bei einer Körpergröße von 1,74 m angekommen ist, „aber in naher Zukunft will ich in der Bundesliga spielen.“

Im Sommer macht Leibold, der in Friolzheim aufgewachsen ist und in Oßweil wohnt, an der Stuttgarter Akademie für Kommunikation sein Fachabitur. Dann hat er den Kopf frei für den Fußball, den auch sein älterer Bruder anstrebt: Steffen Leibold spielt beim SV Sandhausen II und studiert in Heidelberg Physiotherapie. Das Faible für den Fußball kommt nicht von ungefähr: Vater Volker war einst für die SpVgg Renningen, den FC Eislingen und 07 Ludwigsburg aktiv.

Der großen Durchbruch haben auch Arianit Ferati und die anderen VfB-Talente im Sinn, eine Garantie dafür gibt es freilich nicht. „Die Jungs müssen klar im Kopf bleiben und nicht denken, sie hätten schon etwas erreicht, nur weil sie einmal mit im Trainingslager waren“, warnt Sportdirektor Fredi Bobic. Ferati ist da auf den ersten Blick anfälliger als Leibold. Als er vor zwei Jahren über den TSV Großheppach, den SC Weinstadt und die Stuttgarter Kickers im U-16-Alter zum VfB kam, spielte er gleich in der U 17 und wurde auf Anhieb unter dem heutigen Cheftrainer Thomas Schneider deutscher Meister. Jetzt, im U-17-Alter, gehört er der U 19 an, wo er im zentralen offensiven Mittelfeld spielt: „Ich habe gern den Ball am Fuß. Ich bin nicht der Typ, der Tore schießt, sondern vorbereitet.“ Sein Weg führte bisher steil nach oben. Doch bevor Ferati zu übermütig wird, gibt es ja noch Haudegen wie Vedad Ibisevic. Der Stürmer, der sich gern der jungen Spieler annimmt, schlug nur die Hände über dem Kopf zusammen, als Ferati dieser Tage mit langer, schlabbriger Hose zum Training erschien. „Junge“, sagte Ibisevic, „zieh’ dir kürzere Hosen an, dann behindert dich nichts, dann kannst du deine Pässe sauberer spielen.“ Allein deshalb ist für Ferati die Teilnahme am Trainingslager in Kapstadt Gold wert – egal, ob es später mit der Profikarriere klappt oder nicht.