Versenkt: VfB-Stürmer Harnik (li.) trifft zum 1:1, Niedermeier feiert Foto: dpa

Ein Zähler beim Tabellensechsten FC Schalke 04 kann sich sehen lassen. Andererseits: Mit ein bisschen mehr Kaltschnäuzigkeit im Abschluss und mehr Präzision im Passspiel wäre für den VfB Stuttgart mehr als das Unentschieden (1:1) drin gewesen.

Gelsenkirchen - Es ist eher nicht anzunehmen, dass nach dem ersten Drittel dieser Saison irgendjemand seine Rente auf den VfB Stuttgart und seine Erfolgsserie verwettet hätte. Nach dem 1:1 (0:1) auf Schalke grüßt er von Rang elf der Tabelle, und wenn sich demnächst nicht die halbe Mannschaft mit der Schlafkrankheit ansteckt, dann dürfte der Verein für Bewegungsspiele 1893 nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben.

„Jetzt haben wir ein ordentliches Polster nach hinten, gucken aber noch nicht nach oben“, sagte Timo Werner nach einer Darbietung, die ebenso zwei Seiten hatte wie die aktuelle Situation. Einerseits fehlte der Mannschaft in Weiß und Rot zumindest während den ersten 45 Minuten von fast allem ein wenig, anderseits lieferte sie nach dem Seitenwechsel den Beleg wachsender Reife. „Zu hundert Prozent zufrieden sind wir mit dem Punkt nicht“, sagte Sportvorstand Robin Dutt nach dem Schlusspfiff, „aber das zeigt eben auch, dass unsere Ansprüche gestiegen sind.“ Dann teilte er die Tabelle in drei Zonen ein: das Traumland, das Mittelland und das Land nah der Hölle. „Und im Mittelland“, befand Dutt, „fühlen wir uns derzeit ganz wohl.“

Acht Mal in Folge ungeschlagen

Der VfB macht sich breit im Mittelfeld. Immerhin bleibt das Team auch im achten Bundesligaspiel in Folge ungeschlagen. Was gar nicht so sicher war, nachdem Schalke 04 nach 14 Minuten in Führung gegangen war. Einen Moment der Unachtsamkeit nützte Younes Belhanda zur Führung. Den Schuss von Alessandro Schöpf parierte VfB-Torhüter Przemysław Tyton noch prächtig, den Abpraller köpfte der Winterneuzugang der Schalker aber aus 14 Metern ins Tor – unter den Blicken interessierter Beobachter aus Cannstatt. „Das war etwas unglücklich“, befand Timo Werner. Was schon deshalb nicht falsch war, weil Minuten zuvor Ralf Fährmann einen strammen Schuss von Christian Gentner noch um den Pfosten gedreht hatte (6.). Dass es später trotzdem noch zum Ausgleich reichte, lag auch daran, dass die Schalker nach der Pause nicht mehr das machten, was ihnen zuvor ganz gut gelungen war – den Kombinationsfluss der Gäste durch eine dicht gestaffelte Abwehr und engagierte Zweikämpfe zu bremsen. Und weil es dem VfB noch dazu gelang, die Ungenauigkeiten im Passspiel weitgehend abzustellen, erhöhte er nach und nach den Druck aufs Schalker Tor.

Harniks Gruß an Ginczek

„Es sind in der ersten Halbzeit viele Kleinigkeiten zusammengekommen“, sagte Robin Dutt und monierte Konzentrationsschwächen. Trainer Jürgen Kramny sprach vom Gefühl, dass vielleicht doch noch ein bisschen mehr drin gewesen wäre. „In der ersten Halbzeit war es nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Danach haben wir aber gezeigt, was uns in den vergangenen Wochen ausgezeichnet hat“, urteilte der Coach, zog aber eine zufriedene Bilanz: „Es war ja klar, dass die Siegesserie mal reißt. Man muss auswärts auch mal ein Unentschieden mitnehmen können.“ Der Ausgleich durch den eingewechselten Martin Harnik nach einer Ecke von Alexandru Maxim und Kopfballverlängerung durch Christian Gentner war jedenfalls hoch verdient (74.). „Es war nicht das schwerste Tor“, gab Harnik zu, „aber es war wichtig für mich und für die Mannschaft.“ Und es ermöglichte dem jubelnden Österreicher einen Gruß an den verletzten Stürmerkollegen Daniel Ginczek. Mit drei gestreckten Fingern links und rechts symbolisierte er die Rückennummer des Patienten: 33. „Das haben wir einstudiert“, verriet Kramny. Weniger die Geste als die Bewegungsabläufe nach dem Eckball. Übung macht eben den Meister.