Kritischer Blick: VfB-Trainer Armin Veh warnt vor zu hohen Erwartungen Foto: Baumann/Montage: StN

VfB-Trainer Armin Veh verspricht, seine Aufgabe mit viel Herzblut anzugehen. Gleichzeitig warnt der 53-Jährige vor zu hohen Erwartungen. Wir haben einige Zitate von ihm gesammelt.

Stuttgart - Am Donnerstag kamen die VfB-Profis gehörig ins Schwitzen. Über zwei Stunden ließ Armin Veh beim Abschlusstraining vor dem Saisonstart bei Borussia Mönchengladbach (Sonntag, 17.30 Uhr/Sky) trainieren. Was in seinem strengen Blick mitschwang, als der 53-Jährige den Platz verließ: Das war offenbar auch nötig. Zu schwach war der Pflichtspielauftakt im Pokal beim VfL Bochum, als die Roten dem Zweitligisten fast 90 Minuten hinterherliefen und sang- und klanglos ausschieden. Vehs Analyse mit einigen Tagen Abstand erfolgt ohne Umschweife: „Wir waren im Spiel nach vorne nicht gut, und nach hinten erst recht nicht.“

Seinen Einstand an der alten Wirkungsstätte hat er sich anders vorgestellt. Gut, er wusste, dass er nicht bei Real Madrid gelandet ist. Aber ein bisschen mehr hat er sich vom aktuellen Kader dann doch versprochen. „Ich habe die Mannschaft von außen schon etwas besser eingeschätzt, bevor ich hier angefangen habe“, sagt er nach sieben Wochen Vorbereitung. „Mit Platz 10 oder 11 wäre ich am Ende schon sehr zufrieden.“

Veh, der Hoffnungsdämpfer.

Der FC Bayern und Borussia Dortmund sind weit enteilt, da hilft kein Fernglas mehr, sondern eher ein Weitwinkelteleskop. Auch mit Clubs wie Schalke 04, Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg können sich die Roten derzeit nicht messen, meint Veh. Er sieht seinen Verein in einem breiten Mittelfeldbecken schwimmen, in dem jeder jeden schlagen kann – und am Ende derjenige am besten abschneidet, der über den größten Teamgeist verfügt.

Darin sieht er seine Hauptaufgabe. Eine Mannschaft zu formen, in der nicht nur elf Fußballer auf dem Platz stehen, sondern eine Gemeinschaft, die zwischenmenschlich funktioniert. Dann greifen auch die fußballerischen Automatismen besser. Sein Credo lautet: „Mentalität schlägt Talent.“

Das klingt altmodisch, aber das ist Veh wurscht. Er kennt das Geschäft gut genug, als dass er auf aktuelle Strömungen allzu viel geben würde. „Ein paar Dinge sollten auch in der Neuzeit noch gelten“, sagt er und meint Dinge wie Respekt und Ehrlichkeit. Viele junge Spieler würden mit Begriffen wie Respekt inflationär um sich schmeißen, dabei wüssten sie nicht einmal, was das überhaupt bedeutet. In vielen Gesprächen, einzeln oder in der Gruppe, macht der Meistertrainer von 2007 ihnen klar, was er auf und neben dem Platz erwartet. Auch das ganz ohne Schnörkel. Teambildende Maßnahmen? Klettergarten? Veh winkt ab. „Ach was!“

Auch taktisch zählt der 53-Jährige nicht zu jenen, die das Fußballspiel täglich neu erfinden. „Es gibt nichts, was es noch nicht gab“, sagt er mit Blick auf die WM in Brasilien. Ein festes System, wie einst die Raute, will er nicht spielen lassen, stattdessen sich möglichst variabel am Gegner orientieren. Anders als sein Vorgänger Huub Stevens möchte er der Mannschaft aber wieder einen etwas offensiveren – und ansehnlicheren – Stil verpassen, auf dass die Zuschauer die Mercedes-Benz-Arena nicht länger mit einer Geisterbahn verwechseln. Kurzpässe, auch unter Druck von hinten sauber heraus spielen, Fußball mit Leidenschaft und Risiko. Die Leute begeistern – auch wenn am Ende mal keine Punkte rausspringen.

Wenn man den Trainer vor dem Bundesliga-Start so reden hört, kalkuliert er die null Punkte wohl öfter mal ein. Gerade bei dem schwierigen Startprogramm. „Wichtig ist, dass niemand die Nerven verliert und wir unseren Weg nicht verlassen“, bittet Veh das ambitionierte Stuttgarter Umfeld um Geduld. Der Mannschaft tue man keinen Gefallen, wenn man sie in Sphären hebe, in die sie nicht hingehöre.

Dass Geduld im Bundesliga-Alltag kein gewöhnlicher Begleiter ist, weiß Veh zwar; die Kritik schon nach dem ersten Spiel, auch an seiner Person , hat ihn dennoch geärgert. Sein Rat an die Kritiker: „Dann soll sich jeder seinen eigenen Trainer backen.“