Im vergangenen Jahr reiste der VfB mit Sven Ulreich nach Südafrika, wo es auch abseits des Platzes viel Programm gab Foto: Baumann

Die Liga möchte die Auslandsvermarktung ankurbeln, doch für die meisten Teams im Tabellenkeller ist der Klassenverbleib das naheliegendere Ziel. So auch für den VfB Stuttgart.

Stuttgart - Es ist ein Jahr her, da strebte der VfB noch nach Höherem. Das Wintertrainingslager in Südafrika stand an, und neben dem eigentlichen Ziel – einer guten Vorbereitung auf die Rückrunde – trieb den Fußball-Bundesligisten ein weiterer Grund an, die weite Reise ans Kap der guten Hoffnung auf sich zu nehmen. Er wollte vor Ort, mehr noch: auf dem gesamten afrikanischen Kontinent, für sich und für die deutsche Bundesliga die Werbetrommel rühren.

Das Ergebnis dieser Reise ans Ende der Welt ist bekannt: Der VfB verlor nach der Winterpause sieben Spiele in Folge. Bis heute konnte er der sportlichen Abwärtsspirale nicht entfliehen, weshalb es in der gegenwärtigen Winterpause nur noch um eines gehen soll: die Basis für eine gute Rückrunde zu legen, an deren Ende der Klassenverbleib steht. Die Auslandsvermarktung muss erst mal warten.

Ex-Trainer Armin Veh war es, der bereits im Herbst vorgab, in diesem Winter keine Experimente zu machen. Algarve statt Afrika lautete die Devise. Altbewährtes statt Abenteuer. Es ist klar, worum es auch der sportlichen Führung um den neuen Trainer Huub Stevens geht: um den Verbleib in der Liga und um nichts anderes. Nebenschauplätze wie Sponsorentermine oder der Besuch von Elendsvierteln lenken da nur ab.

Deshalb nun Lagos, Portugal. Am 16. Januar startet der VfB-Tross an die Algarve, wo bis 24. Januar unter anderem zwei Testspiele gegen noch unbekannte Gegner auf dem Programm stehen. Auch Robin Dutt wird mit von der Partie sein. Der neue Sportvorstand will sich ein erstes Bild von der Mannschaft machen. Er sagt zu den Vorzügen des nahe gelegenen Reiseziels: „Wir haben keine Reisestrapazen und können uns voll auf den Fußball konzentrieren. Vielleicht macht das am Ende ein halbes Prozent aus, was entscheidend sein kann, da die halbe Liga gegen den Abstieg kämpft.“

Auch wenn er noch kaum im Amt ist, sieht es Dutt ähnlich wie Stevens, der über den Kader des Tabellen-15. sagt: Er ist gut genug für die erste Liga. Deswegen will der 49-Jährige in den drei Wochen bis zum Rückrundenauftakt gegen Borussia Mönchengladbach am 31. Januar „auch nur jemanden dazu holen, wenn es absolut passt“.

Doch das ist in der Winter-Transferperiode selten der Fall. Der Markt ist überhitzt, ablösefreie Spieler sind so gut wie nicht auf dem Markt. Zu den Gerüchten um Timm Klose (VfL Wolfsburg) oder Felipe Santana (FC Schalke 04), die bei ihren Clubs aktuell keine Rolle spielen, lässt sich der Sportvorstand nur so viel entlocken: „Es hat einen Grund, warum kein Verein Stammspieler abgeben will.“ Nach Lagos jedenfalls wird sehr wahrscheinlich kein Neuer mitreisen – wohl auch nicht die ebenfalls gehandelten Jan-Arie van der Heijden (Abwehr/Vitesse Arnheim) oder Magnus Lekven (defensives Mittelfeld/Esbjerg fB) .

Abstiegsbedrohte Clubs gehen auf Nummer sicher

Geld von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) erhält der VfB für seinen Portugal-Trip keines. Die Liga bezuschusst nur sogenannte Quellmärkte, die aus Marketinggesichtspunkten interessant für die deutschen Elitekicker sind. Dazu zählen vor allem Länder in Asien oder eben Südafrika. Auch die USA gelten als lohnenswertes Ziel, um noch ein paar Euro mehr aus der Auslandsvermarktung zu erlösen. Bisher kassiert die DFL 70 Millionen Euro im Jahr dafür, dass Live-Spiele auch in Jakarta oder Johannesburg zu sehen sind. 2015 soll es ein Drittel mehr sein, wie ein DFL-Sprecher bestätigte. Genaue Zahlen werden im Bundesliga-Report am 22. Januar veröffentlicht.

Damit ist die Bundesliga trotz der Erfolge in der Champions League und des WM-Titels aber immer noch Lichtjahre von der englischen Premier League entfernt. Die Clubs von der Insel nahmen in der vergangenen Saison 560 Millionen Euro ein. Auch Spanien (150 Millionen) und Italien (117 Millionen) lagen noch vor der Bundesliga.

Das wurmt die Liga-Vereinigung gewaltig. Ihrer Meinung nach geht der Prozess der Internationalisierung zu langsam vonstatten. Tatsächlich nehmen nur wenige Clubs die Strapazen einer Fernreise in Kauf, um zwischen den Trainingseinheiten noch ein bisschen Show für die Gastgeber zu bieten. Die meisten Bundesligisten zieht es wie immer ins türkische Belek.

Was auffällt: All jene, denen im Ligakeller das Wasser bis zum Hals steht, greifen auf bewährte Domizile in Europa zurück, wie etwa der VfB, Borussia Dortmund, Werder Bremen oder der SC Freiburg. Die TSG Hoffenheim oder der VfL Wolfsburg, in der Liga aller Sorgen ledig, können es sich schon eher leisten, in der Ferne auf Werbetour zu gehen – sie reisen nach Südafrika.

250 000 Euro Zuschuss erhielt der VfB im vergangenen Jahr für sein Trainingslager in Kapstadt. Damit ließen sich gerade die Mehrkosten für die weite Reise decken. Der Aufenthalt an der Algarve kommt den Verein ähnlich teuer. Soll nur niemand behaupten, der VfB hätte kein Geld mehr für Südafrika gehabt.